Mittwoch d. 14ten Septb.
Mein lieber Neveu
Als ich am Sonntag nach der Vormittagspredigt zu Benike ging, jammerte sie sehr, daß sie vergebens nach der Post geschickt, setzte dann aber doch ihre Hoffnung auf die reitende Post – aber nun werden Sie sich leicht die Freude denken können, welche sie hatte, als ich ihr noch den nemlichen Vormittag ihren Brief geben konnte. Sie werden vermuthlich ehe Sie diesen Brief erhalten, unseren braven RegimentsChirurgen gesprochen haben, mit dem ich am Sontag auf dem Klub mich ein paar Stunden herrlich unterhalten habe, wir waren beyde ganz allein alles war in der Komödie – Von dem werden Sie auch wohl gehört haben, daß die gute Benike ihren Husten, weswegen Sie so bange waren, schon ganz verloren hat – nur muß man sie nicht daran erinnern. Bis jetzt sind wir noch fast alle Tage zusammen – gestern war sie mit Mama bey Mademoiselle Kersten zum Kaffee und Abendessen – und mich holte Vetter Benike nach 7 ab zum Klubb, wo wir zwey Spieltische fanden, aber nicht so zahlreiche Gesellschaft als am Sontage, da alles aus der Komödie hinströmte. Von Ihnen ward auch gestern gesprochen, Sie sind immer hier noch und werden auch imerfort bleiben in gutem Andenken, ich lerne nun die Klubmenschen imer näher kennen, der Auditeur gefällt mir sehr |
Herr Arend kam mit unserem Sohn Freytag erst Abends gegen 7 an, da wir ihn schon früher erwartet hatten – die Ursach war, weil in Cüstrin der Vorspann ausgeblieben, sie also – anstatt des Morgens um 7, wie er sich vorgenomen – erst Mittags nach 11 hatten abfahren können[.] Seine IntroductionsRede war ziemlich lang (das wörtliche memoriren macht dem guten Manne, wie er mir selbst gestand, sehr viel Mühe) er hatte dabey 1 Tim. 4,16 zu Grunde gelegt, redete die Zuhörer, wie mich dünkte, etwas zu barsch an, und sagte mir Schmeicheleyen vor, die mir äußerst unangenehm waren. Wir speisten mit dem Gesamten Presbyterium dem Inspektor Stenigke Henneberger Bülch dem Kämerer, Senator Geisler und Prediger Seliger, der die Gastpredigt in der Stadtkirche gehalten – bey Abernethy wo wir auch bis Abends gegen 10 blieben.
Vielleicht hat Vetter Benike Ihnen selbst von den hiesigen Cabalen Nachricht gegeben, da man die Geschwornen der Bürgerschaft aufgeredet hat, daß sie bey dem Magistrat sich Herrn Seliger ausbitten sollen, womit jedoch die übrige Bürgerschaft gar nicht zufrieden ist. Benikes Bruder ist indeß noch nicht zur Gastpredigt gekomen, weil er krank geworden.
Die arme Benike war recht in Schrecken, als ich neulich sagte, daß die 25 rth Miethe bey mir wären, indem sie an Sie deswegen geschrieben, ich sagte ihr aber, daß Sie gewiß ihr das nicht übel nehmen würden, indem ja vielmehr an mir die Schuld läge, daß ich nichts eher davon erwähnt.
Herr Arend hat denn auch die gemeinschaftliche ConcordienKirchenRechnung nachgesehen auch darüber Erinerungen gemacht, daß der Rendant bisher keinen Carton gestellt, und verlangt, daß außer 20 bis 30 rth zu den nöthigen currenten Ausgaben der übrige vorräthige Bestand, wenn nicht etwa solches gleich ausgethan, oder in die Bank geschafft werden könnte – in dem mit Eisen beschlagenen Kasten solle aufbewahret werden[.] Dies ward dann Montag Abend in Herrn BürgerMeister Werthers Gegenwart bey mir protocollirt, sowie auch Herr Abernethy schon am Sonabend Abend das Protocoll wegen meiner Introduction aufsetzte, und so wie ich am Sonntag von Arend in der Kirche introducirt ward, so hat mich am Dienstag Abend Vetter Benike auf dem Klub introducirt |
Donnerstag den 15ten Gestern gegen Abend habe ich mit Mama und Frau D. Schulze einen allerliebsten Spaziergang gemacht auf den Wall oder wie es hier heißt, um die halbe Stadt – und heute früh hatten wir einen Besuch von Kämerer Hünecke aus Drossen. Bis jetzt scheint die Freundschaft noch sehr warm zwischen Lachmann und Kriege[.] Ersterer hat für lezteren gleich die Mühlenpacht verlangt, die ich – von Rechts wegen für die Monate Juni Juli August mir habe geben laßen, welches er Anfangs sehr unrecht gefunden[.] Er hat wieder einen neuen Prozeß wegen des Pfarrwerders, indem er nun Entschädigung verlangt für den bisherigen Nießbrauch, den Magistrat und Commune von dem dortigen Holze gehabt.
Nun muß ich wohl schließen denn die liebe Benike hat mir schon gestern gesagt, daß ich ihr ja den Brief heute durch Emilien zuschicken möchte[.] Ich halte Sie bey ihrem Versprechen, daß Sie bald wieder schreiben wollen, bitte ihrem lieben Bruder, dem guten alten Herrn Vetter Reinhardt etc etc bestens zu empfehlen
Ihren aufrichtigergebenen
St.
Mama grüßet vielmals
Mein lieber Neveu
Als ich am Sonntag nach der Vormittagspredigt zu Benike ging, jammerte sie sehr, daß sie vergebens nach der Post geschickt, setzte dann aber doch ihre Hoffnung auf die reitende Post – aber nun werden Sie sich leicht die Freude denken können, welche sie hatte, als ich ihr noch den nemlichen Vormittag ihren Brief geben konnte. Sie werden vermuthlich ehe Sie diesen Brief erhalten, unseren braven RegimentsChirurgen gesprochen haben, mit dem ich am Sontag auf dem Klub mich ein paar Stunden herrlich unterhalten habe, wir waren beyde ganz allein alles war in der Komödie – Von dem werden Sie auch wohl gehört haben, daß die gute Benike ihren Husten, weswegen Sie so bange waren, schon ganz verloren hat – nur muß man sie nicht daran erinnern. Bis jetzt sind wir noch fast alle Tage zusammen – gestern war sie mit Mama bey Mademoiselle Kersten zum Kaffee und Abendessen – und mich holte Vetter Benike nach 7 ab zum Klubb, wo wir zwey Spieltische fanden, aber nicht so zahlreiche Gesellschaft als am Sontage, da alles aus der Komödie hinströmte. Von Ihnen ward auch gestern gesprochen, Sie sind immer hier noch und werden auch imerfort bleiben in gutem Andenken, ich lerne nun die Klubmenschen imer näher kennen, der Auditeur gefällt mir sehr |
Herr Arend kam mit unserem Sohn Freytag erst Abends gegen 7 an, da wir ihn schon früher erwartet hatten – die Ursach war, weil in Cüstrin der Vorspann ausgeblieben, sie also – anstatt des Morgens um 7, wie er sich vorgenomen – erst Mittags nach 11 hatten abfahren können[.] Seine IntroductionsRede war ziemlich lang (das wörtliche memoriren macht dem guten Manne, wie er mir selbst gestand, sehr viel Mühe) er hatte dabey 1 Tim. 4,16 zu Grunde gelegt, redete die Zuhörer, wie mich dünkte, etwas zu barsch an, und sagte mir Schmeicheleyen vor, die mir äußerst unangenehm waren. Wir speisten mit dem Gesamten Presbyterium dem Inspektor Stenigke Henneberger Bülch dem Kämerer, Senator Geisler und Prediger Seliger, der die Gastpredigt in der Stadtkirche gehalten – bey Abernethy wo wir auch bis Abends gegen 10 blieben.
Vielleicht hat Vetter Benike Ihnen selbst von den hiesigen Cabalen Nachricht gegeben, da man die Geschwornen der Bürgerschaft aufgeredet hat, daß sie bey dem Magistrat sich Herrn Seliger ausbitten sollen, womit jedoch die übrige Bürgerschaft gar nicht zufrieden ist. Benikes Bruder ist indeß noch nicht zur Gastpredigt gekomen, weil er krank geworden.
Die arme Benike war recht in Schrecken, als ich neulich sagte, daß die 25 rth Miethe bey mir wären, indem sie an Sie deswegen geschrieben, ich sagte ihr aber, daß Sie gewiß ihr das nicht übel nehmen würden, indem ja vielmehr an mir die Schuld läge, daß ich nichts eher davon erwähnt.
Herr Arend hat denn auch die gemeinschaftliche ConcordienKirchenRechnung nachgesehen auch darüber Erinerungen gemacht, daß der Rendant bisher keinen Carton gestellt, und verlangt, daß außer 20 bis 30 rth zu den nöthigen currenten Ausgaben der übrige vorräthige Bestand, wenn nicht etwa solches gleich ausgethan, oder in die Bank geschafft werden könnte – in dem mit Eisen beschlagenen Kasten solle aufbewahret werden[.] Dies ward dann Montag Abend in Herrn BürgerMeister Werthers Gegenwart bey mir protocollirt, sowie auch Herr Abernethy schon am Sonabend Abend das Protocoll wegen meiner Introduction aufsetzte, und so wie ich am Sonntag von Arend in der Kirche introducirt ward, so hat mich am Dienstag Abend Vetter Benike auf dem Klub introducirt |
Donnerstag den 15ten Gestern gegen Abend habe ich mit Mama und Frau D. Schulze einen allerliebsten Spaziergang gemacht auf den Wall oder wie es hier heißt, um die halbe Stadt – und heute früh hatten wir einen Besuch von Kämerer Hünecke aus Drossen. Bis jetzt scheint die Freundschaft noch sehr warm zwischen Lachmann und Kriege[.] Ersterer hat für lezteren gleich die Mühlenpacht verlangt, die ich – von Rechts wegen für die Monate Juni Juli August mir habe geben laßen, welches er Anfangs sehr unrecht gefunden[.] Er hat wieder einen neuen Prozeß wegen des Pfarrwerders, indem er nun Entschädigung verlangt für den bisherigen Nießbrauch, den Magistrat und Commune von dem dortigen Holze gehabt.
Nun muß ich wohl schließen denn die liebe Benike hat mir schon gestern gesagt, daß ich ihr ja den Brief heute durch Emilien zuschicken möchte[.] Ich halte Sie bey ihrem Versprechen, daß Sie bald wieder schreiben wollen, bitte ihrem lieben Bruder, dem guten alten Herrn Vetter Reinhardt etc etc bestens zu empfehlen
Ihren aufrichtigergebenen
St.
Mama grüßet vielmals