Landsb. a. d. W. d. 25ten Oct. 96.
Ich will nur lieber in Zeiten anfangen, lieber Neveu, damit nicht wieder unvorhergesehene Abhaltungen, wie lezthin dazwischen kommen. Seit heute vor 8 Tagen sind Herr Kieter nebst dem vormaligen Cantor und Herrn Priefer, die alle drey am Sonntag vor 8 Tagen ordinirt sind, von Cüstrin zurükgekommen; erstrer hat auch schon am verwichenen Sonntag in unserer Concordienkirche vormittags gepredigt, und wird hoffentlich künftigen Sontag über 8 Tage als den 24ten post Trinitatis von Herrn Stenigke introducirt werden
Wegen des guten alten Teichert muß ich mich wohl sehr unbequem ausgedrükt haben, weil Sie mich so sehr mißverstanden. Das ist dem ConsistorialRath Dittmer gewiß nicht eingefallen, ihm die ganze Dogmatik abzufragen, seine Verwundrung rührte nur daher, daß ein Mann der seit mehr als 40 Jahren von der Universität, und in seinem Schulamte und bey seiner anderweitigen bekannten Liebhaberey – allem Anscheine nach, sich wenig um die Dogmatik bekümmert haben mochte, jetzt doch so bekannt damit gewesen, als ob er eben die Universität verlaßen – und dies war es, was auch mich ebenfalls befremdete da ich dachte, er würde über die Insekten, sich wenig mit der Dogmatik abgegeben haben, und es dann ihm äußerst schwer gefallen seyn würde sich die ehemaligen Ideen wieder ins Gedächtniß zurükzurufen. Ich wünsche nur recht sehr, daß Sie nicht etwa bey einem von unsern Hofpredigern Herrn Sack oder Conrad die Sache so erzählt haben mögen, wie Sie sie – ob durch oder ohne meine Schuld weiß ich nicht – genommen haben, damit nicht auf Herrn Dittmer – den ich hier als einen rechtschaffen denkenden – und gar nicht steif orthodoxen – Mann kennen gelernt habe ein Ridicule – ganz wider meinen Willen – fallen möge. |
Der Tod meines guten Liptens war mir freilich nicht unerwartet. Heil dem, der so aufrichtig, und von so vielen vermißt wird; – bedauert, möcht’ ich nicht sagen – ich denke, nur die Zurükgebliebenen, die ihn vermißen – sind zu bedauern[.] Die Anzeige im Berliner Antheile der Haudeschen Zeitung – wer mag die aufgesezt haben? Letzt fand ich Elpizon oder über meine Fortdauer im Tode vom Verfasser von Hallo’s glüklicher Abend (Sintenis) Zerbst 1795 in der Allgemeinen Literatur Zeitung – doch nur angezeigt im Intelligenzblatt nicht recensirt – ist Ihnen diese Schrift näher bekannt? und glauben Sie daß sie etwa für Herrn Benicke seyn könnte – denn der hat schon verschiedentlich mich nach Schriften über diese Materie gefragt – wäre das so würde ich bitten, solche mir zu kaufen und die Auslage von meiner nächsten Besoldung abzuziehen
Das hatte ich Ihnen vorhersagen wollen, daß Sie an dem alten Küster einen sehr freundschaftlichen theilnehmenden Mann finden würden – wenn gleich manche sich ein Vergnügen daraus machen seine litterarischen Arbeiten zu bespötteln – Aber wie ist der Mann dazu gekomen, in jetziger doch schon unangenehmen Jahreszeit nach Berlin zu reisen
Nun werde ich für heute wohl abbrechen müßen, wenn ich nur noch erinnert – daß Sie Sich doch etwas schwärzere Dinte anschaffen möchten – denn die Allgemeine Literatur Zeitung – davon viele Stücke auch sehr blaß – und Ihre Briefe – greifen meine Augen erschreklich an. Die Benike hat eine andre Sorge, daß die Dinte – je länger je bläßer werden – und sie dann ihre Briefe nach einem halben Jahr gar nicht mehr würde lesen können
Dann wollte ich auch noch erinern, mir doch ja in ihrem nächsten zu schreiben, wo meine Schwägerin, die verwitwete Kirchenräthin Claessen jetzt sich aufhalte – ob in Brandenburg oder in Rathenow. Und nun Gute Nacht. |
den 30ten Abends Sehr gut war es wohl, daß ich diesen Brief etwas früh anfieng, da ich seitdem nicht wieder habe daran kommen können. Da nun die gute Benike schon nachgefragt, und morgen früh den Brief abholen laßen will, so muß ich nur noch das nothwendigste beantworten[.] Für die Nachrichten die Sie mir wegen Emilien und über den Grund und Ursprung ihrer Launen gegeben haben danke ich Ihnen recht sehr kann aber darüber heute nicht so ausführlich schreiben, als Sie es vielleicht erwarten
Zu der Reform, die Sie mit ihren Haaren vorgenomen haben, gratuliren wir alle und sind gewiß, daß es Ihnen nicht gereuen werde. Daß aber durch Endigung der Berlinischen MonatsSchrift Ihnen ein solcher Queerstrich gemacht worden, bedaure ich sehr, dächte aber doch, daß – um in Ihrem Bilde fortzufahren – es ein unbehagliches Nest seyn müßte, wo nur ein Wirthshaus anzutreffen – Sie also gewiß auch leicht Gelegenheit finden werden, Ihre Ausarbeitung in eine andre Zeitschrift einrücken zu laßen – ich hoffe daher auch sehr stark, daß Sie sich durch jenes kleine Hinderniß nicht sogleich werden haben abschrecken laßen
Herr Kieter hat nun vorläufig sein neues Amt angetreten, ist aber noch nicht introducirt ich habe denn nun also auch nicht weiter nöthig, fremde Geschäfte zu übernehmen wegen welcher Sie für meine Gesundheit so gütig besorgt waren, nur haben Sie doch wohl dem Feldprediger etwas zu viel gethan – ich bin zwar nicht mit seiner Garderobe bekannt, wenn er aber nur einen Mantel hätte und dieser in jenem Coffre war so dächte ich wäre dies – für den Feldprediger doch wohl einiger Grund zu sagen: er könne nun nicht predigen – zumal da er durch seinen Küster von meiner Bereitwilligkeit diesmal ihn zu vertreten versichert war. Das einzige was ich mir dabey nicht recht erklären konnte, war, daß sein Küster – erst Sonnabend zu mir kam mit dem Ersuchen, wenn Herr Gerlach etwa von der Reise zu sehr ermüdet – für ihn zu predigen, da der Brief doch wohl schon den Mittwoch angekomen seyn mußte Aber nun was ominiren Sie denn von seiner Heyrathsgeschichte? Sie sind ja doch näher an der Quelle
Vom Diaconat bey der Stadtkirche kann ich Ihnen nichts näheres schreiben. Daß Benikeʼs Bruder in Beeskow krank geworden, und dadurch verhindert ist, hier die Gastpredigt zu halten, wird Ihnen unser Herr Benike wohl geschrieben haben[.] Sonst habe ich mit Niemanden darüber gesprochen, komme auch – so lange die Schauspieler noch hier sind, gar nicht auf den Klubb – heute soll daselbst – wie es heißt, den Schauspielern ein Abschiedschmaus gegeben werden[.] Morgen gehen sie nach Frankfurt |
In meinem nächsten werde ich Ihnen wohl die Besoldungsquittungen zufertigen nur werde ich noch wohl erst einen Befehl vom KirchenDirectorium abwarten müßen, da ja verlauten will, daß nach unseres guten Liptens Tode Herr Kapp die Cassa Mons Pietatis abgegeben habe – an wen weiß ich nicht recht In Drossen soll Herr Kriege mit großem Beyfall predigen – er hat eine Aendrung mit dem Klingelbeutel gemacht, welche ich sehr billige – er läßt ihn während des Gesanges nach dem Morgengebet herumtragen, ob ich gleich es noch lieber sehen würde, wenn wir die Weise der Franzosen einführen könnten. Den Kirchhof hat er ganz umgraben – und auch die beyden Gräber, die ich noch hatte stehen laßen – sind weggeschafft, doch mit Bewilligung der Angehörigen
Die Streitigkeit zwischen D Reinhard in Goettingen und dem Prediger Jenisch dauert ja leider – wie ich aus der Allgemeinen Literatur Zeitung gesehen – noch fort[.] Fahren Sie doch ja fort, mir ferner ihre Urtheile über die Berliner Kanzelredner mitzutheilen
Ihren Auftrag an unseren guten Doniges habe heute bestellt – freilich wünscht der gute Mann seinen Sohn noch bey seinen Lebzeiten versorgt zu sehen, und hat jetzt besonders die Stelle in Soldin im Auge, da er gehört, daß der dortige Cantor anderwärts versetzt würde – ich habe ihm aber es deutlich zu machen gesucht, daß er es nun abwarten müße und all sein Treiben ihm nichts helfen könne. Sie werden aber dort wohl Gelegenheit haben, mündlich ihn in Erinnerung zu bringen
Und nun wirds wohl Zeit seyn, dem Geschreibe ein Ende zu machen. Mama grüßt vielmals – seit 3 Tagen hat sie leider die bösen Zahnschmerzen. Von David habe ich seit mehr als 14 Tagen keine Nachricht, wenn der arme Schelm nur nicht krank ist. DD die heute Mama besuchten, laßen vielmals grüßen und ich bin jederzeit
Ihr treuergebener St.
Ich will nur lieber in Zeiten anfangen, lieber Neveu, damit nicht wieder unvorhergesehene Abhaltungen, wie lezthin dazwischen kommen. Seit heute vor 8 Tagen sind Herr Kieter nebst dem vormaligen Cantor und Herrn Priefer, die alle drey am Sonntag vor 8 Tagen ordinirt sind, von Cüstrin zurükgekommen; erstrer hat auch schon am verwichenen Sonntag in unserer Concordienkirche vormittags gepredigt, und wird hoffentlich künftigen Sontag über 8 Tage als den 24ten post Trinitatis von Herrn Stenigke introducirt werden
Wegen des guten alten Teichert muß ich mich wohl sehr unbequem ausgedrükt haben, weil Sie mich so sehr mißverstanden. Das ist dem ConsistorialRath Dittmer gewiß nicht eingefallen, ihm die ganze Dogmatik abzufragen, seine Verwundrung rührte nur daher, daß ein Mann der seit mehr als 40 Jahren von der Universität, und in seinem Schulamte und bey seiner anderweitigen bekannten Liebhaberey – allem Anscheine nach, sich wenig um die Dogmatik bekümmert haben mochte, jetzt doch so bekannt damit gewesen, als ob er eben die Universität verlaßen – und dies war es, was auch mich ebenfalls befremdete da ich dachte, er würde über die Insekten, sich wenig mit der Dogmatik abgegeben haben, und es dann ihm äußerst schwer gefallen seyn würde sich die ehemaligen Ideen wieder ins Gedächtniß zurükzurufen. Ich wünsche nur recht sehr, daß Sie nicht etwa bey einem von unsern Hofpredigern Herrn Sack oder Conrad die Sache so erzählt haben mögen, wie Sie sie – ob durch oder ohne meine Schuld weiß ich nicht – genommen haben, damit nicht auf Herrn Dittmer – den ich hier als einen rechtschaffen denkenden – und gar nicht steif orthodoxen – Mann kennen gelernt habe ein Ridicule – ganz wider meinen Willen – fallen möge. |
Der Tod meines guten Liptens war mir freilich nicht unerwartet. Heil dem, der so aufrichtig, und von so vielen vermißt wird; – bedauert, möcht’ ich nicht sagen – ich denke, nur die Zurükgebliebenen, die ihn vermißen – sind zu bedauern[.] Die Anzeige im Berliner Antheile der Haudeschen Zeitung – wer mag die aufgesezt haben? Letzt fand ich Elpizon oder über meine Fortdauer im Tode vom Verfasser von Hallo’s glüklicher Abend (Sintenis) Zerbst 1795 in der Allgemeinen Literatur Zeitung – doch nur angezeigt im Intelligenzblatt nicht recensirt – ist Ihnen diese Schrift näher bekannt? und glauben Sie daß sie etwa für Herrn Benicke seyn könnte – denn der hat schon verschiedentlich mich nach Schriften über diese Materie gefragt – wäre das so würde ich bitten, solche mir zu kaufen und die Auslage von meiner nächsten Besoldung abzuziehen
Das hatte ich Ihnen vorhersagen wollen, daß Sie an dem alten Küster einen sehr freundschaftlichen theilnehmenden Mann finden würden – wenn gleich manche sich ein Vergnügen daraus machen seine litterarischen Arbeiten zu bespötteln – Aber wie ist der Mann dazu gekomen, in jetziger doch schon unangenehmen Jahreszeit nach Berlin zu reisen
Nun werde ich für heute wohl abbrechen müßen, wenn ich nur noch erinnert – daß Sie Sich doch etwas schwärzere Dinte anschaffen möchten – denn die Allgemeine Literatur Zeitung – davon viele Stücke auch sehr blaß – und Ihre Briefe – greifen meine Augen erschreklich an. Die Benike hat eine andre Sorge, daß die Dinte – je länger je bläßer werden – und sie dann ihre Briefe nach einem halben Jahr gar nicht mehr würde lesen können
Dann wollte ich auch noch erinern, mir doch ja in ihrem nächsten zu schreiben, wo meine Schwägerin, die verwitwete Kirchenräthin Claessen jetzt sich aufhalte – ob in Brandenburg oder in Rathenow. Und nun Gute Nacht. |
den 30ten Abends Sehr gut war es wohl, daß ich diesen Brief etwas früh anfieng, da ich seitdem nicht wieder habe daran kommen können. Da nun die gute Benike schon nachgefragt, und morgen früh den Brief abholen laßen will, so muß ich nur noch das nothwendigste beantworten[.] Für die Nachrichten die Sie mir wegen Emilien und über den Grund und Ursprung ihrer Launen gegeben haben danke ich Ihnen recht sehr kann aber darüber heute nicht so ausführlich schreiben, als Sie es vielleicht erwarten
Zu der Reform, die Sie mit ihren Haaren vorgenomen haben, gratuliren wir alle und sind gewiß, daß es Ihnen nicht gereuen werde. Daß aber durch Endigung der Berlinischen MonatsSchrift Ihnen ein solcher Queerstrich gemacht worden, bedaure ich sehr, dächte aber doch, daß – um in Ihrem Bilde fortzufahren – es ein unbehagliches Nest seyn müßte, wo nur ein Wirthshaus anzutreffen – Sie also gewiß auch leicht Gelegenheit finden werden, Ihre Ausarbeitung in eine andre Zeitschrift einrücken zu laßen – ich hoffe daher auch sehr stark, daß Sie sich durch jenes kleine Hinderniß nicht sogleich werden haben abschrecken laßen
Herr Kieter hat nun vorläufig sein neues Amt angetreten, ist aber noch nicht introducirt ich habe denn nun also auch nicht weiter nöthig, fremde Geschäfte zu übernehmen wegen welcher Sie für meine Gesundheit so gütig besorgt waren, nur haben Sie doch wohl dem Feldprediger etwas zu viel gethan – ich bin zwar nicht mit seiner Garderobe bekannt, wenn er aber nur einen Mantel hätte und dieser in jenem Coffre war so dächte ich wäre dies – für den Feldprediger doch wohl einiger Grund zu sagen: er könne nun nicht predigen – zumal da er durch seinen Küster von meiner Bereitwilligkeit diesmal ihn zu vertreten versichert war. Das einzige was ich mir dabey nicht recht erklären konnte, war, daß sein Küster – erst Sonnabend zu mir kam mit dem Ersuchen, wenn Herr Gerlach etwa von der Reise zu sehr ermüdet – für ihn zu predigen, da der Brief doch wohl schon den Mittwoch angekomen seyn mußte Aber nun was ominiren Sie denn von seiner Heyrathsgeschichte? Sie sind ja doch näher an der Quelle
Vom Diaconat bey der Stadtkirche kann ich Ihnen nichts näheres schreiben. Daß Benikeʼs Bruder in Beeskow krank geworden, und dadurch verhindert ist, hier die Gastpredigt zu halten, wird Ihnen unser Herr Benike wohl geschrieben haben[.] Sonst habe ich mit Niemanden darüber gesprochen, komme auch – so lange die Schauspieler noch hier sind, gar nicht auf den Klubb – heute soll daselbst – wie es heißt, den Schauspielern ein Abschiedschmaus gegeben werden[.] Morgen gehen sie nach Frankfurt |
In meinem nächsten werde ich Ihnen wohl die Besoldungsquittungen zufertigen nur werde ich noch wohl erst einen Befehl vom KirchenDirectorium abwarten müßen, da ja verlauten will, daß nach unseres guten Liptens Tode Herr Kapp die Cassa Mons Pietatis abgegeben habe – an wen weiß ich nicht recht In Drossen soll Herr Kriege mit großem Beyfall predigen – er hat eine Aendrung mit dem Klingelbeutel gemacht, welche ich sehr billige – er läßt ihn während des Gesanges nach dem Morgengebet herumtragen, ob ich gleich es noch lieber sehen würde, wenn wir die Weise der Franzosen einführen könnten. Den Kirchhof hat er ganz umgraben – und auch die beyden Gräber, die ich noch hatte stehen laßen – sind weggeschafft, doch mit Bewilligung der Angehörigen
Die Streitigkeit zwischen D Reinhard in Goettingen und dem Prediger Jenisch dauert ja leider – wie ich aus der Allgemeinen Literatur Zeitung gesehen – noch fort[.] Fahren Sie doch ja fort, mir ferner ihre Urtheile über die Berliner Kanzelredner mitzutheilen
Ihren Auftrag an unseren guten Doniges habe heute bestellt – freilich wünscht der gute Mann seinen Sohn noch bey seinen Lebzeiten versorgt zu sehen, und hat jetzt besonders die Stelle in Soldin im Auge, da er gehört, daß der dortige Cantor anderwärts versetzt würde – ich habe ihm aber es deutlich zu machen gesucht, daß er es nun abwarten müße und all sein Treiben ihm nichts helfen könne. Sie werden aber dort wohl Gelegenheit haben, mündlich ihn in Erinnerung zu bringen
Und nun wirds wohl Zeit seyn, dem Geschreibe ein Ende zu machen. Mama grüßt vielmals – seit 3 Tagen hat sie leider die bösen Zahnschmerzen. Von David habe ich seit mehr als 14 Tagen keine Nachricht, wenn der arme Schelm nur nicht krank ist. DD die heute Mama besuchten, laßen vielmals grüßen und ich bin jederzeit
Ihr treuergebener St.