Berlin d. 27 Novbr. 1799.
An die HErrn CharitePrediger Schleiermacher und Prahmer
Denen HErrn CharitePredigern Schleiermacher und Prahmer gereicht nach darüber gepflogener Correspondenz mit dem Churmärkischen Ober-Consistorio und reformirten Kirchen-Directorio, auf ihre Eingabe vom 2 September currentis, worinnen sie Vorschläge wegen Einrichtung des Gottesdienstes in der Charite gethan hierdurch zur Resolution daß
ad 1. eine Predigt sonntäglich in der Kirche nach Verlegung des Hospitals, hinlänglich, indeßen aber aus den ad 3 erwähnten Gründen es zweckmäßiger seyn wird, lieber die VormittagsPredigt eingehen zu laßen, und des Nachmittags in der Kirche Gottesdienst zu halten.
ad 2. daß bei Vergrößerung des Lazareths die Vermehrung der Bethstunden in den Krankensälen allerdings sehr nothwendig ist. In den Instructionen beider Prediger ist nun zwar festgesetzt worden, daß sie täglich eine Bethstunde auf den Lazarethen halten sollen; dies ist aber theils außer Observanz gekommen, theils steht es auch bei der jetzigen Lage der Sachen nicht zu erreichen, daß auf allen Lazarethen täglich eine Bethstunde gehalten würde. Es scheint uns demnach am zweckmäßigsten, daß alle Sonntage Vormittags, und dann auch Montag Vormittags auf einem Lazarethe, und wo es thunlich dergestalt eine Bethstunde gehalten werde, daß von den anstoßenden Krankenzimmern auch eins, oder zwey Theil an dem Vortrage nehmen.
ad 3. halten wir es unthunlich, die Taufen auf den Vormittag anzuordnen, weil die Taufzeugen, die aus der Stadt gebethen werden, und meistens Domestiquen sind, nicht leicht Vormittags abkommen können, folglich es ein sehr lästiger Zwang für die Mütter seyn würde, wenn sie zu einer Zeit sollten taufen laßen, wo sie keine, oder doch nicht alle Taufzeugen haben können, die sie wünschen. Eben deswegen sind wir auch bestimmt worden, die VormittagsPredigt in der Kirche in eine Bethstunde auf einem Krankensaale zu verwandeln, und die NachmittagsPredigt beizubehalten, der sodann auch die Aufwärter, welche besonders des Vormittags mit den Kranken, und mit der Reinigung der Zimmer beschäftigt sind, des Nachmittags aber ihre Geschäfte größ|tentheils verrichtet haben, eher beiwohnen können.
ad 4. Gereicht es dem HErrn Prediger Schleiermacher überhaupt zur Ehre, daß er eine Vermehrung seiner AmtsGeschäfte übernehmen will, um dadurch seinem Collegen Erleichterung zu verschaffen, und es werden deßen dereinstige Nachfolger im Dienste gleiche Geschäfte übertragen werden.
ad 5. a Scheint es uns etwas Unschickliches zu haben, daß ieden Abend ausdrücklich gefragt werden soll, ob Jemand das heilige Abendmahl verlange, und finden wir es dagegen beßer, wenn den Kranken überhaupt bekandt gemacht wird, daß ieder, der das heilige Abendmal verlange, sich Tags vorher melden, und durch den Aufwärter dieses sein Anliegen bestellen laßen müße. Auch können die HErrn Prediger bei Gelegenheit der Austheilung des heiligen Abendmahls auf den Lazarethen den Kranken zu erkennen geben, daß dieses Anmelden des Tags zuvor zur Erhaltung der Ordnung nicht nur, sondern auch dazu nöthig sey, damit der Communicant sein Gemüth gehörig sammlen, und sich zu einer würdigen Feier dieser wichtigen Handlung vorbereiten könne.
ad 5 b. Wird der HErr Prediger, an welchem die Woche ist, sich nicht entziehen können, auch dann, wenn ein Kranker seinen Zuspruch persönlich verlangt, denselben zu besuchen, und ihm auf Verlangen das heilige Abendmahl zu reichen, wenn er denselben dazu vorbereitet findet so wie, wenn ein Kranker den Zuspruch oder die Verrichtung einer kirchlichen Handlung von dem Prediger seiner Confession ausdrücklich verlangt, selbigem hierin zu willfahren ist. Dem Aberglauben, der häufig an den Genuß der Communion geknüpft wird, wie in der Eingabe erwähnt worden, müßen die HErrn Prediger durch gehörige Vorstellungen entgegen würken, da er ohnehin durch den bloßen Zwang nicht vertilgt werden kann. Dagegen wird es sehr gut seyn, daß die PrivatCommunionen immer zu einer Stunde gehalten werden, wo es auf dem Krankensaale ruhig ist, und iedesmahl ein zweckmäßiger Vortrag geschehe; wodurch auch die übrigen Anwesenden erbauet werden, und nur allein der Mangel der täglichen Bethstunden zu ersezzen ist. |
ad 5. c. Kann der Prediger, welcher die Woche hat, den Lutherischen Communicanten nach dem Lutherischen, und den Reformirten, nach dem Reformirten Ritus das heilige Abendmahl, wie es auch sonst schon geschehen, reichen, und scheint es uns einer gemeinschaftlichen Liturgie um so weniger zu bedürfen, da theils ausdrücklich die Unterscheidung der beiden Ritus beibehalten wird, theils vorgeschriebene Formulare nie ganz auf die individuelle Lage des Kranken paßen würden, dagegen aber der HErr Prediger seine Ermahnungen und Gebethe iedesmahl zweckmäßig einrichten kann.
ad 6. Ist der Vorschlag wohl unbedenklich, daß nach Abgang des ietzigen Lutherischen HErn Predigers dem Reformirten HErrn Prediger für seinen gleichen Antheil an den Geschäften auch einen gleichen Antheil an den Emolumenten für die Tauf und Todtenscheine zu bewilligen ist; so wie der Vorschlag
ad 7 wohl keinem Bedenken unterworfen ist.
ad 8) Sollen dieienigen Irren, die der Erbauung fähig sind und von denen keine Stöhrung zu befürchten ist, ieden Sontag in die Kirche geführt werden, und ein Aufwärter bei ihnen bleiben.
K. P. A. D.
Zöllner.
An die HErrn CharitePrediger Schleiermacher und Prahmer
Denen HErrn CharitePredigern Schleiermacher und Prahmer gereicht nach darüber gepflogener Correspondenz mit dem Churmärkischen Ober-Consistorio und reformirten Kirchen-Directorio, auf ihre Eingabe vom 2 September currentis, worinnen sie Vorschläge wegen Einrichtung des Gottesdienstes in der Charite gethan hierdurch zur Resolution daß
ad 1. eine Predigt sonntäglich in der Kirche nach Verlegung des Hospitals, hinlänglich, indeßen aber aus den ad 3 erwähnten Gründen es zweckmäßiger seyn wird, lieber die VormittagsPredigt eingehen zu laßen, und des Nachmittags in der Kirche Gottesdienst zu halten.
ad 2. daß bei Vergrößerung des Lazareths die Vermehrung der Bethstunden in den Krankensälen allerdings sehr nothwendig ist. In den Instructionen beider Prediger ist nun zwar festgesetzt worden, daß sie täglich eine Bethstunde auf den Lazarethen halten sollen; dies ist aber theils außer Observanz gekommen, theils steht es auch bei der jetzigen Lage der Sachen nicht zu erreichen, daß auf allen Lazarethen täglich eine Bethstunde gehalten würde. Es scheint uns demnach am zweckmäßigsten, daß alle Sonntage Vormittags, und dann auch Montag Vormittags auf einem Lazarethe, und wo es thunlich dergestalt eine Bethstunde gehalten werde, daß von den anstoßenden Krankenzimmern auch eins, oder zwey Theil an dem Vortrage nehmen.
ad 3. halten wir es unthunlich, die Taufen auf den Vormittag anzuordnen, weil die Taufzeugen, die aus der Stadt gebethen werden, und meistens Domestiquen sind, nicht leicht Vormittags abkommen können, folglich es ein sehr lästiger Zwang für die Mütter seyn würde, wenn sie zu einer Zeit sollten taufen laßen, wo sie keine, oder doch nicht alle Taufzeugen haben können, die sie wünschen. Eben deswegen sind wir auch bestimmt worden, die VormittagsPredigt in der Kirche in eine Bethstunde auf einem Krankensaale zu verwandeln, und die NachmittagsPredigt beizubehalten, der sodann auch die Aufwärter, welche besonders des Vormittags mit den Kranken, und mit der Reinigung der Zimmer beschäftigt sind, des Nachmittags aber ihre Geschäfte größ|tentheils verrichtet haben, eher beiwohnen können.
ad 4. Gereicht es dem HErrn Prediger Schleiermacher überhaupt zur Ehre, daß er eine Vermehrung seiner AmtsGeschäfte übernehmen will, um dadurch seinem Collegen Erleichterung zu verschaffen, und es werden deßen dereinstige Nachfolger im Dienste gleiche Geschäfte übertragen werden.
ad 5. a Scheint es uns etwas Unschickliches zu haben, daß ieden Abend ausdrücklich gefragt werden soll, ob Jemand das heilige Abendmahl verlange, und finden wir es dagegen beßer, wenn den Kranken überhaupt bekandt gemacht wird, daß ieder, der das heilige Abendmal verlange, sich Tags vorher melden, und durch den Aufwärter dieses sein Anliegen bestellen laßen müße. Auch können die HErrn Prediger bei Gelegenheit der Austheilung des heiligen Abendmahls auf den Lazarethen den Kranken zu erkennen geben, daß dieses Anmelden des Tags zuvor zur Erhaltung der Ordnung nicht nur, sondern auch dazu nöthig sey, damit der Communicant sein Gemüth gehörig sammlen, und sich zu einer würdigen Feier dieser wichtigen Handlung vorbereiten könne.
ad 5 b. Wird der HErr Prediger, an welchem die Woche ist, sich nicht entziehen können, auch dann, wenn ein Kranker seinen Zuspruch persönlich verlangt, denselben zu besuchen, und ihm auf Verlangen das heilige Abendmahl zu reichen, wenn er denselben dazu vorbereitet findet so wie, wenn ein Kranker den Zuspruch oder die Verrichtung einer kirchlichen Handlung von dem Prediger seiner Confession ausdrücklich verlangt, selbigem hierin zu willfahren ist. Dem Aberglauben, der häufig an den Genuß der Communion geknüpft wird, wie in der Eingabe erwähnt worden, müßen die HErrn Prediger durch gehörige Vorstellungen entgegen würken, da er ohnehin durch den bloßen Zwang nicht vertilgt werden kann. Dagegen wird es sehr gut seyn, daß die PrivatCommunionen immer zu einer Stunde gehalten werden, wo es auf dem Krankensaale ruhig ist, und iedesmahl ein zweckmäßiger Vortrag geschehe; wodurch auch die übrigen Anwesenden erbauet werden, und nur allein der Mangel der täglichen Bethstunden zu ersezzen ist. |
ad 5. c. Kann der Prediger, welcher die Woche hat, den Lutherischen Communicanten nach dem Lutherischen, und den Reformirten, nach dem Reformirten Ritus das heilige Abendmahl, wie es auch sonst schon geschehen, reichen, und scheint es uns einer gemeinschaftlichen Liturgie um so weniger zu bedürfen, da theils ausdrücklich die Unterscheidung der beiden Ritus beibehalten wird, theils vorgeschriebene Formulare nie ganz auf die individuelle Lage des Kranken paßen würden, dagegen aber der HErr Prediger seine Ermahnungen und Gebethe iedesmahl zweckmäßig einrichten kann.
ad 6. Ist der Vorschlag wohl unbedenklich, daß nach Abgang des ietzigen Lutherischen HErn Predigers dem Reformirten HErrn Prediger für seinen gleichen Antheil an den Geschäften auch einen gleichen Antheil an den Emolumenten für die Tauf und Todtenscheine zu bewilligen ist; so wie der Vorschlag
ad 7 wohl keinem Bedenken unterworfen ist.
ad 8) Sollen dieienigen Irren, die der Erbauung fähig sind und von denen keine Stöhrung zu befürchten ist, ieden Sontag in die Kirche geführt werden, und ein Aufwärter bei ihnen bleiben.
K. P. A. D.
Zöllner.