Berlin d 15t. Febr. 1800
Da bin ich, liebster Brinkmann, um Dir wie Du es wünschest gleich nach Empfang Deines Briefes einige Zeilen zu schreiben wo sie Dich treffen das mag Fränkel wissen! Ich weiß nur daß es etwas höchst infames ist um diese Conspiration der Könige gegen uns. Schlecht war es schon daß Du in Paris sein mußtest; aber daß Du so nach Stokholm gehn sollst ist wo möglich noch ärger. Wir hatten uns alle schon gefreut Dich wenigstens auf dem Rükwege zu sehn. Nun ist das auch nichts und Deine Hofnung daß es binnen Jahresfrist geschehen werde mag wol auch nur zu Deinen poetischen Consolationen gehören. Laß uns doch wenigstens recht bald von Norden aus wißen was man ohngefähr mit Dir vorhat, und mache Dich nicht zu beliebt bei Deinem Könige, damit er Dich nicht bei sich behält.
Ich danke Dir sehr für die Einladung zu Spalding weiß aber wirklich nicht recht wie dieser auf die Idee gekommen | ist als ob ich mich von ihm zurükzöge. Ich habe ihn viel zu lieb, als daß ich das jemals absichtlich thun sollte; zufällig aber kann es gar leicht kommen daß man sich ein halbes Jahr lang weniger sieht als sonst, zumal da er fast bis mitten in den Winter hinein in Friedrichsfelde gewohnt hat. Indeß mag vielleicht etwas böses Gewissen ihn zu dieser Vermuthung veranlaßt haben. Er hat sich öfters sehr hart und bitter über Schlegel, seine literarischen Unternehmungen, seinen Charakter und sein Leben geäußert, auch wol gelegentlich über mich manches gesagt was den meisten andern Menschen unangenehm sein müßte, und so kann er leicht glauben daß mir das Abneigung gegeben hat. Mir thut es sehr leid daß man, was man auch thun möge, selbst solchen Leuten wie Spalding keinen Glauben an wahre Unpartheilichkeit und Liberalität beibringen kann, die im Stande ist auch über das Nächste und Liebste jedes Urtheil zu fodern, und auch da wo sie liebt das anzuerkennen was entweder selbst tadelnswerth oder wenigstens zum allgemeinen Beifall nicht | angethan ist. Ich habe sonst von dieser uns beiden so höchst natürlichen Eigenschaft eine gute Dosis bei Spalding zu finden geglaubt, Heindorf – ich weiß nicht ob der zu Deiner Zeit schon eine Existenz hatte – spricht sie ihm ab, ich aber glaube noch immer daran; allein warum traut er sie andern nicht auch zu? er vermeidet auf eine fast ängstliche Weise mit mir jedes Gespräch was dahin führen könnte, und so verliert unser Umgang natürlich von dem Interesse welches er haben könnte und sonst gehabt hat.
Wird denn Deine Recension der Luzinde Manuscript bleiben? und wirst Du so geizig damit sein sie nicht einmal mir mitzutheilen? Ich will Dich hiemit aufs beste drum gebeten haben; ich möchte nicht nur die Berührungspunkte unseres Urtheils genauer wißen sondern mir würden auch die Differenzen sehr interessant sein
Daß Du von meinen Arbeiten nichts gesehen hast ist wol sehr natürlich; sie haben noch nicht einmal die kleine Tour in Deutschland gemacht und es würde mich gar nicht wundern wenn sie sie auch in Zukunft nicht machten. Ich wollte sie Dir mit meinem lezten Briefe schiken weil ich glaubte er würde mit einem Kurier abgehn | es fand sich aber dazu damals keine Gelegenheit und hernach kamen die Gerüchte von Deiner Abreise.
Hast Du denn mit Henriette Mendelsohn auch seit ihrem Aufenthalt in Wien correspondirt? ich höre hier fast gar nichts von ihr was mir sehr leid thut, so sehe ich auch die kleine Levi nicht. Der Veit geht es in Jena sehr wol und ihr neues Leben bekommt offenbar auch ihrem Geiste vortreflich.
Deine Krankheit hätte doch diesmal nur eine diplomatische sein dürfen und es war ganz gegen das Gesez der Sparsamkeit gehandelt, ein ordentliches Fieber zu haben. Ich wollte die vaterländische Luft bekäme Dir auch nicht sonderlich, damit Du Dich desto eher in die mittlere Region zwischen Stokholm und Paris verseztest.
Dein
Schleiermacher
Da bin ich, liebster Brinkmann, um Dir wie Du es wünschest gleich nach Empfang Deines Briefes einige Zeilen zu schreiben wo sie Dich treffen das mag Fränkel wissen! Ich weiß nur daß es etwas höchst infames ist um diese Conspiration der Könige gegen uns. Schlecht war es schon daß Du in Paris sein mußtest; aber daß Du so nach Stokholm gehn sollst ist wo möglich noch ärger. Wir hatten uns alle schon gefreut Dich wenigstens auf dem Rükwege zu sehn. Nun ist das auch nichts und Deine Hofnung daß es binnen Jahresfrist geschehen werde mag wol auch nur zu Deinen poetischen Consolationen gehören. Laß uns doch wenigstens recht bald von Norden aus wißen was man ohngefähr mit Dir vorhat, und mache Dich nicht zu beliebt bei Deinem Könige, damit er Dich nicht bei sich behält.
Ich danke Dir sehr für die Einladung zu Spalding weiß aber wirklich nicht recht wie dieser auf die Idee gekommen | ist als ob ich mich von ihm zurükzöge. Ich habe ihn viel zu lieb, als daß ich das jemals absichtlich thun sollte; zufällig aber kann es gar leicht kommen daß man sich ein halbes Jahr lang weniger sieht als sonst, zumal da er fast bis mitten in den Winter hinein in Friedrichsfelde gewohnt hat. Indeß mag vielleicht etwas böses Gewissen ihn zu dieser Vermuthung veranlaßt haben. Er hat sich öfters sehr hart und bitter über Schlegel, seine literarischen Unternehmungen, seinen Charakter und sein Leben geäußert, auch wol gelegentlich über mich manches gesagt was den meisten andern Menschen unangenehm sein müßte, und so kann er leicht glauben daß mir das Abneigung gegeben hat. Mir thut es sehr leid daß man, was man auch thun möge, selbst solchen Leuten wie Spalding keinen Glauben an wahre Unpartheilichkeit und Liberalität beibringen kann, die im Stande ist auch über das Nächste und Liebste jedes Urtheil zu fodern, und auch da wo sie liebt das anzuerkennen was entweder selbst tadelnswerth oder wenigstens zum allgemeinen Beifall nicht | angethan ist. Ich habe sonst von dieser uns beiden so höchst natürlichen Eigenschaft eine gute Dosis bei Spalding zu finden geglaubt, Heindorf – ich weiß nicht ob der zu Deiner Zeit schon eine Existenz hatte – spricht sie ihm ab, ich aber glaube noch immer daran; allein warum traut er sie andern nicht auch zu? er vermeidet auf eine fast ängstliche Weise mit mir jedes Gespräch was dahin führen könnte, und so verliert unser Umgang natürlich von dem Interesse welches er haben könnte und sonst gehabt hat.
Wird denn Deine Recension der Luzinde Manuscript bleiben? und wirst Du so geizig damit sein sie nicht einmal mir mitzutheilen? Ich will Dich hiemit aufs beste drum gebeten haben; ich möchte nicht nur die Berührungspunkte unseres Urtheils genauer wißen sondern mir würden auch die Differenzen sehr interessant sein
Daß Du von meinen Arbeiten nichts gesehen hast ist wol sehr natürlich; sie haben noch nicht einmal die kleine Tour in Deutschland gemacht und es würde mich gar nicht wundern wenn sie sie auch in Zukunft nicht machten. Ich wollte sie Dir mit meinem lezten Briefe schiken weil ich glaubte er würde mit einem Kurier abgehn | es fand sich aber dazu damals keine Gelegenheit und hernach kamen die Gerüchte von Deiner Abreise.
Hast Du denn mit Henriette Mendelsohn auch seit ihrem Aufenthalt in Wien correspondirt? ich höre hier fast gar nichts von ihr was mir sehr leid thut, so sehe ich auch die kleine Levi nicht. Der Veit geht es in Jena sehr wol und ihr neues Leben bekommt offenbar auch ihrem Geiste vortreflich.
Deine Krankheit hätte doch diesmal nur eine diplomatische sein dürfen und es war ganz gegen das Gesez der Sparsamkeit gehandelt, ein ordentliches Fieber zu haben. Ich wollte die vaterländische Luft bekäme Dir auch nicht sonderlich, damit Du Dich desto eher in die mittlere Region zwischen Stokholm und Paris verseztest.
Dein
Schleiermacher