Es ist ja wohl ziemlich lange her, daß wir uns nicht geschrieben haben, lieber Neveu, wenn ich nicht noch von Zeit zu Zeit durch die liebe Benike etwas von Ihnen erführe, so wüßte ich kaum ob sie noch in Berlin sind – Nach Mursinna habe ich mich verschiedentlich schon erkundigt, auch bey Ihnen schon, wo ich nicht irre, aber immer noch vergebens; in Halle ist er nicht mehr und in Berlin muß er auch nicht auszukundschaften seyn doch dies ως εν παροδω[.] Von Ihnen sagt mir die Benike daß Sie sehr viel zu thun haben, gewiß literarische Beschäftigungen ja einst sagte sie mir, daß Sie über die englischen Kolonieen schrieben wenn ich sie recht verstanden habe[.] Indeß werden Sie doch auch wohl nicht gar zu fleißig seyn, daß ihre Gesundheit nicht darunter leide. Sehr viel werden Sie wohl eben nicht haben spazieren gehen können, wenn dort die Witterung eben so wie hier veränderlich und zum Theil unfreundlich ist. Wir sind daher auch nur ein einziges Mal in Ludwigs Berg gewesen und ein paarmal in Beniken´s Garten; denn kaum können wir unser Gärtchen besuchen. Nur vorigen Sontag machte ich, weil es gerade gut Wetter war, Abends mit Mama einen Spaziergang nach dem Stolzenberger [Damm] von wo wir uns an der herrlichen Aussicht über die Stadt hinweg ergötzten |
den 8ten August Daß Mademoiselle Kersten vor einigen Wochen gleich nach dem hiesigen Markt ihre Reise nach Schlesien angetreten, hat Ihnen die Benike vermuthlich gleich damals geschrieben. Wir waren ihretwegen alle gar sehr besorgt, denn es war eine rauhe und regnichte Witterung und sie fuhr auf einem unbedeckten Wagen – doch ist ihr die Reise sehr gut gelungen, und sie hat kürzlich geschrieben, daß sie auch nach Gnadenfrey [reisen] würde. Da werde ich denn auch wieder von ihrer lieben Schwester einmal wieder Nachricht erhalten
Ihr lieber Bruder Karl ist jetzt wohl auch schon wieder in Schlesien. Es hat mir recht leid gethan, daß er von Stettin nicht hieher kommen konnte – Sie haben ihn doch wohl gewiß bey seiner Durchreise gesprochen zwar hatten Sie auch im Frühjahr kleine Reisen – nach Madlitz wo ich nicht irre, gemacht – Allein wie – und wann Sie uns hier mit ihrem Besuch erfreuen werden, darüber ist ja noch imer ein dichter Vorhang – ein tiefes Schweigen – ich hoffe denn doch, daß Sie in ihrem nächsten Schreiben – oder wollen Sie noch besser – statt schriftlicher Antwort uns unvermuthet überraschen? Gewiß werden Sie uns allezeit sehr willkomen seyn
Gute Nacht für heute
den 9ten Daß sich unsere BesoldungsQuittungen hier mit einstellen, werden Sie wohl schon im voraus vermuthet haben, da Sie wissen daß ich solche gewöhnlich etwas früh einzuschicken pflege, damit Sie um desto leichter, nach ihrer Bequemlichkeit das Geld abholen laßen können. Zugleich erfolgen von Mademoiselle Kersten zwey Quittungen, die ich nun gehörig unterschrieben, da aber die letztere ist auf Michaeli datirt, und das Geld also vorher nicht erhoben werden kann, will ich sie lieber bis dahin noch zurückbehalten, es erfolgt also jetzt nur die vom April. |
Daß der Inspector Lachmann in Drossen am 6ten vorigen Monats gestorben ist, wissen Sie aus den Zeitungen; aber wer seine Stellen erhalten hat, mögen Sie vielleicht auch schon wissen; wir aber noch nicht, hier sagte man, daß der Prediger Bennewitz in Lagow gleich eine Stafette abgeschickt habe, ich hoffe indeß daß er wohl nicht reussiren werde; unser Feldprediger hat sich nicht dazu gemeldet. Vielleicht wird der bisherige Caplan Schramm, da er doch einer der ältesten Prediger in der Inspection ist, die Inspectorstelle erhalten. Der dortige Frühprediger und Rektor Bachmann soll sich um eine Beförderung an den König, als er bey der Rückreise von der Stargardschen Revue über Drossen gegangen und dort übernachtet, gewandt haben, wie denn der König dort eine Menge Bittschriften erhalten hat
Nun leben Sie recht wohl Mama grüßet herzlich und läßt erinnern daß Sie doch ja in diesem Jahre, dem letzten des 18ten Jahrhunderts gewiß zu uns kommen möchten. Unser Sohn ist den letzten Nachrichten zufolge ja noch recht gesund, er arbeitet fleißig, und wird sich gewiß recht freuen, wenn Sie bey ihrer Herreise ihn dort besuchten
Noch eins, die noch restirenden 15 oder 21 gr für die letzt verloren gehaltene Leinwand werden Sie nun von unserer Besoldung zurückbehalten. Ich bin wie immer
Ihr treu ergebener Oheim
Stubenrauch
Landsb. a. d. W. d. 9ten Aug. 1800
An welcher Kirche steht doch dort der Prediger Jenisch Verfasser des Cultur-Charakters des 18ten Jahrhunderts – ists nicht an der MarienKirche?
den 8ten August Daß Mademoiselle Kersten vor einigen Wochen gleich nach dem hiesigen Markt ihre Reise nach Schlesien angetreten, hat Ihnen die Benike vermuthlich gleich damals geschrieben. Wir waren ihretwegen alle gar sehr besorgt, denn es war eine rauhe und regnichte Witterung und sie fuhr auf einem unbedeckten Wagen – doch ist ihr die Reise sehr gut gelungen, und sie hat kürzlich geschrieben, daß sie auch nach Gnadenfrey [reisen] würde. Da werde ich denn auch wieder von ihrer lieben Schwester einmal wieder Nachricht erhalten
Ihr lieber Bruder Karl ist jetzt wohl auch schon wieder in Schlesien. Es hat mir recht leid gethan, daß er von Stettin nicht hieher kommen konnte – Sie haben ihn doch wohl gewiß bey seiner Durchreise gesprochen zwar hatten Sie auch im Frühjahr kleine Reisen – nach Madlitz wo ich nicht irre, gemacht – Allein wie – und wann Sie uns hier mit ihrem Besuch erfreuen werden, darüber ist ja noch imer ein dichter Vorhang – ein tiefes Schweigen – ich hoffe denn doch, daß Sie in ihrem nächsten Schreiben – oder wollen Sie noch besser – statt schriftlicher Antwort uns unvermuthet überraschen? Gewiß werden Sie uns allezeit sehr willkomen seyn
Gute Nacht für heute
den 9ten Daß sich unsere BesoldungsQuittungen hier mit einstellen, werden Sie wohl schon im voraus vermuthet haben, da Sie wissen daß ich solche gewöhnlich etwas früh einzuschicken pflege, damit Sie um desto leichter, nach ihrer Bequemlichkeit das Geld abholen laßen können. Zugleich erfolgen von Mademoiselle Kersten zwey Quittungen, die ich nun gehörig unterschrieben, da aber die letztere ist auf Michaeli datirt, und das Geld also vorher nicht erhoben werden kann, will ich sie lieber bis dahin noch zurückbehalten, es erfolgt also jetzt nur die vom April. |
Daß der Inspector Lachmann in Drossen am 6ten vorigen Monats gestorben ist, wissen Sie aus den Zeitungen; aber wer seine Stellen erhalten hat, mögen Sie vielleicht auch schon wissen; wir aber noch nicht, hier sagte man, daß der Prediger Bennewitz in Lagow gleich eine Stafette abgeschickt habe, ich hoffe indeß daß er wohl nicht reussiren werde; unser Feldprediger hat sich nicht dazu gemeldet. Vielleicht wird der bisherige Caplan Schramm, da er doch einer der ältesten Prediger in der Inspection ist, die Inspectorstelle erhalten. Der dortige Frühprediger und Rektor Bachmann soll sich um eine Beförderung an den König, als er bey der Rückreise von der Stargardschen Revue über Drossen gegangen und dort übernachtet, gewandt haben, wie denn der König dort eine Menge Bittschriften erhalten hat
Nun leben Sie recht wohl Mama grüßet herzlich und läßt erinnern daß Sie doch ja in diesem Jahre, dem letzten des 18ten Jahrhunderts gewiß zu uns kommen möchten. Unser Sohn ist den letzten Nachrichten zufolge ja noch recht gesund, er arbeitet fleißig, und wird sich gewiß recht freuen, wenn Sie bey ihrer Herreise ihn dort besuchten
Noch eins, die noch restirenden 15 oder 21 gr für die letzt verloren gehaltene Leinwand werden Sie nun von unserer Besoldung zurückbehalten. Ich bin wie immer
Ihr treu ergebener Oheim
Stubenrauch
Landsb. a. d. W. d. 9ten Aug. 1800
An welcher Kirche steht doch dort der Prediger Jenisch Verfasser des Cultur-Charakters des 18ten Jahrhunderts – ists nicht an der MarienKirche?