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Friedrich Schleiermacher to Armendirektorium

Einem Hochlöblichen Königlichen ArmenDirectorio sage ich hiemit den schuldigen gehorsamsten Dank für die Verfügungen welche Dasselbe geneigtest getroffen hat um den über die Wohnung geführten Beschwerden abzuhelfen, und weiß diesen Beweis von Desselben Gerechtigkeitsliebe und gegen uns tragenden Wolwollen gebührend zu schäzen. Nur kann ich nicht umhin mein Leidwesen darüber zu bezeigen, daß Ein Hochlöbliches ArmenDirektorium den Punkt wegen des Einganges, der mir so wichtig ist als die übrigen, noch nicht aus demselben Gesichtspunkt anzusehen scheint. Es ist in der That mehr als die äußerliche Zierlichkeit, auf welche wir allerdings keinen solchen Anspruch zu machen haben, was durch die Gefahr den Kopf zu zerstoßen, durch das Einathmen des Wäschgeruchs und durch das immerwährende Begegnen der Wäscherinnen von denen ja bekannt ist was für Personen es größtentheils sind, beleidigt wird, und wenn Ein Hochlöbliches ArmenDirektorium uns vorschlägt anstatt deßen den Weg durch das Hauptthor des alten Flügels zu nehmen; so möchte es um den besten Vorzug unserer Wohnung, die Absonderung von den Kranken sehr mißlich aussehn. Ich lebe daher der gewißen Hofnung daß dieselben Gründe welche Ein Hochlöbliches ArmenDirektorium zu den gegenwärtig im Werk seienden Verbeßerungen geneigt gemacht haben Dasselbe auch bewegen werden die Sache dahin einzuleiten, daß, falls es jezt ja nicht mehr geschehen könnte, wenigstens im Frühjahr bei den, wie ich ersehe, dem alten Flügel bevorstehenden Veränderungen, nicht etwa nur die Kellerthüre werde erhöht werden, womit uns wenig gedient sein könnte, | sondern der Eingang auf eine solche Art werde abgeändert werden daß wir überall nicht nöthig haben in den Keller hinabzusteigen; eine Veränderung welche wenn sie auf die von mir mündlich vorgeschlagene Art, der auch damals des Herrn Präsidenten von Scheve Hochwolgebohren und des Herrn Kriegsrath Weizel Wolgebohren beifielen, bewirkt wird, bei weitem nicht so kostspielig sein kann als die neuen Dielen, zu denen Ein Hochlöbliches ArmenDirektorium uns zu unserer großen Freude so gütig verholfen hat.
Zur Steuer der Wahrheit und zu meiner höchstnöthigen Rechtfertigung kann ich überdies nicht unbemerkt laßen, daß was in dem lezten Antwortschreiben Eines Hochlöblichen ArmenDirectorii von den ehemaligen Predigerwohnungen gesagt wird auf den Zustand, in welchem ich sie gefunden habe, nicht anwendbar ist. Ich weiß von keinem Eingange durch die Hospitaliten; es waren zwar in dem untern Stokwerke desselben Flügels Hospitalstuben, allein unser Weg führte uns nicht einmal an denselben vorbei; auch hatten wir allerdings Zwei Küchen, von denen die eine zwar nur klein, die andere aber zu jedem Gebrauch groß und bequem genug war. Eben so kann ich es für keinen Gewinn an Bequemlichkeit rechnen daß die gemeinschaftlichen Aufwärter jezt in zwei verschiedenen Etagen wohnen und daß das Schlafgemach vor dem Wohnzimmer gelegen ist. Ich sage dies keinesweges aus Unzufriedenheit sondern nur um den Vorwurf abzulehnen der allerdings auf mich fallen würde, wenn ich wesentliche Vorzüge der neuen Wohnung vor der alten nicht mit dem gebührenden Dank erkannt hätte, und im Ton eines Beschwerdeführenden etwas verlangt hätte, was in der alten Wohnung nicht beßer war.
Der mir angedeutete Termin soll durch meine Schuld nicht verzögert werden, und werde ich sogleich einziehen als mir Nachricht gegeben wird, daß das Dielenlegen in meiner Wohnung beendigt ist. |
Schließlich muß ich bemerken daß ich nicht verstehe was mit den Worten gesagt sein soll „es sei zu hoffen daß ich mich doch endlich des vorzüglich für einen Prediger sich schikenden friedfertigen Betragens befleißigen, und dahin mit sorgen werde, damit Ruhe und Einigkeit in der Charité herrsche.“ Die Einigkeit anlangend, so wird sie unstreitig am besten befördert werden, wenn in dieser Anstalt ein Jeder seine Schuldigkeit thut, und man nirgends gegen den gesunden Menschenverstand verstößt, zwei Regeln, denen wie mein Gewissen mir bezeigt ich selbst immer gefolgt bin, und auf die ich auch in meinen Vorträgen, wenn sie nur beßer besucht würden, häufig genug hinweise. Was aber das friedfertige Betragen betrift, so möchte wol kein Beispiel vorhanden sein, daß ich einen Streit angefangen hätte wenn nicht das Recht vollkommen auf meiner Seite war, noch weniger daß ich mit Jemand in Unfrieden gelebt und Jemand angefeindet hätte, und muß ich daher gehorsamst bitten dem Expedienten den Gebrauch solcher Ausdrücke zu untersagen, welche ungegründete Beschuldigungen meines Charakters involviren und mit den mir öfters zu Theil gewordenen Zeugnißen von der Zufriedenheit Eines Hochlöblichen ArmenDirektorii in geradem Widerspruche stehn.
Mit der vollkommensten Ehrfurcht habe ich die Ehre zu sein
Eines Hochblöblichen ArmenDirectorii
ganz gehorsamster
der Prediger Schleiermacher
Berlin d 29t. Septemb. 1800.
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 29. September 1800
  • Sender: Friedrich Schleiermacher ·
  • Recipient: Armendirektorium
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Abt. 5, Bd. 4. Briefwechsel 1800 (Briefe 850‒1004). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1994, S. 275‒277.

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