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Johann Gottlieb Fichte to Frau Dewitz

Noch einmal ergreife ich die Feder; weil ich gern bleibende Zeugniße meiner Entschließungen haben möchte.
Die Fr. Gr. hat sowohl durch Sie, als durch Herrn Kori den Vorschlag mir einen Plaz zu verschaffen erneuert. Weder gegen Sie, noch gegen den leztren habe ich mich über die Erneuerung dieses Vorschlags bestimmt erklärt, weil ich nichts gern ohne vorherige Ueberlegung sage.
Ich will jezt nicht wiederholen, was ich Ihnen darüber schon geschrieben habe, noch neue Betrachtungen hinzusezen, die sich von selbst aufdringen. (Es scheint man hält mich für ein Stük Stoff, od. etwas dergl., das man aus einem Kramladen hat kommen laßen. Mann findet que c’est de la mode passée, u. will es jezt à une petite bourgeoise verhandeln, für die es sich allenfals wohl noch schikt dergl. Stof zu tragen; freilich ohne den Stof um seine Einwilligung zu befragen. Das unter uns!) Dennoch will ich nachgeben so viel ich kann, ohne mich für den Rest meiner Tage unglükl. zu machen.
Ich bin 28. J. alt. Ich habe mehrere Erziehungen angefangen, u. keine vollendet, weil es nicht der Plan der Häuser war, in welche ich kam, die Erziehung Ihrer Kinder über einen gewißen Punct hinaus durch PrivatErzieher besorgen zu laßen. Ich bin in dem Alter, daß ich schon ein PredigtAmt bekommen haben könnte, u. habe die Kenntniße, daß ich wenn diese LebensArt mir nicht genug gefallen sollte auch ohne daßelbe mich meiner Subsistenz versichern könnte. Schon seit einem Jahre ist es nicht mehr mein Plan gewesen eine HofmeisterStelle anzunehmen.
Wenn ich die Anträge der Fr. Gräfinn annahm, so geschah es blos deshalb, weil sie einen einzigen Sohn hat, weil dieser Sohn bereits 12. J. alt ist, weil ich hoffen konnte in 4. bis 5. Jahr ihn auf auswärtigen Academien u. Reisen zu begleiten, u. in 10. Jahren die ganze Erziehung vollendet zu haben, u. weil ich mir von dem Vermögen u. der GrosMuth dieses Hauses eine, der verlohrnen Hofnung in das PredigtAmt zu gelangen, u der verlohrnen Zeit in den Wißenschaften einen gewißen Grad der Vollkommenheit zu erreichen, angemeßene Entschädigung zu erhalten [versprach]. Auf diese Bedingungen allein habe ich, u auf diese allein werde ich eine Stelle annehmen. Im andern Falle. pp.
Die Fr. Gräfinn hat ferner meine Forderungen übertrieben gefunden. Nach den <betref.> Gesezen, u. nach der neuen Polnischen Constitution (welche pp) hätte ich ein Recht gehabt die ganze Pension zu fordern, denn wir haben auf ein ganz Jahr accordirt. Ich habe nur um die halbe gebeten. – Auf die Untersuchung, ob die Reise von Leipzig [/] bis Warschau wirklich 30# koste, habe ich mich nicht einzulaßen. Wenn ein Gelehrter zu einer solchen Stelle verschrieben wird, so hat er ein unbezweifeltes Recht sich seine Reise ExtraPostmäßig bezahlen zu laßen. 93. Meilen von Leipzig über Dreßden nach Warschau macht, den Ducaten zu 41/4.fl. gerechnet, 93. deutsche R.fl. Da bleiben noch 42. gr Trinkgeld für den Postillion u. Zehrung übrig, was wenig ist. Habe ich mir die Unbequemlichkeiten einer Reise mit Fuhrleuten gefallen laßen, so sind die Ersparniße dieser Art zu reisen eine billige Entschädigung für mich. Ueberdies konnte ich ja die Frage, wie ich gereis’t sei, beantworten, wie ich wollte, u. es war blos Folge meiner Wahrheitsliebe, u. Offenherzigkeit, wenn ich sie der Wahrheit gemäs beantwortete.
Dennoch will ich auch in diesen Forderungen billig sein. – etc. etc.
Vor JohannisTage Entscheidung.! – –
Metadata Concerning Header
  • Date: Samstag, 18. Juni 1791
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Frau Dewitz
  • Place of Dispatch: Warschau · ·
  • Place of Destination: Warschau · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 1: Briefe 1775‒1793. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1968, S. 238‒239.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 44
Language
  • German

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