Liebe Schwester,
Wie geht es dir? Was machst du? Ich bin ganz wohl, und wenn diese Nachricht etwas zu deinem Wohl beitragen kann, so glaube es nur ganz zuverlässig. Ich denke bei meinen Spatziergängen recht oft an dich und dann fällt es mir immer erst recht lebhaft ein, wie sehr du mich geliebt hast, so daß ich jezt wirklich gar nicht einsehe, wie ich dir diese Liebe einst vergelten könnte, ja auch, einmahl wie ich dir dafür danken soll. Wenn du zu meinem Glück recht [v]iel beitragen willst, so bleibe stets recht gesund, sei vergnügt und heiter, und dies wird auch mich vergnügt und heiter machen. – A propos, was macht denn der gnädige Christian? Grüße ihn doch recht herzlich von mir, auch meine Eltern, wie sich denn das jedesmahl von selbst versteht, wenn ich es auch irgend einmahl vergessen sollte in einem Briefe zu sagen, grüsse doch auch H. Griese. Ich bin in grosser Eil, darum schreibe ich so schön deutsch und so schöne Buchstaben, du bist ja aber mit meiner Hand so ziemlich vertraut. Den einliegenden Brief schicke doch ja gleich auf die Post, ausser wenn Piesker schon sollte in Berlin gewesen sein, und auf der Reise hierherbegriffen, dann hast du die Erlaubniß ihn zu lesen und vieles was darinn gesagt ist, auf dich zu beziehn und dir vorzustellen ich sagte es zu dir. Ich erwarte nun alle Tage einen Brief von dir, schreib mir doch ja und auch hübsch umständlich, so wenig ich es auch bin. – Suche doch auch recht nach, ob du noch was Wichtiges von meinen Sachen findest, ich habe dir von einigen Sachen schreiben wollen, und habe jezt wahrhaftig vergessen, wovon. Ja so: es ist ein altes Stück da Roxane oder wie es heißt in Quart, vorn stand der Anfang ei Ino. Suche mir doch auch ja das Lamm hervor, ich brauche es, nicht um es zu schlachten, sondern um es von neuem wieder aufzuputzen, einen grossen Gefallen erzeigtest du mir auch, wenn du könntest (nöthig ist es aber gar, nicht im mindesten) wenn du mir den Hiesel einpacktest, es steht im 2ten Theil der Thaten und Feinheiten einger renommirten Kraft und Kniffgenies. Aber wie gesagt, es ist nicht im mindesten nöthig, mach dir ja keine unnöthige Ausgabe. Die Flöte packe aber doch ja mit ein, aber auch so, daß sie unterwegs keinen Schaden nimmt. Nächstens schicke ich dir vielleicht ein paar kleine Gedichte von meiner Faust. Eigentlich glaube ich, habe ich nun schon in dem ganzen Briefe nichts Vernünftiges gesagt, du erfährst auch dadurch gar nichts neues, aber es macht mir eine ordentliche Freude zu schreiben, denn es ist mir, als wenn ich mit dir spräche, nur Schade ist es, daß ich so eilen muß. Aber eile mit Weile – sagte der Imprator – ja! mein Gedächtniß wird schwach! – Ich denke oft noch an den Spaß, wie fürchterlich ich mir bei dieser Stelle einigemahl die Haare gezaust habe, weißt du es auch wohl noch? o gewiß! Ich gehe jezt alle Tage spatzieren, lebe wie in einem Paradiese, in einem Lande wo Milch und Honig fließt, Milch die schönste Milch, und Honig so frisch und süß! – könnte ich dir doch etwas von dem mitschikken, der auf einen Teller vor mir steht, nun was nicht sein kann, darinn muß man sich finden. Lebe wohl, tausend, tausendmahl wohl, und bleibe gesund. – Schmohl grüßt.
Tieck
Wie geht es dir? Was machst du? Ich bin ganz wohl, und wenn diese Nachricht etwas zu deinem Wohl beitragen kann, so glaube es nur ganz zuverlässig. Ich denke bei meinen Spatziergängen recht oft an dich und dann fällt es mir immer erst recht lebhaft ein, wie sehr du mich geliebt hast, so daß ich jezt wirklich gar nicht einsehe, wie ich dir diese Liebe einst vergelten könnte, ja auch, einmahl wie ich dir dafür danken soll. Wenn du zu meinem Glück recht [v]iel beitragen willst, so bleibe stets recht gesund, sei vergnügt und heiter, und dies wird auch mich vergnügt und heiter machen. – A propos, was macht denn der gnädige Christian? Grüße ihn doch recht herzlich von mir, auch meine Eltern, wie sich denn das jedesmahl von selbst versteht, wenn ich es auch irgend einmahl vergessen sollte in einem Briefe zu sagen, grüsse doch auch H. Griese. Ich bin in grosser Eil, darum schreibe ich so schön deutsch und so schöne Buchstaben, du bist ja aber mit meiner Hand so ziemlich vertraut. Den einliegenden Brief schicke doch ja gleich auf die Post, ausser wenn Piesker schon sollte in Berlin gewesen sein, und auf der Reise hierherbegriffen, dann hast du die Erlaubniß ihn zu lesen und vieles was darinn gesagt ist, auf dich zu beziehn und dir vorzustellen ich sagte es zu dir. Ich erwarte nun alle Tage einen Brief von dir, schreib mir doch ja und auch hübsch umständlich, so wenig ich es auch bin. – Suche doch auch recht nach, ob du noch was Wichtiges von meinen Sachen findest, ich habe dir von einigen Sachen schreiben wollen, und habe jezt wahrhaftig vergessen, wovon. Ja so: es ist ein altes Stück da Roxane oder wie es heißt in Quart, vorn stand der Anfang ei Ino. Suche mir doch auch ja das Lamm hervor, ich brauche es, nicht um es zu schlachten, sondern um es von neuem wieder aufzuputzen, einen grossen Gefallen erzeigtest du mir auch, wenn du könntest (nöthig ist es aber gar, nicht im mindesten) wenn du mir den Hiesel einpacktest, es steht im 2ten Theil der Thaten und Feinheiten einger renommirten Kraft und Kniffgenies. Aber wie gesagt, es ist nicht im mindesten nöthig, mach dir ja keine unnöthige Ausgabe. Die Flöte packe aber doch ja mit ein, aber auch so, daß sie unterwegs keinen Schaden nimmt. Nächstens schicke ich dir vielleicht ein paar kleine Gedichte von meiner Faust. Eigentlich glaube ich, habe ich nun schon in dem ganzen Briefe nichts Vernünftiges gesagt, du erfährst auch dadurch gar nichts neues, aber es macht mir eine ordentliche Freude zu schreiben, denn es ist mir, als wenn ich mit dir spräche, nur Schade ist es, daß ich so eilen muß. Aber eile mit Weile – sagte der Imprator – ja! mein Gedächtniß wird schwach! – Ich denke oft noch an den Spaß, wie fürchterlich ich mir bei dieser Stelle einigemahl die Haare gezaust habe, weißt du es auch wohl noch? o gewiß! Ich gehe jezt alle Tage spatzieren, lebe wie in einem Paradiese, in einem Lande wo Milch und Honig fließt, Milch die schönste Milch, und Honig so frisch und süß! – könnte ich dir doch etwas von dem mitschikken, der auf einen Teller vor mir steht, nun was nicht sein kann, darinn muß man sich finden. Lebe wohl, tausend, tausendmahl wohl, und bleibe gesund. – Schmohl grüßt.
Tieck