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Ludwig Tieck to August Wilhelm von Schlegel

[1] [Berlin, Anfang Dezember 1797]
Theuerster Freund,
Verzeihen Sie, wenn ich Sie so nenne, denn ich wünsche mir jezt nichts so sehr als Ihre Bekanntschaft und Freundschaft. Ich wollte Ihnen die 3 Theile der Volksmärchen schicken, aber ich habe von dem nachlässigen Buchhändler noch kein Exemplar bekommen, aber in acht Tagen habe ich es gewiß und dann bin ich so dreist, Ihnen noch einmahl und umständlicher zu schreiben, sein Sie indeß so gut, dies Blatt für eine Art von Brief anzusehn. Ich danke Ihnen für die Recension der beiden unbedeutenden Märchen und wünschte sehr, daß Sie auch die übrigen an[2]zeigen könnten, oder möchten. Auf den dritten Theil Ihres Shakspear bin ich unendlich begierig, ich schreibe jezt Briefe über diesen Dichter (oder wie ich ihn nennen soll) und ich wünschte sehr, daß ich sie Ihnen mittheilen könnte, ehe sie gedruckt würden, wenn Sie hier statt in Jena wohnten. Ihr lieber Bruder hat mir so viel Muth gemacht, daß ich entschlossen bin, den Don Quixote zu übersetzen und bis Ostern wohl noch einen Theil zu vollenden, oder vielmehr fertig zu machen.
Ist die Stelle in Hamlet Act II Then came each actor on his aß [3] nicht vielleicht ein schlechter Spaß, ein Wortspiel Hamlets über Polonius, statt einer Stelle aus einer Ballade? Weil Polonius vorher sagt: upon mine honour, welches dann Hamlet zusammenzieht mit dem vorigen: The actors are come hither –
Im Anfange des Sturms sagt der Master: Speak to the mariners. – Ist das nicht vielleicht eine Stage-direction, daß man lesen müßte speaks etc. und daß er dann die Worte: fall toʼt yorely etc. den Matrosen hinter der Bühne zuruft? – Dann ist der Contrast mit der kurzen Antwort Good desto auffallender, denn [4] ich seh auch nicht ein, warum der Boatswain mit den Matrosen sprechen soll.
Im ersten Liede Ariels ist für mich Dunkelheit, könnte man es nicht vielleicht so absetzen?
Burden. Bow, bow
Ar. The watch-dogs bark.
Burden. Bow, wough
Ar. Hark hark!
I hear
The strain of strutting chanticlere
Cry. (dann stage direction) Cock-a-etc.
(für Chor außerhalb)
Leben Sie recht wohl und verzeihen Sie mir diesen unordentlichen Brief.
Ihr ergebenster Freund
Ludwig Tieck.
  • Tieck, Ludwig  sich entschuldigen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Tieck, Ludwig  Kennenlernen  erhoffen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Tieck, Ludwig  Freundschaft  erhoffen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Tieck, Ludwig  Buchsendung  ankündigen  Tieck, Ludwig: Volksmährchen von Peter Leberecht
  • Tieck, Ludwig  tadeln  Nicolai, Carl August
  • Tieck, Ludwig  Briefsendung  ankündigen  Schlegel, August Wilhelm von
  • Tieck, Ludwig  Rezension  danken  Schlegel, August Wilhelm von
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Metadata Concerning Header
  • Date: [Anfang Dezember 1797]
  • Sender: Ludwig Tieck ·
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 20‒21.
Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.59
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,6 cm
Language
  • German

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