Braunschweig, den 2 ten Febr. 1790
Werthester Freund,
Dank, herzlichen, vollen Dank für alle Liebe und Freundschaft, die Sie mir erzeigt haben. Ich habe schon seit 10 Tagen Ihnen täglich schreiben wollen; aber ich habe theils noch keine Stunde finden können, die ruhig genug gewesen wäre, um der Unterredung mit einem ältern Freunde würdig zu seyn: und dann haben mir beständige Zerstreuungen fast alle Zeit genommen. Ich habe in Leipzig sehr viel angenehme Bekanntschaften gemacht. Eine der angenehmsten war die d[es] H. v Blankenburgs. Dieser große Gelehrte ist sehr zuvorkommend gegen mich gewesen. Ich habe verschiedne sehr interessante Unterredungen mit ihm gehabt. Er hat mich auch angefeuert in der spanischen Litteratur weiter fort zu arbeiten, und hat mir zu dem Ende die Araucana des Ercilla, welche weder in Dreßden noch in Hannover ist, geliehen. Leider habe ich dießmal in Leipzig die angenehmsten herrlichsten Männer nur so viel kennen gelernt, daß es mir wehe thun muß, sie nicht länger genießen zu können. So ist es mir auch mit Oseser und Bause gegangen. Den ersten habe ich doch 3 bis 4 mal gesehn. Ich habe einige Gemählde, die in die Nicolauskirche kommen, und auch ein schönes Portefeuille bey ihm gesehn. So herrlich seine Gemählde sind, ist mir der Mann doch werther. Ich sah nie einen, der den Stempel des großen Mannes so deutlich und so ungesucht an sich trägt. Er ist Mahler in allem: Die kleinste Anekdote die aus seinem Munde geht ist Gemählde. Aber er ist mehr als Mahler, er ist Denker. – Bause hat mir besonders durch die zärtliche feine Liebe gegen seine liebenswürdige Tochter sehr gefallen. Geyser darf auch nicht übergangen werden. Ich hoffe viel von dem Umgange mit diesen Männern wenn ich auf längere Zeit nach Leipzig komme. Und danach werde ich auf alle mögliche Weise streben, da ich dann Dreßden und meinen lieben Freunden so viel näher bin.
Merkwürdige Sachen für die Kunst habe ich in Leipzig nicht viel gesehn. Das winklerische Cabinet zu sehen war unmöglich. Das richtersche habe ich durch ein Versehn meines Küpers nicht gesehn. Bey der Wittwe des Buchhändlers Reich habe ich eine Sammlung Grafscher Gemählde von großen Gelehrten gesehn; es war mir sehr angenehm.
Um von einer Kunst auf die andre über zu gehn, – ich bin im großen Conzerte gewesen (Müller schickte mir ein Billet): der Saal hat mir sehr gefallen. Breitkopfen habe ich auf der Harmonika gehört. –
Hier in Braunschw[eig] verlebe ich meine Zeit recht angenehm, besonders durch die freundschaftliche Art Ihres Gärtners, der Sie sehr liebt. Ich bin auch bey Stuven einigemal gewesen, und habe Langer und Ebert kennen lernen; lauter sehr intereßante Leute, für mich besonders Ebert. Demohnerachtet kann ich nicht läugnen, daß mich ein wenig nach Hannover verlangt, besonders auch in der Absicht einige m[einer] gelehrten Projecte ausführen zu können, damit der Wind sie nicht alle mit einander wieder verweht.
Erhalten Sie mir Ihre Liebe, bester Freund, und haben Sie einmal eine Viertelstunde zu verschenken, so schenken Sie sie ihrem Freunde. – Ihrer liebenswürdigen Frau meine besten Empfehlungen, und wenn ich nicht zu dreist bin, so küssen Sie sie in meinem Namen. Das kleine Mädchen sehe ich im Geiste mit den Händen winken.
Noch eins – das Zeichen der Liebe, das Sie mir am letzten Abend gaben hat mir schon manchen süßen Augenblick gemacht. Wie offt sehe ich es nicht an! Ich habe ein kleines Päckchen gemacht, darin ist Ihr Gedicht, und das Andenken eines andern lieben, lieben Freundes.
Der Ihrige
Friedrich Schlegel
Werthester Freund,
Dank, herzlichen, vollen Dank für alle Liebe und Freundschaft, die Sie mir erzeigt haben. Ich habe schon seit 10 Tagen Ihnen täglich schreiben wollen; aber ich habe theils noch keine Stunde finden können, die ruhig genug gewesen wäre, um der Unterredung mit einem ältern Freunde würdig zu seyn: und dann haben mir beständige Zerstreuungen fast alle Zeit genommen. Ich habe in Leipzig sehr viel angenehme Bekanntschaften gemacht. Eine der angenehmsten war die d[es] H. v Blankenburgs. Dieser große Gelehrte ist sehr zuvorkommend gegen mich gewesen. Ich habe verschiedne sehr interessante Unterredungen mit ihm gehabt. Er hat mich auch angefeuert in der spanischen Litteratur weiter fort zu arbeiten, und hat mir zu dem Ende die Araucana des Ercilla, welche weder in Dreßden noch in Hannover ist, geliehen. Leider habe ich dießmal in Leipzig die angenehmsten herrlichsten Männer nur so viel kennen gelernt, daß es mir wehe thun muß, sie nicht länger genießen zu können. So ist es mir auch mit Oseser und Bause gegangen. Den ersten habe ich doch 3 bis 4 mal gesehn. Ich habe einige Gemählde, die in die Nicolauskirche kommen, und auch ein schönes Portefeuille bey ihm gesehn. So herrlich seine Gemählde sind, ist mir der Mann doch werther. Ich sah nie einen, der den Stempel des großen Mannes so deutlich und so ungesucht an sich trägt. Er ist Mahler in allem: Die kleinste Anekdote die aus seinem Munde geht ist Gemählde. Aber er ist mehr als Mahler, er ist Denker. – Bause hat mir besonders durch die zärtliche feine Liebe gegen seine liebenswürdige Tochter sehr gefallen. Geyser darf auch nicht übergangen werden. Ich hoffe viel von dem Umgange mit diesen Männern wenn ich auf längere Zeit nach Leipzig komme. Und danach werde ich auf alle mögliche Weise streben, da ich dann Dreßden und meinen lieben Freunden so viel näher bin.
Merkwürdige Sachen für die Kunst habe ich in Leipzig nicht viel gesehn. Das winklerische Cabinet zu sehen war unmöglich. Das richtersche habe ich durch ein Versehn meines Küpers nicht gesehn. Bey der Wittwe des Buchhändlers Reich habe ich eine Sammlung Grafscher Gemählde von großen Gelehrten gesehn; es war mir sehr angenehm.
Um von einer Kunst auf die andre über zu gehn, – ich bin im großen Conzerte gewesen (Müller schickte mir ein Billet): der Saal hat mir sehr gefallen. Breitkopfen habe ich auf der Harmonika gehört. –
Hier in Braunschw[eig] verlebe ich meine Zeit recht angenehm, besonders durch die freundschaftliche Art Ihres Gärtners, der Sie sehr liebt. Ich bin auch bey Stuven einigemal gewesen, und habe Langer und Ebert kennen lernen; lauter sehr intereßante Leute, für mich besonders Ebert. Demohnerachtet kann ich nicht läugnen, daß mich ein wenig nach Hannover verlangt, besonders auch in der Absicht einige m[einer] gelehrten Projecte ausführen zu können, damit der Wind sie nicht alle mit einander wieder verweht.
Erhalten Sie mir Ihre Liebe, bester Freund, und haben Sie einmal eine Viertelstunde zu verschenken, so schenken Sie sie ihrem Freunde. – Ihrer liebenswürdigen Frau meine besten Empfehlungen, und wenn ich nicht zu dreist bin, so küssen Sie sie in meinem Namen. Das kleine Mädchen sehe ich im Geiste mit den Händen winken.
Noch eins – das Zeichen der Liebe, das Sie mir am letzten Abend gaben hat mir schon manchen süßen Augenblick gemacht. Wie offt sehe ich es nicht an! Ich habe ein kleines Päckchen gemacht, darin ist Ihr Gedicht, und das Andenken eines andern lieben, lieben Freundes.
Der Ihrige
Friedrich Schlegel