Leipzig den 3ten Juli 93
Lieber Hardenberg,
Dein Brief hat meine Erwartung auf den nächsten äußerst rege gemacht – ich erinnre Dich an Dein Versprechen, mir Deine Gedanken über die Sittlichkeit und ihr Verhältniß zu Kants Lehren mitzutheilen, und offnere Mittheilung Deiner <neuen> Liebe. Nur bitte ich recht sehr, daß die Furcht, Du möchtest, was Du mir sagen willst, nicht ganz ausdrücken können, Dich nicht abhalte, überall anzufangen – denn hier hilft das Warten nichts; es bleibt immer unser Schicksal: und dann so kannst Du auch auf meine Divinationsgabe in Deinem Herzen etwas rechnen. – Ich bitte auch die Stanzen nicht zu vergessen. –
Dein Brief hat mich sehr angenehm an die schönen Tage Deines Hierseyns erinnert. Wirklich schöne Tage! Du hast so viel Sinn für geselligen Genuß, und weißt alle meine Kräfte so harmonisch anzuregen! Ehe Du kamst, war ich wirklich krank, und ganz erschöpft. Nachher, ich weiß nicht recht, wodurch, äußerst verstimmt. Eine Reise zu Fuß zu Schweinitz, und dann einen Tag in Lauchstädt konnte mich gar nicht aufheitern, und hier finde ich Verdrießlichkeiten, die mich noch nicht zu Odem kommen lassen, und die mich, was das schlimmste <ist>, an einigen Arbeiten stören, die mir sehr am Herzen liegen. – Selbst die mögliche Hoffnung, meinen Bruder zu sehen, eine überraschende Nachricht von ,dem herrlichen Dulder‘ Mastiaux kann mich nicht ganz aufheitern. – Mit Schweinitzens Gesundheit geht es ziemlich wohl, man hat Dir übertriebne Nachrichten davon gesagt. Mit ihm bin ich sehr zufrieden; er wird den Ausweg finden aus dem Abgrund, in den das Schicksal ihn stürzte. Auch hoffe ich von diesem, daß er ewig mein seyn wird. Denn er läßt nicht ab von dem, was sein Herz einmal mit Gewalt ergriffen hat.
Lieber Freund! ich habe zwey Bitten an Dich. Erstlich bitte ich Dich, die Sache mit Schmidt recht bald und recht eifrig zu betreiben. Wünscht er etwas von mir selbst, woraus er mich beurtheilen könnte, so will ich sehr gerne an ihn schreiben, wenn dieß auf eine interessante Art sein könnte. Oder Du könntest ihm auch einen Aufsatz von mir in das Journal, so er herausgiebt, versprechen, nur nicht <gar> zu bald. – Zweytens, wenn es Dir möglich ist, mir etwan sechs Louisdors vorzuschießen, so kannst Du mich dadurch vor der größten Gefahr sicher stellen. – Ich will Dir nicht mehr versprechen, als ich weiß, daß ich Dir halten kann. Ist es mir möglich, so erhältst Du es noch vor Michaelis wieder; aber rechne nicht darauf, zu Mich.[aelis] gewiß. – Du wirst mir die Auseinandersetzung schenken, warum mir so viele andre Wege abgeschnitten sind, und warum die Sache so ernsthaft werden könnte. Auf jeden [Fall] bitte ich schleunige Antwort, und strenge Verschwiegenheit. – Du weißt schon, oder kannst doch leicht errathen, wie ich überhaupt in die Lage gekommen, Verlegenheiten der Art öfter ausgesetzt zu seyn, und wenn auch manches hätte unterbleiben sollen, so macht mir doch nichts Schande, auch sehe ich recht gut einen Ausgang voraus, und hoffe bald frey zu sein. – Es liegt mir sehr an der Sache, die sehr wichtig werden kann. Die Post geht ab.
Dein
Schlegel
Lieber Hardenberg,
Dein Brief hat meine Erwartung auf den nächsten äußerst rege gemacht – ich erinnre Dich an Dein Versprechen, mir Deine Gedanken über die Sittlichkeit und ihr Verhältniß zu Kants Lehren mitzutheilen, und offnere Mittheilung Deiner <neuen> Liebe. Nur bitte ich recht sehr, daß die Furcht, Du möchtest, was Du mir sagen willst, nicht ganz ausdrücken können, Dich nicht abhalte, überall anzufangen – denn hier hilft das Warten nichts; es bleibt immer unser Schicksal: und dann so kannst Du auch auf meine Divinationsgabe in Deinem Herzen etwas rechnen. – Ich bitte auch die Stanzen nicht zu vergessen. –
Dein Brief hat mich sehr angenehm an die schönen Tage Deines Hierseyns erinnert. Wirklich schöne Tage! Du hast so viel Sinn für geselligen Genuß, und weißt alle meine Kräfte so harmonisch anzuregen! Ehe Du kamst, war ich wirklich krank, und ganz erschöpft. Nachher, ich weiß nicht recht, wodurch, äußerst verstimmt. Eine Reise zu Fuß zu Schweinitz, und dann einen Tag in Lauchstädt konnte mich gar nicht aufheitern, und hier finde ich Verdrießlichkeiten, die mich noch nicht zu Odem kommen lassen, und die mich, was das schlimmste <ist>, an einigen Arbeiten stören, die mir sehr am Herzen liegen. – Selbst die mögliche Hoffnung, meinen Bruder zu sehen, eine überraschende Nachricht von ,dem herrlichen Dulder‘ Mastiaux kann mich nicht ganz aufheitern. – Mit Schweinitzens Gesundheit geht es ziemlich wohl, man hat Dir übertriebne Nachrichten davon gesagt. Mit ihm bin ich sehr zufrieden; er wird den Ausweg finden aus dem Abgrund, in den das Schicksal ihn stürzte. Auch hoffe ich von diesem, daß er ewig mein seyn wird. Denn er läßt nicht ab von dem, was sein Herz einmal mit Gewalt ergriffen hat.
Lieber Freund! ich habe zwey Bitten an Dich. Erstlich bitte ich Dich, die Sache mit Schmidt recht bald und recht eifrig zu betreiben. Wünscht er etwas von mir selbst, woraus er mich beurtheilen könnte, so will ich sehr gerne an ihn schreiben, wenn dieß auf eine interessante Art sein könnte. Oder Du könntest ihm auch einen Aufsatz von mir in das Journal, so er herausgiebt, versprechen, nur nicht <gar> zu bald. – Zweytens, wenn es Dir möglich ist, mir etwan sechs Louisdors vorzuschießen, so kannst Du mich dadurch vor der größten Gefahr sicher stellen. – Ich will Dir nicht mehr versprechen, als ich weiß, daß ich Dir halten kann. Ist es mir möglich, so erhältst Du es noch vor Michaelis wieder; aber rechne nicht darauf, zu Mich.[aelis] gewiß. – Du wirst mir die Auseinandersetzung schenken, warum mir so viele andre Wege abgeschnitten sind, und warum die Sache so ernsthaft werden könnte. Auf jeden [Fall] bitte ich schleunige Antwort, und strenge Verschwiegenheit. – Du weißt schon, oder kannst doch leicht errathen, wie ich überhaupt in die Lage gekommen, Verlegenheiten der Art öfter ausgesetzt zu seyn, und wenn auch manches hätte unterbleiben sollen, so macht mir doch nichts Schande, auch sehe ich recht gut einen Ausgang voraus, und hoffe bald frey zu sein. – Es liegt mir sehr an der Sache, die sehr wichtig werden kann. Die Post geht ab.
Dein
Schlegel