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Novalis to Friedrich von Schlegel

Lieber Schlegel,
endlich bin ich ein wenig in Ordnung und eile Dich zu benachrichtigen, daß ich nun anfangen kann, ordentlich an Dich zu schreiben. Heute erhältst Du nun den Provokationssatz, und der pflegt kurz zu sein. Meine Praxis raubt mir hier ¾ des Tags. Das übrige Viertel ist so eingetheilt, daß Freunden und Büchern sehr wenig bleibt. Du stehst mit oben an und sollst wenigstens alle 14 Tage oder 3 Wochen einen Brief haben. Auf Gutschreiben thu ich im voraus Verzicht – mein Kopf ist zu durchkreuzt von verschiednen Gegenständen, als daß ich im Stand sein sollte, Dir nur etwas mehr als mittelmäßig gut schreiben zu können – Ich muß Dir nur flüchtig die Ideen hinwerfen – die beste Probe, ob sie gut sind.
Dein Aufsatz in der Monatsschrift fürs weibliche Geschlecht ist erst jezt herausgekommen. Ich hoff ihn bald zu haben. Da ich den Moniteur hier nicht haben kann, so fehlt mir zur politischen Correspondenz viel. Selbst die notwendigsten Bücher hab ich nicht. Doch schadets nichts – Du bist genügsam. Ich freue mich, wenn ich an die Ostermesse denke. Nur arbeite nicht zu angestrengt – ich bitte Dich, Schlegel – sey behutsam. Deine Gesundheit ist unentbehrlich, sogar zur ächten Schriftstellerei. Düsternheit verliert sich unvermerkt in Dein Geschriebenes und der Hypochondrist kann nichts ganz Wahres schreiben. Grüße Deine Schwester. Leb wohl. Schreibe bald.
Dein Freund
Hardenberg
Metadata Concerning Header
  • Date: Mitte November 1794
  • Sender: Novalis ·
  • Recipient: Friedrich von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Tennstedt ·
  • Place of Destination: Dresden · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 210‒211.
Language
  • German

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