... mit Klarheit und Wärme, ohne Heftigkeit und doch fortreißend zu reden. Darinn ist er [Wilhelm] verändert, daß er die französische Sprache den übrigen vorzieht, daß sie ihn fortreißt, und daß er allerliebste französische Briefe schreibt, die ich denn doch nicht mit den deutschen, die er mir geschrieben, eintauschen möchte. Auch denkt er etwas anders über meine Freunde, die Republikaner, und ist gar nicht mehr Aristokrat. Seine Partheylosigkeit über diesen Gegenstand ist ein Reiz mehr seiner Unterhaltung. Ach ich werde ihm noch Leidenschaftlosigkeit ablernen – und dann ist meine Erziehung vollendet.
Wahrlich, lieber Friz, ich werde zulezt wohl auf die Idee gerathen mich zu bilden und zu meistern, um alles was da geschieht ruhig mit ansehn zu können. Sie werden es kaum glauben, daß ich in diesem Betracht aus dem Aufsaz über den französischen Nationalcharakter Nuzanwendungen gezogen habe. Diesen Aufsaz, den Wilhelm unreif nennt, in welchen er Ursache und Wirkung mit einander verwechselt und die Thatsachen selbst nicht treu dargestellt findet. Mir fiel die Richtigkeit der Ansicht auf, daß Leidenschaft, aus welcher die höchste Kraft und Genuß hervorgehn, gemäßigt und abgeleitet werden muß, um Tugend und Glück zu erzeugen. Ist es nicht so, daß der wesentliche Unterschied zwischen Ihren alten Griechen und meinen Neufranken in dem Grade der Leidenschaft besteht? Geben Sie diesen etwas weniger heißes Blut, so müsten alle Völker der Erde sie beneiden und lieben. Woher komt es ihnen aber und wie sollen sie es vertilgen? Das Clima und seine Produkte bleiben dieselben – die Phantasie hat eine Richtung genommen, welche die Revolution noch nicht dadurch anders gelenkt hat, daß sie ihr andre Begriffe unterschob. Mir scheint sie mehr durch den Zufall verstimt zu seyn, der Gallien einem Eroberer unterwarf, als durch jeden sonstigen Einfluß. Früh legte ihnen dies ein Joch auf, das sie mit Glanz zu bekleiden ...
Wahrlich, lieber Friz, ich werde zulezt wohl auf die Idee gerathen mich zu bilden und zu meistern, um alles was da geschieht ruhig mit ansehn zu können. Sie werden es kaum glauben, daß ich in diesem Betracht aus dem Aufsaz über den französischen Nationalcharakter Nuzanwendungen gezogen habe. Diesen Aufsaz, den Wilhelm unreif nennt, in welchen er Ursache und Wirkung mit einander verwechselt und die Thatsachen selbst nicht treu dargestellt findet. Mir fiel die Richtigkeit der Ansicht auf, daß Leidenschaft, aus welcher die höchste Kraft und Genuß hervorgehn, gemäßigt und abgeleitet werden muß, um Tugend und Glück zu erzeugen. Ist es nicht so, daß der wesentliche Unterschied zwischen Ihren alten Griechen und meinen Neufranken in dem Grade der Leidenschaft besteht? Geben Sie diesen etwas weniger heißes Blut, so müsten alle Völker der Erde sie beneiden und lieben. Woher komt es ihnen aber und wie sollen sie es vertilgen? Das Clima und seine Produkte bleiben dieselben – die Phantasie hat eine Richtung genommen, welche die Revolution noch nicht dadurch anders gelenkt hat, daß sie ihr andre Begriffe unterschob. Mir scheint sie mehr durch den Zufall verstimt zu seyn, der Gallien einem Eroberer unterwarf, als durch jeden sonstigen Einfluß. Früh legte ihnen dies ein Joch auf, das sie mit Glanz zu bekleiden ...