Dreßden, den 10ten März 96.
Wie viel Freude mir Ihr und Vater Wielands gütiger Brief gemacht hat, kann ich Ihnen nicht beschreiben. Ich hoffe, daß Sie die Verspätung der Antwort, die auf so gütige Briefe unverantwortlich scheint, einigermaßen entschuldigen werden. Die ersten Tage vergingen, ehe ich über Ihre Anfrage betr. Casanova etwas bestimmtes antworten konnte, und seit acht Tagen drückt mich eine Unpäßlichkeit, von der ich noch nicht ganz frey bin. – Von C[asanova]s Familie ist nichts zu erfahren. Bis auf die älteste Tochter, sind es lockere Menschen, welches auch für die Besorgung des M[anu]scripts üble Besorgniß erregen muß. Die Familie hat selbst nicht einmal gewußt, wie alt Cas.[anova] gewesen sey. In Kläbe’s gelehrtem Dreßden. 1796. 8°. bey Hilscher. Dreßden. 18 gg. finden sich wohl die vollständigsten Notizen zu seinem Leben. Sie sind authentisch; denn kurz vor seinem Tode hat er selbst sie geliefert.
Daß ich Ihnen unendlich verpflichtet bin, mich W.[ieland] empfohlen zu haben, daß ich mich glücklich schätze, an dem A.[ttischen] M.[useum] Antheil zu nehmen und mein Möglichstes thun werde Ihre Zufriedenheit zu verdienen, kann ich Ihnen nicht oft genug wiederhohlen. – Haben wir nicht Hoffnung in dem A.[ttischen] M.[useum] auch bald etwas von Ihnen zu sehn?
Ich habe <in dem Briefe an W.[ieland]> absichtlich keine Zeit bestimmt, wenn ich die Rede des Lys.[ias] und das Stück des Dion.[ysios] zu übersenden hoffe. Doch kann ich Ihnen wohl sagen, daß ich wenigstens die erste, hoffentlich auch das andre geraume Zeit vor Wielands Abreise eintreffen wird. Ich bin nur etwa noch 8 Tage anderweit beschäftigt, dann kann ich meine ganze Musse der Vollendung der angefangenen Rede und der zweiten Arbeit widmen.
Den ersten Band meiner Griech.[ischen] Versuche werde ich Ihnen erst zur Ostermesse überreichen können. Ich bitte im voraus um Ihre Kritik, besonders über die zweite Abhandlung. –
Daßdorf hat einmal an der Uebersetzung des Cas.[anova] M[anu]script gearbeitet. Jetzt aber hat dieselbe ein gewisser Berger, der mir unbekannt ist. – Glauben Sie wohl, daß ein historisches Gemählde: Die alten Athener, (eine Charakteristik der Athener in der weniger bekannten, oft übersehnen Periode, welche doch die Grundlage aller nachfolgenden ist, von dem Punkt, da der Attizismus aus einem bloss nüanzirten lonismus ein spezifisch verschiedner Nazionalcharakter wurde, bis zur αϰμη des Attischen Staates) für das A.[ttische] M.[useum] schicklich seyn würde? Eine Uebersetzung des Platonischen Gorgias mit einem Kommentar über das Verhältniß der Gr.[iechischen] Philosophen und Rhetoren? Oder eins der berühmten rhetor.[ischen] Symplegmen von Aeschines und Demosthenes? – Man muß viel durchdenken, damit etwas reif werde.
Für die Nachricht von Garve’s Arist.[otelischer] Politik danke ich recht sehr. Sie war mir neu. Ich habe wenig Verbindungen und bin hier in vielen litterar.[ischen] Stücken εξωϰεανισθεις. Ich habe zwar einen Verleger, ich muß aber alles noch reifer durchdenken, was ich Ihnen letzthin schrieb. – Ich möchte für Stollbergen gern wenigstens einen Theil des Plato retten. Die ϰαϰομους dieses απειροϰαλος, ich meyne den heillosen Einfall, die Platonischen Gespräche, die so behandelt werden müßten wie die Horazischen Briefe von Wieland, so nackt in die Welt hinauszustoßen, hat meine ganze Irascibilität entzündet. Er übersetzt aber lesbar genug, um mir die Freude zu verleiden. Im Meysten habe ich gute Anlage und die bildende Hand eines großen Meisters erkannt. Am Anfange und Ende viel Gutes: sed reliqua ραθυμοτερα. p. 64. ein böser Fleck, der Grund der Irrthümer in der Mitte vom Zweck und den Paradoxen der Plat.[onischen] Rep.[ublik] nicht glücklich. Ihr gehorsamster
Friedrich Schlegel.
Wie viel Freude mir Ihr und Vater Wielands gütiger Brief gemacht hat, kann ich Ihnen nicht beschreiben. Ich hoffe, daß Sie die Verspätung der Antwort, die auf so gütige Briefe unverantwortlich scheint, einigermaßen entschuldigen werden. Die ersten Tage vergingen, ehe ich über Ihre Anfrage betr. Casanova etwas bestimmtes antworten konnte, und seit acht Tagen drückt mich eine Unpäßlichkeit, von der ich noch nicht ganz frey bin. – Von C[asanova]s Familie ist nichts zu erfahren. Bis auf die älteste Tochter, sind es lockere Menschen, welches auch für die Besorgung des M[anu]scripts üble Besorgniß erregen muß. Die Familie hat selbst nicht einmal gewußt, wie alt Cas.[anova] gewesen sey. In Kläbe’s gelehrtem Dreßden. 1796. 8°. bey Hilscher. Dreßden. 18 gg. finden sich wohl die vollständigsten Notizen zu seinem Leben. Sie sind authentisch; denn kurz vor seinem Tode hat er selbst sie geliefert.
Daß ich Ihnen unendlich verpflichtet bin, mich W.[ieland] empfohlen zu haben, daß ich mich glücklich schätze, an dem A.[ttischen] M.[useum] Antheil zu nehmen und mein Möglichstes thun werde Ihre Zufriedenheit zu verdienen, kann ich Ihnen nicht oft genug wiederhohlen. – Haben wir nicht Hoffnung in dem A.[ttischen] M.[useum] auch bald etwas von Ihnen zu sehn?
Ich habe <in dem Briefe an W.[ieland]> absichtlich keine Zeit bestimmt, wenn ich die Rede des Lys.[ias] und das Stück des Dion.[ysios] zu übersenden hoffe. Doch kann ich Ihnen wohl sagen, daß ich wenigstens die erste, hoffentlich auch das andre geraume Zeit vor Wielands Abreise eintreffen wird. Ich bin nur etwa noch 8 Tage anderweit beschäftigt, dann kann ich meine ganze Musse der Vollendung der angefangenen Rede und der zweiten Arbeit widmen.
Den ersten Band meiner Griech.[ischen] Versuche werde ich Ihnen erst zur Ostermesse überreichen können. Ich bitte im voraus um Ihre Kritik, besonders über die zweite Abhandlung. –
Daßdorf hat einmal an der Uebersetzung des Cas.[anova] M[anu]script gearbeitet. Jetzt aber hat dieselbe ein gewisser Berger, der mir unbekannt ist. – Glauben Sie wohl, daß ein historisches Gemählde: Die alten Athener, (eine Charakteristik der Athener in der weniger bekannten, oft übersehnen Periode, welche doch die Grundlage aller nachfolgenden ist, von dem Punkt, da der Attizismus aus einem bloss nüanzirten lonismus ein spezifisch verschiedner Nazionalcharakter wurde, bis zur αϰμη des Attischen Staates) für das A.[ttische] M.[useum] schicklich seyn würde? Eine Uebersetzung des Platonischen Gorgias mit einem Kommentar über das Verhältniß der Gr.[iechischen] Philosophen und Rhetoren? Oder eins der berühmten rhetor.[ischen] Symplegmen von Aeschines und Demosthenes? – Man muß viel durchdenken, damit etwas reif werde.
Für die Nachricht von Garve’s Arist.[otelischer] Politik danke ich recht sehr. Sie war mir neu. Ich habe wenig Verbindungen und bin hier in vielen litterar.[ischen] Stücken εξωϰεανισθεις. Ich habe zwar einen Verleger, ich muß aber alles noch reifer durchdenken, was ich Ihnen letzthin schrieb. – Ich möchte für Stollbergen gern wenigstens einen Theil des Plato retten. Die ϰαϰομους dieses απειροϰαλος, ich meyne den heillosen Einfall, die Platonischen Gespräche, die so behandelt werden müßten wie die Horazischen Briefe von Wieland, so nackt in die Welt hinauszustoßen, hat meine ganze Irascibilität entzündet. Er übersetzt aber lesbar genug, um mir die Freude zu verleiden. Im Meysten habe ich gute Anlage und die bildende Hand eines großen Meisters erkannt. Am Anfange und Ende viel Gutes: sed reliqua ραθυμοτερα. p. 64. ein böser Fleck, der Grund der Irrthümer in der Mitte vom Zweck und den Paradoxen der Plat.[onischen] Rep.[ublik] nicht glücklich. Ihr gehorsamster
Friedrich Schlegel.