Geh in die alten Zeiten zurück, und erinnre Dich der Schriftzüge, mit denen Dich ein alter Freund nach langer Zwischenzeit herzlich begrüßt.
Ich – Friedrich Schlegel, wenn Du meinen Namen noch weißt, reise in einige[n] Wochen nahe an Dir vorbey, und kann dem Wunsche und der schmeichelnden Hoffnung <nicht entsagen>, Dich wiederzusehn, mich an Dir zu laben und zu erfrischen. Ich gehe in der Mitte des Julii von hier über Leipzig, wo ich aber höchstens zwey Tage bleiben werde, vielleicht über Halle nach Jena, wo mein Bruder sich fürs erste angesiedelt hat, um da bis Michaelis wenigstens das – gleiche zu tun. Es kann seyn, daß ich noch länger da bleibe, aber es kann auch sehr wohl nicht seyn; und darum wünsche ich und bitte Du mögest den Augenblick ergreifen. Ich möchte so herzlich gern ein paar Tage mit Dir fraternisiren nach alter Weise. Wie viel müssen wir uns zu sagen haben! Wie viel weiter wirst Du gekommen seyn! Wie werde ich mich freuen, über das was Du geblieben bist, und das worin Du Dich geändert hast.
Komm zu mir nach Leipzig. Ich bin da zu erfragen bey Gerhard Fleischer junior, Buchhändler. – Oder können wir uns in Weißenfels sehn? Ich käme dann von Leipzig aus hin. Nur viel Geld darf es mir nicht kosten. Körner hat mir ein Vorurtheil gegen die Weißenfelser Wirthe beygebracht. Sie sollen unmäßig theuer sein. – Besser also in Leipzig, oder in Jena. Dort wohne ich beym Kaufmann Beyer am Markt, und bin gewiß noch vor dem 30sten Julius da. Du lernst dann auch meinen Bruder kennen, der nach Ostern fünf Wochen hier war. Seit Du hier warst, der erste mit dem ich wieder gesprochen habe.
Mach ja daß wir uns sehn. Du wirst mich heitrer und empfänglicher finden als das letztemal. In Jena kann unser Wiedersehn freilich am vollständigsten seyn.
Um mit Dir Briefe zu wechseln, fehlte es mir hier an innrer und äußrer Freiheit und Muße. Lieber entbehren, als den edelsten Genuß entweihen. Aber Du? Hast Du nie verlangt, zu wissen, wie mirs gienge?
Den ersten Winter gieng mirs eigentlich schlecht, den Sommer leidlich, den letzten Winter gut, jetzt froh und zufrieden.
Da Du theils weißt, theils erraten kannst, wie groß die Hindernisse waren, so wird Dichs nicht befremden, daß ich mich erst so spät durchgearbeitet habe. Ueberdem waren diese Fesseln von der niederdrückenden Art. – letzt bin ich wenigstens wieder flott, wenn auch noch hie und da leck, und spanne die Seegel in vollem Wind. Meine Schriftstellerei hat sich nun endlich so weit organisirt, daß sie mir Unabhängigkeit und Sicherheit verspricht. – Alles übrige mündlich.
Nach Halle gehe ich um Wolf kennen zu lernen, und wohne, so viel ich weiß beim Exkapellmstr. Reichardt, mit dem ich in literarischer Verbindung stehe. Bis den 13ten Jul.[i] treffen mich Deine Briefe gewiß hier; dann sicher bei Fleischer in Leipzig. Nach dem 25sten Jul.[i] in Jena. – Ich erwarte schleunige Antwort [mit] ein paar Zeilen. Ich umarme Dich herzlich
Dein Friedrich Schlegel
Den 29sten Junius 96. Pillnitz bei Dreßden, zu erfragen beim Hof-Sekr[etär] Ernst.
Ich – Friedrich Schlegel, wenn Du meinen Namen noch weißt, reise in einige[n] Wochen nahe an Dir vorbey, und kann dem Wunsche und der schmeichelnden Hoffnung <nicht entsagen>, Dich wiederzusehn, mich an Dir zu laben und zu erfrischen. Ich gehe in der Mitte des Julii von hier über Leipzig, wo ich aber höchstens zwey Tage bleiben werde, vielleicht über Halle nach Jena, wo mein Bruder sich fürs erste angesiedelt hat, um da bis Michaelis wenigstens das – gleiche zu tun. Es kann seyn, daß ich noch länger da bleibe, aber es kann auch sehr wohl nicht seyn; und darum wünsche ich und bitte Du mögest den Augenblick ergreifen. Ich möchte so herzlich gern ein paar Tage mit Dir fraternisiren nach alter Weise. Wie viel müssen wir uns zu sagen haben! Wie viel weiter wirst Du gekommen seyn! Wie werde ich mich freuen, über das was Du geblieben bist, und das worin Du Dich geändert hast.
Komm zu mir nach Leipzig. Ich bin da zu erfragen bey Gerhard Fleischer junior, Buchhändler. – Oder können wir uns in Weißenfels sehn? Ich käme dann von Leipzig aus hin. Nur viel Geld darf es mir nicht kosten. Körner hat mir ein Vorurtheil gegen die Weißenfelser Wirthe beygebracht. Sie sollen unmäßig theuer sein. – Besser also in Leipzig, oder in Jena. Dort wohne ich beym Kaufmann Beyer am Markt, und bin gewiß noch vor dem 30sten Julius da. Du lernst dann auch meinen Bruder kennen, der nach Ostern fünf Wochen hier war. Seit Du hier warst, der erste mit dem ich wieder gesprochen habe.
Mach ja daß wir uns sehn. Du wirst mich heitrer und empfänglicher finden als das letztemal. In Jena kann unser Wiedersehn freilich am vollständigsten seyn.
Um mit Dir Briefe zu wechseln, fehlte es mir hier an innrer und äußrer Freiheit und Muße. Lieber entbehren, als den edelsten Genuß entweihen. Aber Du? Hast Du nie verlangt, zu wissen, wie mirs gienge?
Den ersten Winter gieng mirs eigentlich schlecht, den Sommer leidlich, den letzten Winter gut, jetzt froh und zufrieden.
Da Du theils weißt, theils erraten kannst, wie groß die Hindernisse waren, so wird Dichs nicht befremden, daß ich mich erst so spät durchgearbeitet habe. Ueberdem waren diese Fesseln von der niederdrückenden Art. – letzt bin ich wenigstens wieder flott, wenn auch noch hie und da leck, und spanne die Seegel in vollem Wind. Meine Schriftstellerei hat sich nun endlich so weit organisirt, daß sie mir Unabhängigkeit und Sicherheit verspricht. – Alles übrige mündlich.
Nach Halle gehe ich um Wolf kennen zu lernen, und wohne, so viel ich weiß beim Exkapellmstr. Reichardt, mit dem ich in literarischer Verbindung stehe. Bis den 13ten Jul.[i] treffen mich Deine Briefe gewiß hier; dann sicher bei Fleischer in Leipzig. Nach dem 25sten Jul.[i] in Jena. – Ich erwarte schleunige Antwort [mit] ein paar Zeilen. Ich umarme Dich herzlich
Dein Friedrich Schlegel
Den 29sten Junius 96. Pillnitz bei Dreßden, zu erfragen beim Hof-Sekr[etär] Ernst.