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Friedrich von Schlegel to Friedrich Vieweg

Jena, den 18ten März 97
Hochzuverehrender Herr,
Es war mir sehr angenehm und schmeichelhaft, daß Sie in der Mich[aelis] Messe gegen meinen Bruder geäußert, daß Sie dem Aufsatz über Poesie, wovon er mit Ihnen geredet, einen Platz in Ihrem Allmanach einräumen wollten, wenn er sich dazu paßte. Da ich glaubte, der Aufsatz würde <für diesen Zweck> zu lang werden: so ging, ohngeachtet meines steten Vorsatzes, Ihnen desfalls zu schreiben, und für Ihre freundschaftliche Bereitwilligkeit zu danken, unter meinen beständigen Arbeiten eine Woche und ein Monath nach dem andern hin, ohne daß dieser Vorsatz erfüllt wurde.
Wenn Ihr Allmanach noch nicht ganz besetzt ist: so könnte ich Ihnen einen andern kleinern historischen Aufsatz dafür anbieten: Cäsar und Alexander, eine Parallele. Er würde in gewöhnlichem 8° Format höchstens 3½ Bogen betragen. Er ist ganz fertig; und wenn Sie noch Gebrauch davon machen können: so würde ich mich sehr freuen, ihn <grade> auf eine solche Weise ins Publikum schicken zu können. Es versteht sich von selbst, daß ich mich in diesem Fall gern den Bedingungen unterwerfe, die Sie schon festgesetzt haben, oder festsetzen werden.
Ich ergreife diese Gelegenheit eine vorläufige Anfrage zu thun, ob Sie wohl geneigt wären, eine Uebersetzung des Thucydides von mir in Verlag zu nehmen? – Die Heilmann’sche ist so mangelhaft, und jetzt auch in Rücksicht der Sprache veraltet, und so weitschweifig und unangenehm, daß dieser Autor, der unter diejenigen politischen und historischen alten Schriftsteller gehört, welche auf ein vorzüglich großes Publikum rechnen dürfen, so gut als noch gar nicht übersetzt ist. Ich würde ihn nicht bloß mit einzelnen Anmerkungen sondern auch mit allgemeinen Uebersichten und Beurtheilungen begleiten <müssen>. Doch ließe sich alles in zwey Bände bringen, wenn ein großes 8° genommen, wo ich dann ein Honorar von 2 Carolin im Verhältniß der Zeit und Arbeit nicht zu groß und nicht zu gering finden würde; ohne jedoch dadurch Ihren Vorschlägen vorgreifen zu wollen. – Der erste Band müßte zu Ostern 98 erscheinen. Dieß ist ein ziemlich langer Termin. Aber die Mich.[aelis] Messe ist doch solchen Werken nicht günstig. Ueberdem muß ich hier etwas lang im Voraus eine Verabredung treffen, weil ich bey einem Werk dieser Art nicht füglich eher an die Ausführung der Arbeit <selbst> gehen kann <bis ich desfalls sicher bin>: denn die vorläufigen Studien und Versuche sind schon lange gemacht, da ich diesen Plan schon vor geraumer Zeit gefaßt habe.
Besonders auf meine erste Anfrage betreffend den Cäsar und Alex.[ander] wünschte ich bald eine Zeile Antwort zu haben.
Mein Bruder und meine Schwiegerin haben mir die angelegentlichsten Empfehlungen an Sie aufgetragen. Ihre Abreise von Berl.[in] nach Braunschw.[eig] fällt, nach einem Brief von Mad. Campe an meine Schwiegerin, so früh, daß dieselben Sie doch nicht mehr in Berl.[in] würden haben treffen können. Sie haben aber diesen Plan für diesmal überhaupt aufgegeben und Ihre Reise bloß auf Dreßden eingeschränkt.
Dero Gehorsamster
Friedrich Schlegel
Metadata Concerning Header
  • Date: Samstag, 18. März 1797
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Vieweg ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 353‒354.
Language
  • German

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