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Friedrich von Schlegel to Novalis

Deinen Brief mit den Büchern, der mir viel Freud und viel Leid gemacht hat, habe ich richtig empfangen.
Herzlich lieb ists mir, daß ich Dich nun noch sehn kann, gewiß genung, wenn der Zeitraum auch kurz ist. Nur bitte ich Dich die Zeit mir ganz zu schenken. Ich bin von allen Seiten sehr pressirt. –
Vor dem letzten Junius reise ich wahrscheinl.[ich] nicht. Sobald ichs gewiß weiß, schreibe ich bestimmter. Recht bald. – Reise nur nicht nach Artren. Nach Dürrenberg, das schadet nichts weil das auf dem halben Wege nach Giebich.[enstein] wäre, wo ich ohnehin auch einige Tage zubringe. – In Kösen wär’s schon nicht so gut. Doch ists allenthalben gut, wo wir beysammen sind.
Ich habe viel neue Hefte. Ob ich sie Dir geben kann, weiß ich nicht, da ich wahrscheinl.[ich] meine Koffer vorweg schicke und zu Fuß komme. Doch möglich ists auch anders. – Nur mache, daß keine Zeit verlohren geht, ehe wir zusammen kommen.
Ich habe in der Phil.[osophie] jetzt wieder eben so große Fortschritte gemacht, wie zu Anfang des Winters. Du kannst nicht größer von meinen phil.[osophischen] Entwürfen denken als ich selbst. Nur denke [nicht], ich träume, auf irgend eine Art der Letzte oder Einzige seyn zu wollen. Darin liegt eben meine Kraft, daß ich das nicht will.
Nun mußt Du mir aber auch gewiß nach Berlin wenigstens Hefte schicken, aphoristisch oder systematisch, wie Du willst. Ich bin gewiß, ich könnte von Dir, von Deinem geschriebenen Du eben soviel lernen als von Fichte. Auch in Betreff des Meisters halt’ ich Dich beym Wort.
Schell.[ing] übertreff ich gewiß so weit an Kraft, als Fichte leider bis jetzt noch mich. Sein Buch bringe ich Dir mit, wenn ich nicht zu Fuß komme. –
Das Lyceum worin ein langer Aufsatz von mir, habe ich selbst nicht; sonst schickte ich Dirs. – Ich glaube das ist der Republikanismus, den Du meynst.
Mein Leiden laß Dich nicht allzu sehr bekümmern. Es ist von der alltäglichen Art. In Jahresfrist komm ich wohl wieder hier in die Gegend.
Du schriebst letzthin von Proben des Zutrauens. Willst Du sie nicht lieber gleich so bald wie möglich fodern?
Ich umarme Dich herzlich.
Friedr. Schl.
Viele Grüße von den Meinigen und Fichte. – Empfiehl mich den Deinigen.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 21. Juni 1797
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Novalis ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Wiederstedt · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 373‒374.
Language
  • German

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