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Friedrich von Schlegel to Auguste Böhmer

Berlin den 25. Jul. 97
Ich freue mich über Deinen Brief, liebe Auguste, ob er gleich eben so naseweis als kurz ist, weil er doch beweißt, daß das gute Kind froher Laune ist, wenn es auch unartig seyn konnte. Aber ich bin nicht froh, Auguste, denn ich kann meine Freunde nicht so bald vergessen, die Mutter und Wilhelm und Dich, wie Ihr es wohl könnt, Du nicht minder wie die Mutter. Sag nur der Mutter, ich wäre recht böse auf sie, daß sie mir nicht geschrieben hätte, und ich wäre recht unglücklich. Ich möchte oft mein ganzes Leben mit einem Seufzer von mir stoßen. Uebrigens aber rechne ich Dir Deine kleine in Briefform gebrachte Impertinenz keineswegs für einen Sonntagstermin an, und zähle sorgfältig nach. Wenn Du mir schreiben willst, oder etwas von Deinen Griechischen Herrlichkeiten schicken, und die Mutter hat keine Gelegenheit: so schreib Du mir nur unfrankirt, welches recht gut eingeht. So viel kann ich noch bezahlen. Nur muß es hübsch viel seyn.
Nun hast Du es sogar auch nach Dresden ausposaunt, daß Du vielleicht einmahl Griechisch können wirst? Wenn Du es nun nicht lernst, so kannst Du allenthalben Trauerbriefe hinschreiben, es hätte nicht gehn wollen. Wenn Du recht fleißig bist, so wirst Du vielleicht in 8–10 Jahren so viel Griechisch verstehn, als die Fr. v. Humbold. Die hat es aber noch niemand ausposaunt, vielmehr ein Geheimniß draus gemacht. Daran hat sie sehr Recht gethan, weil die Leute, die in allen Stücken so handeln und denken, wie alle andern, alles Ungewöhnliche lächerlich finden. Daraus muß sich niemand etwas machen, aber warum sollte man Veranlaßung dazu geben? – Auch könnten Vernünftige leicht denken, Du wolltest nur gelobt werden, wenn Du einen so großen Brasch machst von Etwas, was auch, wenn es schon geschehn wäre, gar nicht viel Aufhebens verdienen würde. Ich meinentheils sehe wenigstens nichts Wundersames darin, wenn Jedermann, Alt und Jung, Mädchen und Mann, so viel Gutes und Schönes lernt und thut, als er irgend kann.
Nimm mir meine kleine Warnung nicht übel und behalte mich lieb. Schreib mir auch bald wieder und recht viel.
Wenn Du etwa in meinem Brief etwas nicht verstehst, so sprich: dann will ich mich deutlicher erklären.
Friedrich S.
  • Schlegel, Friedrich von  Brief  sich freuen  Böhmer, Auguste
  • Schlegel, Friedrich von  loben  Böhmer, Auguste
Metadata Concerning Header
  • Date: Dienstag, 25. Juli 1797
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Auguste Böhmer ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 3.
Language
  • German

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