Berlin, den 26ten Aug. 97
Äffchen Augustchen,
Deine eben so geistvollen als lehrreichen, eben so lustigen als chronologischen Briefe sind mir nicht nur angenehm, sondern auch nützlich. – Im Ernst, liebes Mädchen, ich danke Dirs recht, daß Du mich in meinem Elende nicht verläßst und mir so ordentlich schreibst. Ich habe allemahl eine rechte Freude, wenn ich das Couvert öffne, und mir ein Blatt von Deinem liebenswürdigen Gekritzel in die Hand fällt.
Du giebst mir von Manchem Unterricht; nur von Louisen schweigst Du, und von den interessanten Verkleidungen, die Ihr beym Sonntagscaffee ausdenkt und ausführt. Auch vermisse ich die Liste von den Büchern, die Du in der letzten Woche gelesen hast. Wenn Du einmal so viel lesen willst, so wähle nur lauter vornehme, klassische Bücher; nicht so gemeines, alltägliches Zeug, niedern Pöbel der Bücher. –
Nach dem, was Du mir immer von Deinen Fortschritten im Griechischen schreibst, wird Dir die Sprache bald zu enge werden, und sich vor Dir verkriechen. Wenn nur Wilhelm auch so zufrieden mit Dir ist, wie Du mit Dir selbst? – Wenn Du erst ein Buch von Herodot recht fleißig und sorgfältig durchgelesen hast, so wird er Dir gar keine Mühe mehr machen, und nachher wirst Du den Homer nicht zu schwer finden.
Eine gewisse Mlle. Loos oder Lose, die mit Viewegs gekommen ist, und mit uns verwandt seyn will, läßt Dich schönstens grüßen. Weil sie sagte, sie kennte Dich, und Du wärest ein sehr hübsches (– damit Du aber nicht eitel wirst, will ich auch einschieben was ich ihr antwortete: „hübsch eben nicht, aber sehr liebenswürdig“) Mädchen, so habe ich mich mit ihr unterhalten; finde sie aber doch sehr braunschweigisch.
Die Liebeskind sehe ich ziemlich oft, finde aber sie und ihr Kind nichts weniger als lieblich. Neulich mußte ich ihren Namen in ein Gesellschaftsbuch einschreiben. Da schrieb ich: Liebeskind: die Liebe, sagte ich, könte nie zu groß seyn; Kinder aber wären klein. Das hätte sie bald übel genommen.
Die Herz, eine alte Freundin von mir (das ist so zu verstehen: die Freundschaft ist jung, aber die Freundin ist alt. Mit Dir wäre es grade umgekehrt. Da ist die Freundschaft alt und die Freundin jung. Das ist auch weit mehr nach meinem Geschmack) – hat mir auf die Sakramente geschworen – und sie ist eine Jüdin – daß sie an der Jenischerey gar keinen Antheil hätte. Sag das der Mutter. Es ist wirklich die Wahrheit.
Was Du im Postscript von den Berliner Frauen und meinem Verhältniß zu ihnen andeutest, hat mich betrübt und erstaunt. Gottloser Schelm! – möchte ich zu Dir sagen, wie Apollo zu dem kleinen Hermes. Ich habe Dich lieber, als Du verdienst. Nun bist Du schon übermüthig und trotzest. Das betrübt mich! Du hast also auch die Ähnlichkeit mit der Mutter; eine mehr als türkische Eifersucht. Das erfreut mich! – Es geschieht alles um Deinetwillen, Auguste, damit ich nähmlich in der Anmuth wachse, wie mir die Mutter immer gepredigt hat, und wie ich nun tichte und trachte von ganzer Seele und von ganzem Gemüthe; damit ich Dir nicht mehr so rauh begegne, wie wohl sonst, wenn wir wieder beisammen sind.
Ich verspreche Dir auch, daß ich Dir alles berichten will, wenn mich eine Frau liebt (– wenn ichs nähmlich erfahre) – oder dergl.: denn daß ich eine liebe, wird wohl so leicht nicht vorkommen. Übrigens hätte ich wohl so gut Ursache zur Eifersucht wie Du: der vielen Campenhausens nicht zu erwähnen, so ist da Grieß, der Kleine, und Eschen, der Junge. –
Willst Du nicht etwa am Attischen Museum Antheil nehmen?Du bekömmst für den Bogen 10 rh. Doch wäre es nicht überflüßig, wenn Du vorher lernen wolltest, die Deutsche Orthographie ein wenig weniger liberal behandeln.
Wenn die Mutter nicht selbst an mich schreibt, so solltest Du mir immer recht viel von ihr schreiben, was sie gesagt hat, ob sie lustig ist, ob sie von Wespen gestochen ist, oder von andern Ungeheuern, ob sie einen Roman schreibt oder dergl. Vor allen Dingen, bitte sie aber immer und suche sie zu bereden, daß sie mir schreibt.
Dein Dir bis in den Tod Getreuer Fritz.
Äffchen Augustchen,
Deine eben so geistvollen als lehrreichen, eben so lustigen als chronologischen Briefe sind mir nicht nur angenehm, sondern auch nützlich. – Im Ernst, liebes Mädchen, ich danke Dirs recht, daß Du mich in meinem Elende nicht verläßst und mir so ordentlich schreibst. Ich habe allemahl eine rechte Freude, wenn ich das Couvert öffne, und mir ein Blatt von Deinem liebenswürdigen Gekritzel in die Hand fällt.
Du giebst mir von Manchem Unterricht; nur von Louisen schweigst Du, und von den interessanten Verkleidungen, die Ihr beym Sonntagscaffee ausdenkt und ausführt. Auch vermisse ich die Liste von den Büchern, die Du in der letzten Woche gelesen hast. Wenn Du einmal so viel lesen willst, so wähle nur lauter vornehme, klassische Bücher; nicht so gemeines, alltägliches Zeug, niedern Pöbel der Bücher. –
Nach dem, was Du mir immer von Deinen Fortschritten im Griechischen schreibst, wird Dir die Sprache bald zu enge werden, und sich vor Dir verkriechen. Wenn nur Wilhelm auch so zufrieden mit Dir ist, wie Du mit Dir selbst? – Wenn Du erst ein Buch von Herodot recht fleißig und sorgfältig durchgelesen hast, so wird er Dir gar keine Mühe mehr machen, und nachher wirst Du den Homer nicht zu schwer finden.
Eine gewisse Mlle. Loos oder Lose, die mit Viewegs gekommen ist, und mit uns verwandt seyn will, läßt Dich schönstens grüßen. Weil sie sagte, sie kennte Dich, und Du wärest ein sehr hübsches (– damit Du aber nicht eitel wirst, will ich auch einschieben was ich ihr antwortete: „hübsch eben nicht, aber sehr liebenswürdig“) Mädchen, so habe ich mich mit ihr unterhalten; finde sie aber doch sehr braunschweigisch.
Die Liebeskind sehe ich ziemlich oft, finde aber sie und ihr Kind nichts weniger als lieblich. Neulich mußte ich ihren Namen in ein Gesellschaftsbuch einschreiben. Da schrieb ich: Liebeskind: die Liebe, sagte ich, könte nie zu groß seyn; Kinder aber wären klein. Das hätte sie bald übel genommen.
Die Herz, eine alte Freundin von mir (das ist so zu verstehen: die Freundschaft ist jung, aber die Freundin ist alt. Mit Dir wäre es grade umgekehrt. Da ist die Freundschaft alt und die Freundin jung. Das ist auch weit mehr nach meinem Geschmack) – hat mir auf die Sakramente geschworen – und sie ist eine Jüdin – daß sie an der Jenischerey gar keinen Antheil hätte. Sag das der Mutter. Es ist wirklich die Wahrheit.
Was Du im Postscript von den Berliner Frauen und meinem Verhältniß zu ihnen andeutest, hat mich betrübt und erstaunt. Gottloser Schelm! – möchte ich zu Dir sagen, wie Apollo zu dem kleinen Hermes. Ich habe Dich lieber, als Du verdienst. Nun bist Du schon übermüthig und trotzest. Das betrübt mich! Du hast also auch die Ähnlichkeit mit der Mutter; eine mehr als türkische Eifersucht. Das erfreut mich! – Es geschieht alles um Deinetwillen, Auguste, damit ich nähmlich in der Anmuth wachse, wie mir die Mutter immer gepredigt hat, und wie ich nun tichte und trachte von ganzer Seele und von ganzem Gemüthe; damit ich Dir nicht mehr so rauh begegne, wie wohl sonst, wenn wir wieder beisammen sind.
Ich verspreche Dir auch, daß ich Dir alles berichten will, wenn mich eine Frau liebt (– wenn ichs nähmlich erfahre) – oder dergl.: denn daß ich eine liebe, wird wohl so leicht nicht vorkommen. Übrigens hätte ich wohl so gut Ursache zur Eifersucht wie Du: der vielen Campenhausens nicht zu erwähnen, so ist da Grieß, der Kleine, und Eschen, der Junge. –
Willst Du nicht etwa am Attischen Museum Antheil nehmen?Du bekömmst für den Bogen 10 rh. Doch wäre es nicht überflüßig, wenn Du vorher lernen wolltest, die Deutsche Orthographie ein wenig weniger liberal behandeln.
Wenn die Mutter nicht selbst an mich schreibt, so solltest Du mir immer recht viel von ihr schreiben, was sie gesagt hat, ob sie lustig ist, ob sie von Wespen gestochen ist, oder von andern Ungeheuern, ob sie einen Roman schreibt oder dergl. Vor allen Dingen, bitte sie aber immer und suche sie zu bereden, daß sie mir schreibt.
Dein Dir bis in den Tod Getreuer Fritz.