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Friedrich von Schlegel to Auguste Böhmer

Es ist recht brav von Dir, daß Du mir so oft schreibst. Wenn ich Dir auch nicht jedesmahl gleich antworte, so bin ich doch sehr dankbar dafür, und schreibe gewiß, wenn es nur möglich wäre. – Hast Du es nicht schon beym Empfang dieses gethan, so schreib mir ja gleich, wie sich die Mutter befindet. Wohl habe ich an ihrem Geburtstage besonders an Sie gedacht, wie Du mir 8 Tage hinterdrein noch einschärfst; doch denke ich alle Tage an Euch und brauche keine besondern Feste.
Deine Fortschritte im Griechischen freun mich sehr. Wie schön wird es seyn, wenn ich einmahl wieder mit Dir beysammen sitzen werde, und Griechisch lesen, wo Du denn wohl schon so viel wissen wirst, als ich. Wenn nur Dein Eifer nicht nachläßt. Das besorge ich immer noch. –
Auch freue ich mich sehr, daß Du so groß wirst und daß mit so schnellen Schritten. Ich schließe es aus manchen andern Umständen, und auch weil Du so gelehrt von Eifersucht und Nicht-Eifersucht, von Ich vergessen und Du vergessen durch einander redest, daß mir ganz schwindlicht wird. – Ich liebe Dich und dabey bleibts. Damit Gott befohlen und nun quängle mir weiter nichts vor.
Frage doch Niethammer, ob seit dem IVten Stück wieder neue Stücke vom philosophischen Journal herausgekommen sind, und besorge sie mir mit den übrigen Sachen.
Bey Wilhelm entschuldige mich bestens. Ich schreibe ihm gewiß nächsten Posttag recht weitläufig. – Heute thue ichs nur, um die Gelegenheit zu nutzen, und entziehe mir die Zeit von einer sehr angenehmen Gesellschaft. –
Ueber Deine Uebersetzung schreibe ich Dir erst, wenn ich mehr und gründlicher habe vergleichen können. Schreibs lieber so, daß ich an dem Rand was dazuschreiben kann. Es findet sich ja oft Gelegenheit es zurückzuschicken. Daß das letztemahl ein Brief kam und nicht wieder Herodot, war mir sehr lieb: denn ich dachte schon, Du hättest Dir den Herodot so als einen Ersatz ausgedacht. – So weit ich jetzt urtheilen kann, bin ich aber sehr gut zufrieden. –
Was Du mir ein Paarmahl von Lotte geschrieben hast, hat mich zu lachen gemacht, aber nicht gewundert. Die meisten Mädchen, die so eitel und eingebildet sind, wie Lotte, sind natürlich auch eben so albern, nur tragen sie ihre Albernheit nicht so zur Schau. Das ist aber eigentlich hübsch von ihr, daß sie das thut. –
Grüße Fichten vielmahls von mir.
Es ist mir so vorgekommen, oder es hat mich so verdünken wollen, als ob Ihre Nasenweisheit bisweilen geruhten, mich mit meiner Zärtlichkeit gegen Sie zum Besten zu haben. Wollten Eure Nasenweisheit das wohl bleiben lassen? –
Lebewohl, liebes Kind. Bey Deinen schnellen Fortschritten bist Du gewiß, wenn ich Dich wiedersehe, schon nicht mehr so ein drolliges Mittelding von Kind und Mädchen, sondern ein ganzes completes Mädchen. Ich werde Dir dann ehrfurchtsvoll die Hand küssen, Dich aber doch gleich wieder Du nennen und Dich mit Deiner gütigen Erlaubniß an mein Herz drücken.
Dein Friedrich.
Höre, machs wie die Mutter, und zeige Niemand, was Du mir schreibst.
Metadata Concerning Header
  • Date: Mitte September 1797
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Auguste Böhmer ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 15‒16.
Language
  • German

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