Berlin den 28ten May 98
Wir leben hier sehr vergnügt, liebe Auguste, und was mich betrifft, auch sehr fleißig, weil das 2te Stück vom Athenäum noch nicht ganz fertig ist.
Die beyden Aushängebogen bitte ich die Mutter sobald sie sie gelesen hat, an Hardenberg zu schicken.
Gestern Abend waren wir bey Ifflands, heute Abends sind wir hier, morgen Abend sind wir bey Nicolai und so geht das immer fort. Wenn Wilhelm nicht alle Abend in die Komödie ginge, wo ich dann arbeiten kann, so hielte ichs gar nicht aus. Ich schlafe des Nachts meist immer bey ihm hier im Thiergarten.
Das ist alles recht gut, aber Du und die Mutter Ihr seyd doch nicht da. Du wirst sagen, um so mehr soll ich gleich mit Wilhelm kommen, oder Du willst böse werden. Das thu nur ja nicht. Ich komme und komme bald; aber mit Wilhelm, das geht nicht. Zu manchen angefangnen Arbeiten ist schon alles beysammen, was ich in Dresden nicht haben kann. Auch geht Anfangs doch einige Zeit verloren, und es ist jetzt nicht zu säumen. Ehe das IVte Stück des Athenäum nicht gedruckt oder doch ganz druckfertig ist, habe ich keine Ruhe. Mit Schleiermacher lebe ich sehr glücklich zusammen, und trenne mich sehr ungern von ihm. Nun hat er diesen Sommer auch eine Reise zu machen. Kannst Du es mir verargen, daß ich lieber mit ihm zugleich reisen will, als ihn zweymal nach einander entbehren. Du siehst, daß ich Gründe habe, warum ich nicht gleich kommen will. Wenn ich aber auch keine anführte, so solltest Du doch nicht böse werden, so wenig als ich auf Dich, daß Du nicht hiehergekommen bist. Sey versichert, daß der Umgang keines Menschen mir lieber ist, als der Deinige. Erwachsne wissen und verstehn mehr wie Du: aber Du hast es wohl an mir bemerken können, daß ich andre Dinge höher schätze, und daß ich eben so gern mit Dir spreche wie mit der Mutter. – Du kannst es noch nicht recht wissen, daß es Rücksichten und Gedanken giebt, die es einem so unmöglich machen, etwas, was man an sich wohl könnte, zu thun, als ob man nicht die Kräfte und die Mittel dazu hätte. – Wenn ich hier auch in der unangenehmsten Lage lebte, und keinen Freund hier hätte, so würde ich doch nicht anders kommen nach Dresden, als wie ich es schon lange bestimmt habe.
Nun wirst Du sagen, „das ist ein recht ernsthafter Brief". – Das mußt Du Dir selbst zuschreiben, wenn er Dir zu ernsthaft ist. Du scheinst mir eine sehr vernünftige Person geworden zu seyn, nicht als ob Du es nicht schon vorigen Frühjahr wärest, aber jetzt doch mehr. Und dann hast Du mir gedroht, böse auf mich zu seyn. – Ich müßte alles Meinige dazu thun, daß Du diesen Vorsatz nicht ausführtest.
Wie geht es Dir in den Dresdner Gesellschaften? Hast Du nicht mitunter Langeweile darin? Das ist nicht übel, die muß man auch haben können, und ich habe sie – unter uns gesagt – eben da bisweilen geübt und gelernt. –
Grüße die Mutter, Charlotte und die kleinste Auguste.
Dein Friedrich.
Wir leben hier sehr vergnügt, liebe Auguste, und was mich betrifft, auch sehr fleißig, weil das 2te Stück vom Athenäum noch nicht ganz fertig ist.
Die beyden Aushängebogen bitte ich die Mutter sobald sie sie gelesen hat, an Hardenberg zu schicken.
Gestern Abend waren wir bey Ifflands, heute Abends sind wir hier, morgen Abend sind wir bey Nicolai und so geht das immer fort. Wenn Wilhelm nicht alle Abend in die Komödie ginge, wo ich dann arbeiten kann, so hielte ichs gar nicht aus. Ich schlafe des Nachts meist immer bey ihm hier im Thiergarten.
Das ist alles recht gut, aber Du und die Mutter Ihr seyd doch nicht da. Du wirst sagen, um so mehr soll ich gleich mit Wilhelm kommen, oder Du willst böse werden. Das thu nur ja nicht. Ich komme und komme bald; aber mit Wilhelm, das geht nicht. Zu manchen angefangnen Arbeiten ist schon alles beysammen, was ich in Dresden nicht haben kann. Auch geht Anfangs doch einige Zeit verloren, und es ist jetzt nicht zu säumen. Ehe das IVte Stück des Athenäum nicht gedruckt oder doch ganz druckfertig ist, habe ich keine Ruhe. Mit Schleiermacher lebe ich sehr glücklich zusammen, und trenne mich sehr ungern von ihm. Nun hat er diesen Sommer auch eine Reise zu machen. Kannst Du es mir verargen, daß ich lieber mit ihm zugleich reisen will, als ihn zweymal nach einander entbehren. Du siehst, daß ich Gründe habe, warum ich nicht gleich kommen will. Wenn ich aber auch keine anführte, so solltest Du doch nicht böse werden, so wenig als ich auf Dich, daß Du nicht hiehergekommen bist. Sey versichert, daß der Umgang keines Menschen mir lieber ist, als der Deinige. Erwachsne wissen und verstehn mehr wie Du: aber Du hast es wohl an mir bemerken können, daß ich andre Dinge höher schätze, und daß ich eben so gern mit Dir spreche wie mit der Mutter. – Du kannst es noch nicht recht wissen, daß es Rücksichten und Gedanken giebt, die es einem so unmöglich machen, etwas, was man an sich wohl könnte, zu thun, als ob man nicht die Kräfte und die Mittel dazu hätte. – Wenn ich hier auch in der unangenehmsten Lage lebte, und keinen Freund hier hätte, so würde ich doch nicht anders kommen nach Dresden, als wie ich es schon lange bestimmt habe.
Nun wirst Du sagen, „das ist ein recht ernsthafter Brief". – Das mußt Du Dir selbst zuschreiben, wenn er Dir zu ernsthaft ist. Du scheinst mir eine sehr vernünftige Person geworden zu seyn, nicht als ob Du es nicht schon vorigen Frühjahr wärest, aber jetzt doch mehr. Und dann hast Du mir gedroht, böse auf mich zu seyn. – Ich müßte alles Meinige dazu thun, daß Du diesen Vorsatz nicht ausführtest.
Wie geht es Dir in den Dresdner Gesellschaften? Hast Du nicht mitunter Langeweile darin? Das ist nicht übel, die muß man auch haben können, und ich habe sie – unter uns gesagt – eben da bisweilen geübt und gelernt. –
Grüße die Mutter, Charlotte und die kleinste Auguste.
Dein Friedrich.