Du böses Kind antwortest mir gar nicht, und hältst mir noch obendrein Strafpredigten. Ich hoffe jedoch mit Zuversicht, Du wirst Dich bessern und mir bald einen recht langen Brief schreiben. In dieser Hoffnung will ich Dir allerley Lustiges erzählen, was Du der Mutter, wenn Du willst, vorlesen kannst.
Zuerst von der Ungeheuern. Sie schrieb mir nur immer Briefe, worin viel unnützes stand, mitunter recht grob, besonders die lezte Zeit. Ich meldete ihr also vor einigen Tagen, ich würde nichts mehr nehmen noch erbrechen. Was thut sie? Ich sitze oben auf Ungers Bibliothek und schreibe an dem Catalogus, in einem weiten Überrock. Sie kommt mit Tieck und Schleiermacher herauf und weiß mir, ehe ich michs versehe, zwey beschriebene Carten auf den Catalogus zu practisiren, und schlüpft wieder zur Thür heraus. Ich bin sehr zornig, daß sie mich so zwingen will, mit ihr zu correspondiren. Ich wickle also die ganze Geschichte in Gegenwart des kleinen Wilhelm, der mir hilft bey der Bibliothek, in ein weißes Papier und stecke es in Grossens Erzählungen und stelle ihr die herunter in ihre Handbibliothek. – O es ist eine große Lust, wie Hamlet sagt, noch zehn Ellen tiefer und pfiffiger zu graben, wie unser Feind. – Nun werde ich ihr bey Gelegenheit im Vertrauen melden, wo der Hund begraben liegt, und daß ich ihr Zeug nicht gelesen habe: aber nicht so gradezu, sondern so wie Hamlet dem Könige über die Leiche Polonius Rechenschaft giebt. – Apropos, den Hamlet kannst Du auch lesen, obgleich Du ihn nicht ganz verstehn wirst. Ein Schicksal, daß Du mit mir und vielen andern verständigen Personen theilst!
Höre, an Charlotte und an die Mutter habe ich geschrieben, oder doch so gut als geschrieben. Nun moralisire also nur nicht weiter. Wie bist Du auch dazu gekommen? Die Moral ist ja sonst gar nicht Deine Liebhaberey.
Noch eins. Neulich begegne ich Iffland zur Zeit des Theaters. Er ist äußerst freundschaftlich, spricht beständig von Wilhelm, von Caroline und Hamlet, und nimmt mich mit ins Theater. Da habe ich auf lange genug gehabt. Es war der Baum der Diana; eine niedliche, leichte Musik, die aber auch leicht und niedlich und italiänisch gegeben werden muß. Und war alles so schwerfällig und so schläfrig und so unitaliänisch. – Und vorher noch die Langeweile, ehe der Vorhang aufging. Ich saß mitten zwischen einer Menge Gensd’armesofficiere, die nicht da waren um das Stück zu sehen, sondern nach dem Stück Lerm zu machen. Da hörte ich immer um mich: Neunzehne sind die schon, und heute Abend sieht man doch mal die junge Armee. Ich dachte, es wären Handwerksburschen mit Epauletten. Nun kam der dicke platte Unzelmann und schnitt grobe Gesichter, und die Gensd’armerie lachte, daß es krachte. Die Gemeinheit trat mir ordentlich an die – und versetzte mir den Athem. Nach dem zweyten Akt machten sie endlich immer die Thüren des Parterres auf, es drang eine schneidend kalte Luft hinein und mein Zustand fing an unerträglich zu werden. Ich stürzte hinaus, sah Iffland draußen auf und abgehn und sich die Hände reiben über den berauschenden [?] Spektakel und rief, wie ich im Freyen, obgleich im Nassen war, denn es regnete: O, che canaglia, che plattitú. Sobald werde ich nun wohl nicht wieder hingehn. –
Tieck ist sehr glücklich verheyrathet, nur klagt er, daß seine liebe Amalie nicht viel Kunstsinn hat. Sie schläft immer ein, wenn er ihr seine Sachen vorliest. Henriette grüßt Dich herzlich, und hat Dich recht lieb. Ich Dich noch mehr.
Friedrich Schl.
Zuerst von der Ungeheuern. Sie schrieb mir nur immer Briefe, worin viel unnützes stand, mitunter recht grob, besonders die lezte Zeit. Ich meldete ihr also vor einigen Tagen, ich würde nichts mehr nehmen noch erbrechen. Was thut sie? Ich sitze oben auf Ungers Bibliothek und schreibe an dem Catalogus, in einem weiten Überrock. Sie kommt mit Tieck und Schleiermacher herauf und weiß mir, ehe ich michs versehe, zwey beschriebene Carten auf den Catalogus zu practisiren, und schlüpft wieder zur Thür heraus. Ich bin sehr zornig, daß sie mich so zwingen will, mit ihr zu correspondiren. Ich wickle also die ganze Geschichte in Gegenwart des kleinen Wilhelm, der mir hilft bey der Bibliothek, in ein weißes Papier und stecke es in Grossens Erzählungen und stelle ihr die herunter in ihre Handbibliothek. – O es ist eine große Lust, wie Hamlet sagt, noch zehn Ellen tiefer und pfiffiger zu graben, wie unser Feind. – Nun werde ich ihr bey Gelegenheit im Vertrauen melden, wo der Hund begraben liegt, und daß ich ihr Zeug nicht gelesen habe: aber nicht so gradezu, sondern so wie Hamlet dem Könige über die Leiche Polonius Rechenschaft giebt. – Apropos, den Hamlet kannst Du auch lesen, obgleich Du ihn nicht ganz verstehn wirst. Ein Schicksal, daß Du mit mir und vielen andern verständigen Personen theilst!
Höre, an Charlotte und an die Mutter habe ich geschrieben, oder doch so gut als geschrieben. Nun moralisire also nur nicht weiter. Wie bist Du auch dazu gekommen? Die Moral ist ja sonst gar nicht Deine Liebhaberey.
Noch eins. Neulich begegne ich Iffland zur Zeit des Theaters. Er ist äußerst freundschaftlich, spricht beständig von Wilhelm, von Caroline und Hamlet, und nimmt mich mit ins Theater. Da habe ich auf lange genug gehabt. Es war der Baum der Diana; eine niedliche, leichte Musik, die aber auch leicht und niedlich und italiänisch gegeben werden muß. Und war alles so schwerfällig und so schläfrig und so unitaliänisch. – Und vorher noch die Langeweile, ehe der Vorhang aufging. Ich saß mitten zwischen einer Menge Gensd’armesofficiere, die nicht da waren um das Stück zu sehen, sondern nach dem Stück Lerm zu machen. Da hörte ich immer um mich: Neunzehne sind die schon, und heute Abend sieht man doch mal die junge Armee. Ich dachte, es wären Handwerksburschen mit Epauletten. Nun kam der dicke platte Unzelmann und schnitt grobe Gesichter, und die Gensd’armerie lachte, daß es krachte. Die Gemeinheit trat mir ordentlich an die – und versetzte mir den Athem. Nach dem zweyten Akt machten sie endlich immer die Thüren des Parterres auf, es drang eine schneidend kalte Luft hinein und mein Zustand fing an unerträglich zu werden. Ich stürzte hinaus, sah Iffland draußen auf und abgehn und sich die Hände reiben über den berauschenden [?] Spektakel und rief, wie ich im Freyen, obgleich im Nassen war, denn es regnete: O, che canaglia, che plattitú. Sobald werde ich nun wohl nicht wieder hingehn. –
Tieck ist sehr glücklich verheyrathet, nur klagt er, daß seine liebe Amalie nicht viel Kunstsinn hat. Sie schläft immer ein, wenn er ihr seine Sachen vorliest. Henriette grüßt Dich herzlich, und hat Dich recht lieb. Ich Dich noch mehr.
Friedrich Schl.