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Friedrich von Schlegel to Caroline von Schelling

Quell nobil alma
Che giammai curó rime ne versi.
Denken Sie nur nicht, daß mein Gehorsam etwas andres ist als Gehorsam, romantischer Gehorsam. – Nach den Leuten frage ich gar nichts, denn ich schreibe das Buch aus Religion, wie jedes andre; und wenn sie mirs dießmal zu toll machen, so schreibe ich sogleich meine Bibel, und dann versichre ich Ihnen soll von der Luc.[inde] nicht mehr die Rede seyn.
Wenn Wilhelm die Luc.[inde] durchaus als Roman oder Unroman beurtheilen will, so sollte ichs wohl zur Bedingung machen, daß er den Cervantes gelesen hätte, nicht den Don Quix.[ote] allein. Der gehört mehr in die Sphäre, <für> die ich aus guten Gründen den Namen Novelle gewählt; sondern die Novelas, noch mehr den Persiles und am meisten die Galatea. (Witziger als die letzte soll die Luc.[inde] nicht seyn – das Ganze hat eine witzige Form und Construction. Wegen des <realen> Witzes den W.[ilhelm] zu erwarten scheint, assignire ich ihn auf die Novellen. Hier würde das gegen meine Absicht streiten und den Ton so verderben wie eingestreute Lieder. Die Stelle vom Witz gegen die es W.[ilhelm] hat, ist die welche Tieck im ganzen Buch am meisten lobt.)
Eben so würde ich auch nicht gern mit einer Frau über Romane reden, von der ich nicht notorisch wüßte, daß sie alle Engländischen Romane verabscheut, oder was ich noch vorziehen würde, keinen derselben gelesen hat. – Cervantes postulire ich nicht, wie von jedem Manne, denn ich glaube, Ihr habt jede und alle Einen Roman in Euch, der noch <etwas> ächter ist als jene vier ächten und sie alle umfaßt.
Seit dem Evangelium Eurer Ankunft legt sich Iffland ordentlich auf die schönen Künste. Er scandirt im Piccol.[omini], er grüßt mich aus der weitesten Ferne, er spielt wieder idealisch (d.h. in Gedanken den Hamlet), kurz er wird elegant.
Wegen der kritischen Schriften hat der Herr <Bruder> siebenmal neunmal Recht. Ueber Humbold und Schiller haben wir sehr gelacht.
Wir haben Lust Euch nach Potsdam entgegen zu kommen; Ihr müßtet es dann als Vorkost genießen in 1, 2 Tagen. Vielleicht ist Schl[eiermacher] noch da. – Ich brächte auch wohl die Levi mit. Diese ist höchst betrübt und schimpft, daß Ihr so spät kommt. Sie hatte die Idee, daß sie sich von Eurem Hierseyn an bey Euch auf eine Zeitlang in Kost dingen wollte. Der Gedanke macht ihr viel Ehre und ich achte sie seitdem mehr. Ich fürchte nur, sie würde Fichten viel Abbruch thun.
Das liebenswürdige Kind soll immer an mich schreiben, wenn sie toll ist. Ich wills immer thun, wenn ich vernünftig bin; heute ist das nicht. <Den nächsten Dienstag will> ichs seyn.
Henriette ist nun mündig und mag für sich selbst reden.
Es freut mich sehr, daß W[ilhelm] sich in Rücksicht des Geldes zu helfen gewußt. Ich muß mich anklagen wegen der 5 Ldrs., daß Ihr sie theils durch meine Krankheit, theils durch Nachlässigkeit so spät erhaltet. Hoffentlich bekommt Ihr sie gleich mit diesem Brief oder wenige Tage nachher.
Die Levi sagt mir eben, daß man in dem Hause, wo Marianne gewohnt, d.h. in der Mitte der Stadt wenige Schritte vom Theater drey Zimmer und eine Kammer für 3 Ldrs auf einen Monat haben könne. – Uebrigens wird sie die gutlebensartige Einkleidung zu diesem Vorschlag an die U[nger] wohl selbst finden, da es wirklich unbequem für U[nger]s wäre, wenn sie im Garten wohnt, und Ihr in ihrem Hause in der Stadt.
<Leider Gottes kommen die 5 Ldrs erst in einem Posttag. Der Schlingel Fröhlich hat eben kein Geld. Ich habe nämlich nur noch wenig für die Luc.[inde] genommen.>
Metadata Concerning Header
  • Date: Frühmärz 1799
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Caroline von Schelling ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 239‒241.
Language
  • German

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