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Friedrich von Schlegel to Caroline von Schelling

Nur um Gotteswillen nicht auf dem Garten! Das geringste Uebel dabey ist, daß Sie und Auguste äußerst schlecht und unbequem da seyn würden. Denken Sie sich nur, wenn 10–15 Menschen in einem Zimmer, das sie nur eben faßt, bis 12 gegessen und getrunken haben, – Sich nun in dieser mephitischen Luft schlafen zu legen! Wir beyden konnten das zur Noth – aber Sie? – Daß Sie von Berlin so gut wie gar nichts sehn würden, daran verlieren Sie nicht viel. – Aber auch auf Schleiermacher, Tieck, Dorothea müßten Sie dann so gut wie gänzlich verzichten. Da selbst in die schwarze Höhle nur eine bestimmte Anzahl von Menschen ging, so würde ich auch so gut wie gar nichts von Euch haben, und Sie also auch nichts von mir, wenn Sie anders die Absicht haben, etwas von mir zu haben. – Da nun dieß alles so ist, und da ich weiß, daß es nicht Liebe zum Landleben, sondern reine Bosheit gegen mich ist von der alten Katze um Euch ganz von den Menschen zu trennen, und mir das Leben schwer zu machen: so werde ich mich mit Händen und Füßen dagegen sperren. Ich rathe nicht, sondern ich bitte, daß Ihr es abschlagt. Traut mir doch, ich muß ja die Sachen in der Nähe besser sehn. – Uebrigens dächte ich, antwortet Ihr U.[nger], wenn seine Einrichtung unabänderlich gemacht wäre, so wolltet ihr eine Chambre garnie in der Nähe des Theaters nehmen, wo Ihr Euch denn doch immer sehn könntet. Das läßt sich ja so freundschaftlich einkleiden. – Denn das ist auch ein schlimmer Umstand, daß die Gartenwohnung so weit vom Theater ist, daß Sie nur mit Anstrengung hin und her gehn könnten; bey der geringsten Hitze oder bey Staub und Schmutz gar nicht. Von Dor.[othea] ists kaum halb so weit.
Eine Chambre garnie – aus Schonung für die welche nicht die geringste verdient. Es müßte schlimm seyn, wenn ich nicht für 20 rh. auf vier Wochen drey ordentliche Zimmer bekäme, worunter eins elegant meublirt. Laß es aber auch dreißig kosten. W.[ilhelm] wird mir schon erlauben diesen unendlich kleinen Theil meiner großen Schuld abzutragen. Lieber als daß Ihr da auf dem Garten wohnen möchtet, wollte ich, Ihr kämt gar nicht.
Sie wissen gar nicht, was es für eine Creatur ist, Katze ist viel zu gut. Unter andern hat sie nicht einmal Lebensart, und hat mich den ganzen Winter nicht ein einziges mal gebeten. Nicht einmal mit Schützens. Bey so bewandten Umständen nehme ich mir die Freyheit, heute an U.[nger] ein Billet darüber zu schreiben. Das ist auch das mildeste, eigentlich hätte sie verdient, daß ich ihr schriebe.
Nun genug von der fatalen Geschichte. Noch eins. Sie hat auch ein Billet von mir an U.[nger] untergeschlagen. Denselben Tag, da ich W[ilhelm]’s Brief mit dem Auftrag wegen der 10 Ldrs erhielt, schrieb ich ein solches an ihn, worin ich zugleich beklagte, daß ich ihn den Abend vorher wieder nicht getroffen. Nun hatte sie ihm davon wahrscheinlich nie gesagt, damit er meine Besuche recht selten finden sollte, und wollte der Frage ausweichen, warum sie es nicht gesagt. – In der Anwort an W. habe ich der Besorgung der 10 Ldrs nicht erwähnt, weil ich glaubte, das verstehe sich von selbst. – Möglich ists daß das Billet im Comptoir verloren gegangen, aber sehr unwahrscheinlich.
Daß ichs nicht weiß, daß U.[ngers] Euch so hold –
Metadata Concerning Header
  • Date: Frühmärz 1799
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Caroline von Schelling ·
  • Place of Dispatch: Berlin · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 242‒243.
Language
  • German

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