Leipzig den 16ten April.
Das ist nun aus all’ den schönen Plänen geworden, daß ich hier noch immer size, während ihr mich in Herrlichkeit und Freuden glaubt. Ich habe Dir gesagt, daß ich einen Gesellschafter nach Jena gefunden hatte. Ich sollte gestern mit ihm abreisen. Unterdessen ist mir angezeigt worden, daß ich mich den 18ten zur Reise nach Wien bereiten müßte; und so wäre mir kaum Zeit geblieben recht die Augen dort aufzuthun. Ich habe durch Frommann noch einige Worte von Carolinen bekommen, sie erwarten mich heute Mittag, und erhalten erst morgen meinen Brief. Ich habe die Lucinde mitgeschickt. Ich denke, es war Friedrichs Absicht sie ihnen mitzutheilen; ich rechne in Wien auf ein fertiges Exemplar wie mir verheißen worden. Ich habe Carolinen geschrieben wie ihr späteres kommen euch alle so ungeduldig mache, und Gott möge es ihnen vergeben was sie für Iffland thun.
Nach Dresden kann ich nicht, weil ich nicht einmahl einen Menschen hier finde, der Zeit hätte mich vors Thor zu begleiten. Sie sind alle so geschäftig, und rennen und laufen durcheinander, daß mir der Kopf schwindelt. Allein zu fahren habe ich nicht Muth, und so ennuyire ich mich noch einige Tage als Vorbereitung zum großen Ennui der Reise, die ich mit zwei mir ganz fremden Männern mache. Ich werde mir alle Mühe geben wenigstens einen ganzen Tag in Dresden zu bleiben. –
Gestern war ich zu einem Souper beim Bankier Ludwig, mit Menschen, Lüstre’s und Eleganz. Unter andern war Bertuch aus Weimar dort; der repräsentirte mir auf einmahl das ganze Berlin; der ist wie Nikolai und Rosenstiel zusammen. Er war bei Tische mein Nachbar, ohne mich zu kennen, und sprach mit einem Leipziger Arzt über Fichte und alle neueren Philosophen. Fichte’s Benehmen ward sehr lächerlich gemacht. Weiß Gott wie Schelling mit Fichte’s leztem Streit zusammenkommt, genug der kam auch an die Reihe, Bertuch nahm ihn aber seiner gründlichen Kenntnisse halber noch etwas in Schuz. Der Arzt erzählte wie er Schelling hier in Leipzig als Kranken behandelt und wie wunderlich dieser sich dabei geberdet. Da sagte Bertuch: Ja ja, die Weltweisen sind selten Weltkluge! und das gefiel ihm selbst so wohl, daß er es noch dreimal sagte. Ich hätte gar zu gern nach den Schlegels gefragt, aber mir fehlte der Muth. Einmal adressirte er sich gar an mich und sprach davon wie die neueren Philosophen Gerüste bauen, ohne an Häuser zu denken, welche doch der eigentliche Zweck der Gerüste wären. Weil ich nicht recht wußte was darauf zu sagen war, und theils um mir einen Spas zu machen, wollte ich ganz beherzt ihn um seine Meinung über die beiden Schlegels fragen – in dem Augenblick kömmt der Wirth des Hauses zu ihm und sagt ihm ganz leise ins Ohr ob er wohl wüßte, daß er neben einer Tochter von Mendelssohn säße? Bertuch bedankte sich sehr für diese Nachricht, als ob er dadurch einer großen Gefahr entgangen wäre! Du kannst Dir denken wie lächerlich mir das war, und ganz besonders als er auf einmahl einen großen Panegyrikus auf Mendelssohn anstimmte. –
Was hilft das alles, ich bin sehr verdrüßlich über mein Hiersein, und wenn ich denke wie ich hätte in Jena leben können – – –
Ein Theezeug hab’ ich für Dich gekauft. Wenn es sauf et saint zu Dir kömmt, soll es Dir wohl gefallen.
Werde ich denn gar keinen Brief von Dir bekommen? Wenn Du mir nicht schon geschrieben hast, trifft mich kein Brief mehr hier. Das wäre mir sehr unlieb.
Sage wie es Dir geht und was Du treibst. Ich küsse und grüße Philipp. Sage mir etwas von ihm.
Sey so gut liebe Veit und lass’ Dir von Gusten mein silbernes Fruchtmesser geben, das ich vergessen; behalte es selbst, oder schicke mirs einmahl; es kömmt mir von Abraham und soll nicht in fremde Hände.
Ich grüße Tiecks bei Gelegenheit.
Wenn Du das Theezeug gern recht schwarz haben willst, mußt Du es ein wenig mit Butter einreiben.
Das ist nun aus all’ den schönen Plänen geworden, daß ich hier noch immer size, während ihr mich in Herrlichkeit und Freuden glaubt. Ich habe Dir gesagt, daß ich einen Gesellschafter nach Jena gefunden hatte. Ich sollte gestern mit ihm abreisen. Unterdessen ist mir angezeigt worden, daß ich mich den 18ten zur Reise nach Wien bereiten müßte; und so wäre mir kaum Zeit geblieben recht die Augen dort aufzuthun. Ich habe durch Frommann noch einige Worte von Carolinen bekommen, sie erwarten mich heute Mittag, und erhalten erst morgen meinen Brief. Ich habe die Lucinde mitgeschickt. Ich denke, es war Friedrichs Absicht sie ihnen mitzutheilen; ich rechne in Wien auf ein fertiges Exemplar wie mir verheißen worden. Ich habe Carolinen geschrieben wie ihr späteres kommen euch alle so ungeduldig mache, und Gott möge es ihnen vergeben was sie für Iffland thun.
Nach Dresden kann ich nicht, weil ich nicht einmahl einen Menschen hier finde, der Zeit hätte mich vors Thor zu begleiten. Sie sind alle so geschäftig, und rennen und laufen durcheinander, daß mir der Kopf schwindelt. Allein zu fahren habe ich nicht Muth, und so ennuyire ich mich noch einige Tage als Vorbereitung zum großen Ennui der Reise, die ich mit zwei mir ganz fremden Männern mache. Ich werde mir alle Mühe geben wenigstens einen ganzen Tag in Dresden zu bleiben. –
Gestern war ich zu einem Souper beim Bankier Ludwig, mit Menschen, Lüstre’s und Eleganz. Unter andern war Bertuch aus Weimar dort; der repräsentirte mir auf einmahl das ganze Berlin; der ist wie Nikolai und Rosenstiel zusammen. Er war bei Tische mein Nachbar, ohne mich zu kennen, und sprach mit einem Leipziger Arzt über Fichte und alle neueren Philosophen. Fichte’s Benehmen ward sehr lächerlich gemacht. Weiß Gott wie Schelling mit Fichte’s leztem Streit zusammenkommt, genug der kam auch an die Reihe, Bertuch nahm ihn aber seiner gründlichen Kenntnisse halber noch etwas in Schuz. Der Arzt erzählte wie er Schelling hier in Leipzig als Kranken behandelt und wie wunderlich dieser sich dabei geberdet. Da sagte Bertuch: Ja ja, die Weltweisen sind selten Weltkluge! und das gefiel ihm selbst so wohl, daß er es noch dreimal sagte. Ich hätte gar zu gern nach den Schlegels gefragt, aber mir fehlte der Muth. Einmal adressirte er sich gar an mich und sprach davon wie die neueren Philosophen Gerüste bauen, ohne an Häuser zu denken, welche doch der eigentliche Zweck der Gerüste wären. Weil ich nicht recht wußte was darauf zu sagen war, und theils um mir einen Spas zu machen, wollte ich ganz beherzt ihn um seine Meinung über die beiden Schlegels fragen – in dem Augenblick kömmt der Wirth des Hauses zu ihm und sagt ihm ganz leise ins Ohr ob er wohl wüßte, daß er neben einer Tochter von Mendelssohn säße? Bertuch bedankte sich sehr für diese Nachricht, als ob er dadurch einer großen Gefahr entgangen wäre! Du kannst Dir denken wie lächerlich mir das war, und ganz besonders als er auf einmahl einen großen Panegyrikus auf Mendelssohn anstimmte. –
Was hilft das alles, ich bin sehr verdrüßlich über mein Hiersein, und wenn ich denke wie ich hätte in Jena leben können – – –
Ein Theezeug hab’ ich für Dich gekauft. Wenn es sauf et saint zu Dir kömmt, soll es Dir wohl gefallen.
Werde ich denn gar keinen Brief von Dir bekommen? Wenn Du mir nicht schon geschrieben hast, trifft mich kein Brief mehr hier. Das wäre mir sehr unlieb.
Sage wie es Dir geht und was Du treibst. Ich küsse und grüße Philipp. Sage mir etwas von ihm.
Sey so gut liebe Veit und lass’ Dir von Gusten mein silbernes Fruchtmesser geben, das ich vergessen; behalte es selbst, oder schicke mirs einmahl; es kömmt mir von Abraham und soll nicht in fremde Hände.
Ich grüße Tiecks bei Gelegenheit.
Wenn Du das Theezeug gern recht schwarz haben willst, mußt Du es ein wenig mit Butter einreiben.