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Henriette Mendelssohn to Dorothea von Schlegel

Dresden d. 18ten April, Abends.
Ich habe Hardenberg gesehen, liebe Veit; damit muß ich nur gleich anfangen; denn etwas interessanteres giebt es für mich nicht. Er ist diesen Mittag hier angekommen, und kam zur Ernst, die mir schon den Morgen mit dem wärmsten Interesse von ihm gesprochen hatte. Unglücklicherweise waren aber Neumanns da, so daß wir ihn gar nicht recht genießen konnten. Charlotte war einen Augenblick hinausgegangen, und auf einmahl hören wir sie im Vorzimmer mit einem Menschen der sehr laut sprach. Denk Dir wie mir ward, als Ernst sagte: Mein Gott, das ist ja Hardenberg! – Sie blieb lange draussen mit ihm, aber wie er endlich hereintrat, war es auch um mich geschehn.
Diese seine Gestalt, diese verklärten Augen – (sie sind kleiner, aber noch verklärter als Schlegels) – diese reizende Freundlichkeit in allen Zügen sind wirklich bezaubernd. – Wenn Neumanns jemahls dahin kommen, wo Charlotte und ich sie hingewünscht haben, so haben sie wenigstens in der Nacht vom ersten May ein interessantes Schauspiel zu erwarten! –
Er konnte den Abend nicht bei Charlotten bleiben; er mußte zu einem Hofprediger hier, und morgen reiset er in aller Frühe ab. So muß ich wieder einmahl einen abgebrochenen Pfeil im Herzen tragen, denn verliebt bin ich! –
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 18. April 1799
  • Sender: Henriette Mendelssohn ·
  • Recipient: Dorothea von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 272‒273.
Language
  • German

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