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Friedrich von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Freytag, den 13ten Sept 99
Die Idee über Hülsen sey so gütig, nach der Einlage zu ändern. Die drey von Wilh[elm] setze nur darunter, wo Du willst. Ton und Farben haben die Ideen gar nicht; ein Ganzes sind sie, und für den der sie als solches faßt jene also eine Störung. Aber die Hypothese daß sich ein solcher finden wird, ist zu unwahrscheinlich; und fände sich je ein solcher, so würde er wieder die Störung nicht sonderlich achten. Also da die Worte von W[ilhelm] so sehr an der Zeit sind, so setze sie unter die Ideen, und dann laß drucken, drucken, drucken und höre nicht auf Fröhlich zu plagen. Die Canzonette schickst Du uns wieder; die Sonnette kommen sämtlich ins Athen[aeum]. Das Gespräch über Poesie erfolgt bald. Wie geräthst Du darauf, daß es von der Kunst handeln soll? Tout au contraire. Aber die Ideen setze Du nur gleich nach den Naturbetrachtungen oder wohin Du willst, und laß Dich nicht irre machen. Du kannst das mit allem Fug, auch mit Rücksicht auf W[ilhelm]’s Maxime der Anordnung, da sie eben so wohl das Reellste als das Ideellste sind.
Daß Du sie nicht so gleich frisch weg verstanden hast, nimmt mich nicht Wunder, besonders da Du meynst, man könne einige einzelne daraus verstehn, ohne das Ganze. Es ist schon viel und gut, daß Du sie nicht verstanden hast, und noch besser, daß Dir einiges was Du schon klar glaubtest, wieder dunkel dadurch geworden ist. Es mag das nur in Dir, im Universum oder in mir seyn, so hast Du auf jeden Fall gewonnen: wenn anders jene frühzeitige Klarheit das böse Princip in Deinem Geiste ist. Wenn Du die Ideen mit mehr Muße gelesen hast und mehr eingedrungen bist, so will ich Dir dann auch über das Auskunft geben, was Dich zunächst zu interessiren scheint.
Heindorf sage unsrer Abrede gemäß, daß Wolf allerdings eine leise Besorgniß geäußert, ob er nicht fünf bis sechs Jahre zu früh heyrathe, doch hat er die Besorgniß mit vieler Freundschaftlichkeit und einer ihm nicht immer eignen Delicatesse geäußert.
Für die Notizen über das kleine Leip[ziger] Unwesen danke ich Dir.
Daß ist sehr schön, daß Du an Hülsen schreiben willst. Theile mir von der ganzen Correspondenz mit so viel sich thun läßt.
Salut et fraternité
F S.
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 13. September 1799
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 3.
Language
  • German

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