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Dorothea von Schlegel to Sophie Bernhardi

Jena 16ten Januar 1800
Ich habe Ihr zweytes sehr angenehmes Mährchen mit der Schlegel zusammen gelesen, denselben Abend als es ankam; es hat uns beyde recht sehr amusirt. Glauben Sie nicht auch daß es noch hübscher ausgeführt ist als der Quell der Liebe? – Wir erwarten nun nächstens daß Sie uns wieder eins schicken. Schlegel wird das seinige dabey thun um es recht bald, und aufs beste zu verkaufen, so bald es geschehen ist werde ich Ihnen Nachricht davon geben. Wie wäre es aber wenn Bernhardi sie Ungern zu seinem Romanen Journal antrüge? oder sollten Mährchen etwa nicht in der Absicht des Redacteurs dieses Journals gehören? Woltmann glaube ich ist Redacteur. Wirklich Bernhardi könnte doch einmal bey Unger deßhalb anfragen, gut bezahlt wird doch wenigstens dabey; es wird wie der Sternbald gedruckt, und 2 L[ouis]d’or für den Bogen. Unterdessen soll auch hier nichts verabsäumt werden, Friedrich wird gewiß aufs beste sorgen. Warum schreiben Sie mir nichts ausführliches von Ihren Unterhandlungen mit Becker? hat er Ihnen Geld geschickt? besteht er auf Ihren Namen? und wenn erscheint er nun? – Hoffentlich geht es Ihnen, da das Wetter jezt gut ist, wieder besser? Schleierm[acher] schrieb neulich, Ihre Unpäßlichkeiten hätten einen hoffnungsvollen Grund? ist dies wahr? darf ich Ihnen Glück wünschen? – Uns geht es hier freylich sehr wohl; so wohl als es wohl schwerlich Menschen geht, die eine eben so schwache Gesundheit, und so eingeschränkte Finanzen haben als wir. – Ich versprach Ihnen zwar, Ihnen ganz aufrichtig, und ausführlich von hier über verschiedene Gegenstände zu schreiben; daß es nicht geschehen ist, daran ist wohl weder mein Mangel an Aufrichtigkeit, noch an Ausführlichkeit Schuld denn ich habe einige mal wirklich versucht, Ihnen alles zu erzählen, wie die Sachen stehen, und liegen, und sich verhalten. Aber es geht nicht, Sie würden, viel lesen müssen ohne doch eine richtige Vorstellung zu bekommen. Ich behalte mir vor Sie bald mündlich mit allem bekannt zu machen, es gehören zu viel Kleinigkeiten dazu, die sich weit eher, mündlich als schriftlich beschreiben lassen, besonders da ich mir nur wenig Zeit zum Briefschreiben nehmen kann. Ich muß fleißig seyn, und das liebe gesellige Leben kostet viel Zeit. Was Sie prophezeiten ist nicht eingetroffen, die Dinge haben sich anders gewendet; Ihr Bruder ist von allen wohl gelitten, und geachtet; aber M[alchen] macht eine schlechte Figur, im Familien Gemählde, darüber ist man ganz einig, doch wird sie durch Achtung für ihren Mann, mit Achtung und Schonung begegnet. Auch ist das andre was Sie befürchteten nicht eingetroffen; es ist Alles friedlich und bürgerlich ruhig. Das es aber in einem Haus voller Originale, in einer Republik von lauter Despoten, manchen mitunter lächerlichen Auftritt giebt könn[en] Sie wohl denken. Mir begegnet man allgemein mit wahrer schwesterlicher Liebe, und ich habe nicht ein einzigs mal Ursach gefunden, mich zu beklagen. Dabey ist es für mich eine wahre Freude, und ganz etwas neues, das kein einziger Tag vorbey geht, wo ich nicht die schönsten Dinge höre, und sehe, und erfahre. Serlo seine Lebensregeln werden hier so befolgt, wie man selten Gelegenheit dazu findet. Aber bey allem dem, komme ich doch im Sommer wieder nach Berlin, nur kann ich nicht bestimmen ob es zu Ostern oder mitten im Sommer geschieht, es kömt darauf an, wie sich Schlegels zu reisen entschließen, wenn sie aber zu Ostern zu keinen rechten Entschluß gekommen sind, so reise ich zu Ostern nach Leipzig, und von da wieder mit Bekannten nach Berlin. So vergnügt ich hier lebe, so freue ich mich doch nicht wenig darauf, Sie wieder zu sehen[.] Sie haben Recht ich sollte meine Sachen nicht wohlfeil verkaufen; auch wollen wir das nicht damit übereilen, Fichte kauft vielleicht einiges wenn er nach Berlin kömt. Nur verkauft müssen sie wohl nach und nach werden, denn erstlich thut Geld mir Noth zweytens finde ich es besser, wenn ich nach Berlin komme, eine möblirte Stube zu nehmen weil ich doch nicht in Berlin bleiben will und wenn man eine eigne Wohnung nimmt ist man sehr gebunden, und verliert auch wenn man sie wieder los werden will. Schreiben Sie mir doch mehr über sich, Sie faule Briefschreiberinn! was kostet Ihnen denn ein Brief? bedenken Sie nur ich war zugegen, als Sie Briefe zu Ihren Roman schrieben, ich sah wie leicht es Ihnen ward. Haben Sie schon eine Wohnung? und wo? werde ich in Ihrer Nähe wohnen können wenn ich nach Berlin komme? Haben Sie Charlotte Sampson gelesen? Was ist dran? Bernhardi ist todt, sonst würde ich ihn sagen ich hätte mich gefreut, daß er Rambach so schön unterstüzt hat, in Sachen gegen die Lanterne es ist ganz allerliebst. Leben Sie wohl.
DV.
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 16. Januar 1800
  • Sender: Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Sophie Bernhardi ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 43‒45.
Language
  • German

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