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Dorothea von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Jena den 3ten Febr: 1800
Der lumpige Fröhlich lässt uns wahrhaftig in recht großer Betrübniß. Denken Sie nur, die Anweisung die er Uns geschickt hat, die muß nun erst nach Halle geschickt werden, sie ist an irgend einen bösen Schuldner gerichtet, der dort wohnt. Viele wollen so gar zweifeln ob sie überall bezahlt wird, so verrufen ist der Schuldner. So bald sie aber auf irgend eine Weise ausgezahlt wird, sollen Sie das Geld für Wagner von hier aus haben, ich werde Ihnen dann L[ouis]d’or schicken, man verliert zwar etwas dabey, denn sie stehen hier hoch aber darauf darf es nun nicht ankommen. Wie es mich ärgert, und ängstigt daß ich es Ihnen nicht gleich schicken kann, werden Sie mir glauben. Es wird heute auch noch einmal an Fröhlich desswegen geschrieben. Auch daß er Ihnen unverzüglich den Rest bezahle, denn der Druck muß doch nothwendig geendigt seyn. Ich habe die tröstende Hoffnung, daß Sie es vielleicht schon bey Empfang dieses Briefs erhalten haben! ich wäre wirklich untröstlich wenn Sie durch uns in so fataler Verlegenheit geriethen! – Um den runden Tisch streiten sich Jette und die Bernhardi? Ei er gehört auf den Fall daß sie ihn wünscht, ohne Zweifel der Jette! Daß sie ihn sich ja gleich hohlen lasse! Was sie mir dafür geben soll, mag sie selber bestimmen. Ich wünschte aber es käme mir dafür so viel zu Gute daß sie mir gütigst folgendes dafür ausrichte, welches ich Sie bitte ihr zu bestellen. Nemlich den 2ten Merz ist Jonas sein Geburtstag, dazu möchte ich ihn gern Bücher schicken, und zwar glaube ich Moriz Mythologie und Anthusa, wären wohl am besten, und zugleich nicht zu theuer, sie möchte also die Gefälligkeit für mich haben, und diese Bücher kaufen, und sie halb englisch einbinden lassen, mit ein goldnes J V. auf den Rücken oder Deckel. Diese Bücher in meinen nebst einen Blumentopf in Philipps Namen bitte ich sie, ihn entweder am 2ten Merz hinzuschicken, oder bey sich von ihn finden zu lassen, ich werde ihn auch einen Brief dazu schreiben, und ihn der Herz gegen deß zuschicken. Sollte die Herz meinen Tisch nicht haben wollen, so wird sie ja wohl so viel Credit beym Buchhändler haben, so bald ich Geld von Unger bekomme, will ich es bezahlen.
Vom Philipp habe ich Ihnen nichts geschrieben? I das war ja dumm von mir! Daß ich ihn nur nicht vergessen habe! Er ist ganz Güte und Liebe, der gute Junge, bekömt auch einen recht guten Verstand. In seiner Schule hatte er anfangs viel mit Vorurtheilen zu kämpfen[,] er hat sie aber alle glücklich überwunden und ist nun der Liebling von Allen. Er lernt in der Schule eben nicht viel, aber darüber betrübe ich mich nicht sehr, ich denke, noch künftig mit ihm einzuhohlen. Im Hause muß ich mir wie gewöhnlich, immer vorwerfen lassen, daß ich ihn verziehe und verderbe, aber auch darüber bleibe ich ruhig, weil ich, auch wie gewöhnlich im Stillen noch immer sehe, daß er besser, naiver, und lenksamer ist als alle die Kinder die mir sonst vorkommen; was ihn fehlt, ist körperliche Stärke, und precôce Klugheit, als die Kindertugenden des Pädagogischen Jahrhunderts; ich wäre wohl ganz von Gott verlassen, wenn ich ihn diese mit Aufopferung meines Gemüths und meiner eigenthümlichen Behandlungsweise, einimpfen wollte! Er ist übrigens diesen Winter so gesund, und munter, als er noch nicht war, er wächst brav, verliert aber ein wenig an Schönheit; sein Auge bildet sich aber immer mehr.
Mein Stiefsohn Florentin macht sich unnütz, und ich muß mich mit ihm plagen, drum habe ich auch beschloßen ihn an den berühmten Seelenverkäufer auf der Jägerbrücke zu verhandeln. Er kann sich nun etwas in der Welt versuchen. Wie können Sie mein Freund! sich so sehr über meine poetischen Fortschritte verwundern? habe ich es nicht immer gesagt, und darauf getrotzt, daß ich noch etwas werden könnte wenn es mir wohl ginge? hätte ich meine Freyheit umsonst erlangt? – Das Schicksal vergönne mir nur, daß meine Gesundheit etwas stärker, und die weltlichen Sorgen geringer werden, so will ich gewiß noch ordentlich etwas lernen! – Wie, wann, und wie viel von Uns nach Berlin kommen das ist noch gar nicht ausgemacht, ich kann Ihnen also nichts bestimmtes darüber sagen. Gratulieren Sie doch die Brenna von mir, ich würde mich sehr freuen, wenn sie ihrem Glück entgegen ging! meine Schwester, und meine Cousine werden sich entsetzlich mit ihr freuen, sie wird doch mit ihnen umgehn? Wird sie Gesellschafterin derselben Madame Heckscher, dessen Herr Heckscher den D.Veit zum Gesellschafter hat? quelle rencontre!
Tieck hat mir aufgetragen Sie von ihm zu grüssen. Der Arme leidet noch recht viel an seinen Beinen. Viele Grüsse von Carolinen! Sie kömt nicht nach Berlin, sie fürchtet sich vor dem Brandenburger Thore! Sie möchten doch her kommen, läßt sie Ihnen sagen. Leben Sie wohl.
Dorothea
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 3. Februar 1800
  • Sender: Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 55‒57.
Language
  • German

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