Ich habe die beste Zeit vorbeygehn lassen und so kann ich Dir dießmal auf Deine schönen Briefe nur so viel erwiedern, als die kurze die noch übrig ist, erlauben will.
Den Fröhlich zu drängen, brauchen wir Dich kaum erst zu bitten. Wir sind fast erschrocken, daß du erst vom dritten Correcturbogen schreibst[.]
Daß der Herder irgendwo bedeutend recensirt wäre, ist uns nicht bekannt. Daß Du Dich endlich zu diesem Geschäft entschlossen hast, ist rühmlich, vortrefflich und überaus gut.
Betreffend Deine Briefe über Luc[inde] so ist das wichtigste, daß Du sie bald machst; unterbringen will ich sie wohl. Wenn du aber darauf wartest, so wird es zu spät. Bohn hat es zwar gewissermassen abgelehnt, aber auf eine so biderbe und freundschaftl[iche] Weise, daß ich denke er solls doch nehmen. Ich kann ihm noch einmal schreiben, weil seine Ablehnung sich auf die Voraussetzung gründet, ich werde der Verfasser seyn, und wolle ungenannt bleiben, um recht kannibalisch um mich zu hauen. Das meynt er könnte ihm in seinen Verhältnissen schaden. Zu allem, wo ich mich nenne, sey er bereit.
Ich erwarte und hoffe und wünsche die unbedingteste Freymüthigkeit von Dir, lieber Freund. Ich erwähne dieß, weil Du das was ich Dir wegen der Dich betreffenden Stellen in den Ideen schrieb, fast misverstanden hast. Traue mir nur zu viel Sinn für die esoterische Polemik zu, wie ich auch Dir; am Ende sind wir doch die einzigen Liebhaber von ihren hohen Heiligthumen. Schelling ist von dieser Seite noch ganz stumpf; er hat viele Antipathien, die er weder zu verbergen noch zu lenken weiß, aber zu hassen ist er nicht fähig. –
Ich meynte aber nur, es hätte Dir in den Ideen etwas ad extra wie Goethe es nennt misfällig seyn können, da ja die Welt mit jenen Mysterien nichts zu schaffen hat. Ich kam darauf weil Du die Stelle von Nov[alis] über Dich nicht so gedruckt wünschtest.
Mit der Encyclopaedie hast Du sehr Recht. Ich wäre auch wohl so weit, daß wenn ich von nun an daran ginge, ich ziemlich bald ans Ausarbeiten kommen würde; ja ich bin gesonnen, wenn die andern Plane nicht dazwischen treten, Ostern 1801 dieselbe ganz zu geben. Wenn ich sie nur nach Würden bezahlt bekomme: denn sie ist’s doch eigentlich die mir seit Jahren die meiste Zeit kostet.
Denk Dir nur, eine neue Begebenheit! – Du weißt, ich bereite mich zur Luc[inde] im Plato vor. Da habe ich eben den Hippias, Phaedrus, Philebus, Gorgias, Protagoras gelesen und viel Betrachtungen darüber angestellt, nebenbey auch wie man ihn übersetzen soll, als der Frommann, aus Gelegenheit daß der Wagner, von dem Du ein PlatonLexikon unter meinen Büchern finden wirst, ihm eine Uebersetzung des Plato angetragen, mit mir darüber redet, weil er von Tieck vernommen, daß ich dasselbe wolle. – Er bekommt zu Zeiten Lust etwas Rühmliches zu unternehmen und seine Lust war denn auch dießmal so groß, daß er 2 L[ouis]d’ors und alle anderen Bedingungen (die uns jetzt sehr ersprießlich seyn würden) einging. Wie aber mit dem Volke nichts rechtes anzufangen ist, so kommt er eben, da ich Dir wegen der Gemeinschaftlichkeit dieses Unternehmens ausführlich schreiben will, wieder und meynt, wenn der Wagner, an den er desfalls geschrieben, nicht zurückträte, könnte er es nicht wagen, weil ihm diese Competenz immer viel rauben würde pp so mittelmäßig der Mensch auch seyn möchte. Ich bin also wieder am Flecke – aber aufgeben will ich es nun durchaus nicht, sondern wenn er zurücktritt, einen andern Verleger suchen, ehe uns ein andrer das Ganze verpfuscht.
Noch eins! Du schreibst (nicht in dem letzten Briefe) von unserm Kommen: „Will Dor[othea] nicht den Winter mit hier seyn, wie ich beynah schließen muß, so ist es wohl besser, aber auch viel schlechter.“ Hast Du Grund zu glauben, daß es in ihren Verhältnissen nicht gut sey, so gieb mir Rede. Beruhige mich darüber. Denn freylich wird es nicht anders ausfallen; wenn es auch nicht die hiesigen Verhältnisse so mit sich brächten. Veit äußert ja fast in jedem Brief den lebhaftesten Wunsch, daß sie nicht zu lange von Berl[in] abwesend seyn soll; und so wie es jetzt mit den Kindern steht, ist das auch sehr billig. Nur muß man freylich nicht inconsequent seyn und Dor[othea] sonst Hindernisse in d[en] Weg legen. Daß es Veit mit jenem Wunsch Ernst ist, giebt er auch durch d[ie] That zu erkennen, indem er sie mit der Mutter ausgesöhnt hat. – Genug davon.
Die Bestimmung des Menschen wird für mich vor der Hand wohl noch eine Weile im Unbestimmten ruhen. Ich bin an der Luc[inde] und es ist wahrlich hohe Zeit daß ich daran bin. Ich glaube auch daß Deine Bestimmung oder Notiz derselben mir einen weit bestimmtern Eindruck geben wird. An sich halte ichs für eine falsche Tendenz, daß Fichte sich in dergl[eichen] Redensarten gebraucht. Zu dem was wir ein Gespräch oder auch nur einen Brief nennen wird er es nie bringen, da ja selbst seinen Reden ans Volk, zu denen er doch sonst entschieden Beruf hat, immer etwas fehlt, was doch nicht fehlen dürfte.
Sehr gefreut habe ich mich unter andern auch darüber, daß Du so ernstlich und so en detail über die Poesie nachdenkst. Ich halte das für ein günstiges Zeichen, und erwarte auch mit Zuversicht, nicht nur einen Roman sondern auch Elegien mit Gottes Hülfe zu erleben. – Ueber den Roman ist im Gespräch fast nur negativ die Rede. Ein gesprochnes Gespräch sollte uns bald weiter führen jetzt, da ich nicht nur über manches sondern auch überhaupt mehr im Klaren bin.
Ich freue mich sehr über Deine Plane und daß dieselben in Deinem Kopfe so munter werden. Möchten sie Dir nur gar keine Ruhe lassen und alle Kalender vertreiben. Ich weiß kaum, was ich zunächst wünschen soll. Für mich selbst natürlich die Visionen, für die Gemeinde der Heiligen einen Roman, ad extra aber ein tüchtiges philosophisches Werk. Es ist schmählich, daß Du nicht recht an die jetzige Philophysik willst. Sie ist doch auf dem sogenannten theoretischen Felde das einzige was Leben hat, das einzige Zeichen der Zeit. Du hasts selbst verkündigt, und nun hüllst Du Dich in Deine alte Ruhe; da du doch durch Deine chemischen Kentnisse so sehr gegen uns arme Schächer in Vortheil bist. Mir fehlt es gar sehr an der Anschauung, und ob ich gleich durch den Umgang mit Schelling, Ritter, Hardenberg so weit gekommen, daß ich diesen einen durch den andern gleichsam verstehe, so drückt mich doch jener Mangel sehr, und ich muß ihm in der That bald abhelfen. – Tieck war schon vor dem Lesen meines Gesprächs voll von Philophysik; indessen hat das Philo bey ihm zu sehr das Uebergewicht. Wilhelm hingegen nimmt es fast zu streng und wissenschaftlich. Indessen ist doch schon viel gewonnen daß er sich nach dergl[eichen] Reden als wohlumkränzter Dichter für verpflichtet hält, Physik zu studiren, so daß wir denn auch wohl zusammen bey Ritter in die Schule gehen werden. In der That hat meine Rede über die Mythol[ogie] einen großen Eindruck auf ihn gemacht.
Für mich ist die Physik immer noch fast nur Quell der Poesie und Incitament zu Visionen. Vermuthungen habe ich wohl über das Wissenschaftliche, aber ehe ich sie ins Reine bringen soll, werde ich die Mathem[atik] eben auch dazu nehmen müssen. – Indessen für Schellings Naturphilosophie reicht die meinige auch wohl hin, und so will ich diese Anforderung wohl wieder zurücknehmen.
Aber das stimmt schlecht zusammen, daß Du in einem und demselben Brief nach dem kritischen Institut rufst, und mir dann ganz gelassen verkündigst, daß Du Physik und Mathem[atik] dafür übernehmst, sey so bald keine Aussicht. Wer soll es denn? – Von Ritter sind große Dinge zu erwarten, nur vor der Hand keine Recensionen, er ist zu sehr mit d[em] Erfinden beschäftigt. – Schelling mag in den vier Pfählen seines physikalischen Journals hausen – aber zur Kritik traue ich ihm so wenig wie Fichte Talent zu, bis ich Zeichen sehe.
Grüße die Herz von mir. Ich bitte darum nicht oft, damit es durch die Seltenheit einigen Reiz behält.
Dein Friedr S.
Daß der Spener eine Uebersetzung des Plato zu ordent[lichen] Bedingungen nähme, daran ist wohl gar nicht zu denken?
Den Fröhlich zu drängen, brauchen wir Dich kaum erst zu bitten. Wir sind fast erschrocken, daß du erst vom dritten Correcturbogen schreibst[.]
Daß der Herder irgendwo bedeutend recensirt wäre, ist uns nicht bekannt. Daß Du Dich endlich zu diesem Geschäft entschlossen hast, ist rühmlich, vortrefflich und überaus gut.
Betreffend Deine Briefe über Luc[inde] so ist das wichtigste, daß Du sie bald machst; unterbringen will ich sie wohl. Wenn du aber darauf wartest, so wird es zu spät. Bohn hat es zwar gewissermassen abgelehnt, aber auf eine so biderbe und freundschaftl[iche] Weise, daß ich denke er solls doch nehmen. Ich kann ihm noch einmal schreiben, weil seine Ablehnung sich auf die Voraussetzung gründet, ich werde der Verfasser seyn, und wolle ungenannt bleiben, um recht kannibalisch um mich zu hauen. Das meynt er könnte ihm in seinen Verhältnissen schaden. Zu allem, wo ich mich nenne, sey er bereit.
Ich erwarte und hoffe und wünsche die unbedingteste Freymüthigkeit von Dir, lieber Freund. Ich erwähne dieß, weil Du das was ich Dir wegen der Dich betreffenden Stellen in den Ideen schrieb, fast misverstanden hast. Traue mir nur zu viel Sinn für die esoterische Polemik zu, wie ich auch Dir; am Ende sind wir doch die einzigen Liebhaber von ihren hohen Heiligthumen. Schelling ist von dieser Seite noch ganz stumpf; er hat viele Antipathien, die er weder zu verbergen noch zu lenken weiß, aber zu hassen ist er nicht fähig. –
Ich meynte aber nur, es hätte Dir in den Ideen etwas ad extra wie Goethe es nennt misfällig seyn können, da ja die Welt mit jenen Mysterien nichts zu schaffen hat. Ich kam darauf weil Du die Stelle von Nov[alis] über Dich nicht so gedruckt wünschtest.
Mit der Encyclopaedie hast Du sehr Recht. Ich wäre auch wohl so weit, daß wenn ich von nun an daran ginge, ich ziemlich bald ans Ausarbeiten kommen würde; ja ich bin gesonnen, wenn die andern Plane nicht dazwischen treten, Ostern 1801 dieselbe ganz zu geben. Wenn ich sie nur nach Würden bezahlt bekomme: denn sie ist’s doch eigentlich die mir seit Jahren die meiste Zeit kostet.
Denk Dir nur, eine neue Begebenheit! – Du weißt, ich bereite mich zur Luc[inde] im Plato vor. Da habe ich eben den Hippias, Phaedrus, Philebus, Gorgias, Protagoras gelesen und viel Betrachtungen darüber angestellt, nebenbey auch wie man ihn übersetzen soll, als der Frommann, aus Gelegenheit daß der Wagner, von dem Du ein PlatonLexikon unter meinen Büchern finden wirst, ihm eine Uebersetzung des Plato angetragen, mit mir darüber redet, weil er von Tieck vernommen, daß ich dasselbe wolle. – Er bekommt zu Zeiten Lust etwas Rühmliches zu unternehmen und seine Lust war denn auch dießmal so groß, daß er 2 L[ouis]d’ors und alle anderen Bedingungen (die uns jetzt sehr ersprießlich seyn würden) einging. Wie aber mit dem Volke nichts rechtes anzufangen ist, so kommt er eben, da ich Dir wegen der Gemeinschaftlichkeit dieses Unternehmens ausführlich schreiben will, wieder und meynt, wenn der Wagner, an den er desfalls geschrieben, nicht zurückträte, könnte er es nicht wagen, weil ihm diese Competenz immer viel rauben würde pp so mittelmäßig der Mensch auch seyn möchte. Ich bin also wieder am Flecke – aber aufgeben will ich es nun durchaus nicht, sondern wenn er zurücktritt, einen andern Verleger suchen, ehe uns ein andrer das Ganze verpfuscht.
Noch eins! Du schreibst (nicht in dem letzten Briefe) von unserm Kommen: „Will Dor[othea] nicht den Winter mit hier seyn, wie ich beynah schließen muß, so ist es wohl besser, aber auch viel schlechter.“ Hast Du Grund zu glauben, daß es in ihren Verhältnissen nicht gut sey, so gieb mir Rede. Beruhige mich darüber. Denn freylich wird es nicht anders ausfallen; wenn es auch nicht die hiesigen Verhältnisse so mit sich brächten. Veit äußert ja fast in jedem Brief den lebhaftesten Wunsch, daß sie nicht zu lange von Berl[in] abwesend seyn soll; und so wie es jetzt mit den Kindern steht, ist das auch sehr billig. Nur muß man freylich nicht inconsequent seyn und Dor[othea] sonst Hindernisse in d[en] Weg legen. Daß es Veit mit jenem Wunsch Ernst ist, giebt er auch durch d[ie] That zu erkennen, indem er sie mit der Mutter ausgesöhnt hat. – Genug davon.
Die Bestimmung des Menschen wird für mich vor der Hand wohl noch eine Weile im Unbestimmten ruhen. Ich bin an der Luc[inde] und es ist wahrlich hohe Zeit daß ich daran bin. Ich glaube auch daß Deine Bestimmung oder Notiz derselben mir einen weit bestimmtern Eindruck geben wird. An sich halte ichs für eine falsche Tendenz, daß Fichte sich in dergl[eichen] Redensarten gebraucht. Zu dem was wir ein Gespräch oder auch nur einen Brief nennen wird er es nie bringen, da ja selbst seinen Reden ans Volk, zu denen er doch sonst entschieden Beruf hat, immer etwas fehlt, was doch nicht fehlen dürfte.
Sehr gefreut habe ich mich unter andern auch darüber, daß Du so ernstlich und so en detail über die Poesie nachdenkst. Ich halte das für ein günstiges Zeichen, und erwarte auch mit Zuversicht, nicht nur einen Roman sondern auch Elegien mit Gottes Hülfe zu erleben. – Ueber den Roman ist im Gespräch fast nur negativ die Rede. Ein gesprochnes Gespräch sollte uns bald weiter führen jetzt, da ich nicht nur über manches sondern auch überhaupt mehr im Klaren bin.
Ich freue mich sehr über Deine Plane und daß dieselben in Deinem Kopfe so munter werden. Möchten sie Dir nur gar keine Ruhe lassen und alle Kalender vertreiben. Ich weiß kaum, was ich zunächst wünschen soll. Für mich selbst natürlich die Visionen, für die Gemeinde der Heiligen einen Roman, ad extra aber ein tüchtiges philosophisches Werk. Es ist schmählich, daß Du nicht recht an die jetzige Philophysik willst. Sie ist doch auf dem sogenannten theoretischen Felde das einzige was Leben hat, das einzige Zeichen der Zeit. Du hasts selbst verkündigt, und nun hüllst Du Dich in Deine alte Ruhe; da du doch durch Deine chemischen Kentnisse so sehr gegen uns arme Schächer in Vortheil bist. Mir fehlt es gar sehr an der Anschauung, und ob ich gleich durch den Umgang mit Schelling, Ritter, Hardenberg so weit gekommen, daß ich diesen einen durch den andern gleichsam verstehe, so drückt mich doch jener Mangel sehr, und ich muß ihm in der That bald abhelfen. – Tieck war schon vor dem Lesen meines Gesprächs voll von Philophysik; indessen hat das Philo bey ihm zu sehr das Uebergewicht. Wilhelm hingegen nimmt es fast zu streng und wissenschaftlich. Indessen ist doch schon viel gewonnen daß er sich nach dergl[eichen] Reden als wohlumkränzter Dichter für verpflichtet hält, Physik zu studiren, so daß wir denn auch wohl zusammen bey Ritter in die Schule gehen werden. In der That hat meine Rede über die Mythol[ogie] einen großen Eindruck auf ihn gemacht.
Für mich ist die Physik immer noch fast nur Quell der Poesie und Incitament zu Visionen. Vermuthungen habe ich wohl über das Wissenschaftliche, aber ehe ich sie ins Reine bringen soll, werde ich die Mathem[atik] eben auch dazu nehmen müssen. – Indessen für Schellings Naturphilosophie reicht die meinige auch wohl hin, und so will ich diese Anforderung wohl wieder zurücknehmen.
Aber das stimmt schlecht zusammen, daß Du in einem und demselben Brief nach dem kritischen Institut rufst, und mir dann ganz gelassen verkündigst, daß Du Physik und Mathem[atik] dafür übernehmst, sey so bald keine Aussicht. Wer soll es denn? – Von Ritter sind große Dinge zu erwarten, nur vor der Hand keine Recensionen, er ist zu sehr mit d[em] Erfinden beschäftigt. – Schelling mag in den vier Pfählen seines physikalischen Journals hausen – aber zur Kritik traue ich ihm so wenig wie Fichte Talent zu, bis ich Zeichen sehe.
Grüße die Herz von mir. Ich bitte darum nicht oft, damit es durch die Seltenheit einigen Reiz behält.
Dein Friedr S.
Daß der Spener eine Uebersetzung des Plato zu ordent[lichen] Bedingungen nähme, daran ist wohl gar nicht zu denken?