Du hast mich sehr freudig überrascht und nun komme ich mich eigentlich selbst etwas lächerlich vor, daß ich ein Buch dreymal hintereinander durchgelesen habe was ich zuvor mehre Wochen auf der Stube gehabt habe, ohne auch nur einen Blick hinein zu thun. Aber Du glaubst nicht, wie sehr mich der blaugrüne Umschlag abschreckte. Es hat kein Mensch im Hause einen Blick hinein gethan, als Carol[ine] und Schelling, die nun eben nicht gemacht war[en], das Kleinod zu finden, und da ich vollends hörte, es sey eine Nachahmung der Reden, so erklärte ich mirs gleich, daß der Verfasser es Dir geschickt und es dann aus Versehen hineingerathen, und da überstieg der Abscheu bey weitem die Neugier die jetzt so ausschließend fast auf Spanisch und Italiänisch auf Canzonen, Sonette, Stanzen, Romanzen, Villancicos und dergl[eichen] gerichtet ist. –
Du hast auch mir eine schöne Gabe gegeben, mit dem Ganzen zuerst und dann auch mit so vielem Einzelnen, daß ich nicht von jedem werde reden können. Was ich zunächst auf mich bezogen habe, finde ich sehr würdig und sehr liebenswürdig; aber nicht so wohl dadurch als durch das Ganze oder auch den Geist andrer Stellen ist mir eigentl[ich] das völlig gelöst, was mich in dem letzten Winter am empfindlichsten gekränkt hat. Ich verstehe es nun, wie es gemeynt war, und es ist nicht mehr. –
Unter den einzelnen Stellen habe ich mich am lebhaftesten gefreut über die vom Vaterlande und über die Verbindung des Darstellungstriebes mit der Ahndung des Todes. – Du glaubst nicht wie sehr ich mich über die Uebereinstimmung in dem ersten Stück freue.
Auch Deine Ansicht der Kunst ist mir nun klarer geworden: nämlich warum Du die Selbstbildung, die innre Anschauung oder wie Du es sonst in dieser Beziehung nennen willst, damit unvereinbar findest. Daß dieß nicht so ist, weiß ich zwar lange so gewiß Du Deine Freyheit weißt: aber jetzt glaube ich den Grund Deiner Täuschung zu sehn. Er liegt wohl ganz einfach darin daß Du Dir die Kunst so grade gegen über stellst: denn objektiv ist nun einmal die innre Anschauung unbegreiflich und erscheint als unmöglich was man nur subjektiv durch die That wissen kann. – Mir ist es durch den Gegensatz noch klarer geworden, da die Künstler grade umgekehrt wie Du denken; und dieß ist so objektiv daß es dabey auf ihr eignes Verhältniß zum Sinn gar nicht ankömmt. Mögen sie selbst noch so fern von aller Mystik seyn und sie aufrichtig verachten; sie werden sie an einem Künstler immer als eine verzeihliche Schwäche dulden, für den thätigen und geselligen Menschen aber jede Anwandlung derselben tödtlich finden und sich hier ganz wie gewisse Frauen an die äußre Erscheinung der Energie halten.
Da Du einmal ein Ex[emplar] zurück schicktest hättest Du doch das andre auch wieder mit beylegen sollen. Ich werde zwar mit diesem Buch sehr geheim umgehen, indessen hätte ich doch gern mit Hardenb[erg] ohne Dich zu nennen, den Versuch gemacht, und wie leicht kann sich noch eine Gelegenheit finden. – Doroth[ea] wird dieses gewiß weit besser verstehen können als die Reden. Auch von meiner Schwester möchte ich dieses vermuthen.
Deine Reden haben einen sehr eifrigen Leser an Ritter, der überhaupt jetzt in seiner vollen Gährung ist; aber eben darum ist es schwer über einen solchen Gegenstand einen bestimmten Eindruck aus ihm heraus zu fischen. –
Ich schreibe Dir heute nur das; denn alles andre was ich schreiben könnte ist nicht tröstlich, und ich bedürfte doch des Trostes fast so sehr als des Geldes[.]
Leb wohl
Friedrich.
[Dorothea Veit:]
Es ist nicht wahr, er bedarf keines andern Trostes als des Geldes.
Du hast auch mir eine schöne Gabe gegeben, mit dem Ganzen zuerst und dann auch mit so vielem Einzelnen, daß ich nicht von jedem werde reden können. Was ich zunächst auf mich bezogen habe, finde ich sehr würdig und sehr liebenswürdig; aber nicht so wohl dadurch als durch das Ganze oder auch den Geist andrer Stellen ist mir eigentl[ich] das völlig gelöst, was mich in dem letzten Winter am empfindlichsten gekränkt hat. Ich verstehe es nun, wie es gemeynt war, und es ist nicht mehr. –
Unter den einzelnen Stellen habe ich mich am lebhaftesten gefreut über die vom Vaterlande und über die Verbindung des Darstellungstriebes mit der Ahndung des Todes. – Du glaubst nicht wie sehr ich mich über die Uebereinstimmung in dem ersten Stück freue.
Auch Deine Ansicht der Kunst ist mir nun klarer geworden: nämlich warum Du die Selbstbildung, die innre Anschauung oder wie Du es sonst in dieser Beziehung nennen willst, damit unvereinbar findest. Daß dieß nicht so ist, weiß ich zwar lange so gewiß Du Deine Freyheit weißt: aber jetzt glaube ich den Grund Deiner Täuschung zu sehn. Er liegt wohl ganz einfach darin daß Du Dir die Kunst so grade gegen über stellst: denn objektiv ist nun einmal die innre Anschauung unbegreiflich und erscheint als unmöglich was man nur subjektiv durch die That wissen kann. – Mir ist es durch den Gegensatz noch klarer geworden, da die Künstler grade umgekehrt wie Du denken; und dieß ist so objektiv daß es dabey auf ihr eignes Verhältniß zum Sinn gar nicht ankömmt. Mögen sie selbst noch so fern von aller Mystik seyn und sie aufrichtig verachten; sie werden sie an einem Künstler immer als eine verzeihliche Schwäche dulden, für den thätigen und geselligen Menschen aber jede Anwandlung derselben tödtlich finden und sich hier ganz wie gewisse Frauen an die äußre Erscheinung der Energie halten.
Da Du einmal ein Ex[emplar] zurück schicktest hättest Du doch das andre auch wieder mit beylegen sollen. Ich werde zwar mit diesem Buch sehr geheim umgehen, indessen hätte ich doch gern mit Hardenb[erg] ohne Dich zu nennen, den Versuch gemacht, und wie leicht kann sich noch eine Gelegenheit finden. – Doroth[ea] wird dieses gewiß weit besser verstehen können als die Reden. Auch von meiner Schwester möchte ich dieses vermuthen.
Deine Reden haben einen sehr eifrigen Leser an Ritter, der überhaupt jetzt in seiner vollen Gährung ist; aber eben darum ist es schwer über einen solchen Gegenstand einen bestimmten Eindruck aus ihm heraus zu fischen. –
Ich schreibe Dir heute nur das; denn alles andre was ich schreiben könnte ist nicht tröstlich, und ich bedürfte doch des Trostes fast so sehr als des Geldes[.]
Leb wohl
Friedrich.
[Dorothea Veit:]
Es ist nicht wahr, er bedarf keines andern Trostes als des Geldes.