Ich könnte Dir heute die gewöhnlichen Exemplare schicken; weil die Zeiten aber so sehr schlecht sind, will ich, um das Porto zu sparen, lieber warten, bis ich die Velin zugleich senden kann und also vor dem Werke einige von den Urtheilen über dasselbe, die ich nun schon einsammlen können, vorangehen lassen. –
Tieck hat unglücklicherweise gleich auf Dich gerathen. Bohn und Frommann sind exemplarisch discret gewesen, ich gab es T[ieck] so unbefangen wie möglich und läugnete nachher so trocken und ernst wie ich wußte, daß ich nichts davon wisse. Aber schwerlich wird er seine Vermuthung die ihm Gewißheit scheint, aufgeben. – Rittern haben sie außerordentlich beschäftigt, gefallen und erfreut. Er rieth auf Hardenb[erg] welches Dir weniger wunderbar scheinen würde, wenn du deßen Roman schon gesehn hättest. – An Tiecks Urtheil, der im ganzen eine große Antipathie dagegen hat, kann Dir allenfalls nur das interessant seyn, daß ihm doch der Versuch gefällt. Diesen lobt auch Wilhelm ganz vorzüglich. Er meynt, die Schamhaftigkeit würde darin wie ein Kaninchen von der Frette aus jedem Winkel weggejagt, bis sie sich endlich aus der bestimmten Oeffnung stürzen müsse. Er hat Dich gründlich und mit Andacht gelesen, lobt sehr Deine Gedanken von den Versuchen in der Liebe, als ihm einleuchtend und aus eigner Erfahrung bewährt; meynt jedoch Du arbeitetest Dich immer tiefer in Deine Manier herein, wo die Kraft zu sehr von der Feinheit überwogen würde. – Das sind nun so allerley Ansichten. Mir ist das das liebste im Buch, daß es so genau ja ängstlich genommen wird mit dem worauf sich alles bezieht, und daß man den einen großen Gesichtspunkt nie aus den Augen verliehrt.
Rittern wird es gut seyn. – Er redete mir schon neulich von seinen Gedanken über das Verhältniß der Liebe und Religion recht aus der Tiefe.
Der Versuch gefällt auch mir nun immer mehr. Ein Urtheil über die Form wage ich nicht, bis ich noch einen sehe. Das sehe ich schon jetzt, daß zwey Elemente darin verschmolzen sind, die in meiner Praxis getrennt sind und bleiben; die gelinde, gesellige Paradoxie und Ironie die ich wohl in dialektischen Briefen versucht habe, und was ich Versuche nennen würde, das innere Experimentiren mit der Reflexion ohne weiteres.
Fröhlich hat vorigen Posttag auch geschrieben und um Vollendung des M[anu]scr[i]pts gebeten. Er behauptet, es betrage alles nur 4 Bogen. Das kann nun wohl nicht seyn, indessen wird Raum genug seyn für eine Menge Notizen und es steht zu hoffen, daß Du mit dem Fichte und Engel fertig. Wie wäre es, wenn Du Dich kurz und gut entschlössest, Dein Gespräch hineinzugeben, damit ich es doch zu lesen bekomme, vorausgesetzt daß Du siehest, es sey Raum genug. Auf das was unsre Verhältnisse [betrifft] lasse ich wie gewöhnlich Doroth[ea] antworten. Nur bitte ich Dich, da Du Dich der Sache annimmst in unserm Sinne, wenn es vorkömmt, dreist zu handeln wie es Dir gutdünkt. So hätte ich auch gewünscht, Du möchtest an V[eit] wirklich geschrieben haben, was Du wolltest. Versäumt ist freylich noch nichts, wie Du aus Dor[otheas] Berichten sehen wirst. – Ueber einen andern Punkt bist Du sehr im Irrtum, und da muß ich Dich auch selbst desengañiren. Du meynst, ich würde nie Zeit haben mich des Philipps und seiner Erziehung anzunehmen. Ich liebe ihn sehr und ich thäte es so gern; ich glaube auch daß es mir leicht seyn würde, ihn bald eben so [zu] verstehen und [ihm] eben so nothwendig zu seyn wie die Mutter; nämlich was das Ganze betrifft, denn für den eigentlichen Unterricht fehlt es mir freylich wohl an Zeit und an Geschick doch nicht so sehr daß ich nicht so viel davon bestreiten könnte, als zum Ganzen beförderlich seyn würde.
Wollte Gott ich könnte ihn mein nennen und an Sohnesstatt annehmen. – Nur die Halbheit des Verhältnisses schreckt mich, und auch hierin ist meine Hoffnung, wie auch sonst noch, nur bitter getäuscht, nicht der Wunsch aufgegeben. –
Daß ich Dich nun so bald nicht sehn werde, ist traurig. Vielleicht erlaubt Zeit und Geld im Herbst oder Frühjahr einen kurzen Besuch, etwa mit W[ilhelm] zugleich!
Tiecks reisen nun bald und was mich betrifft mögen sie es in Gottes Namen. Die innre Armseligkeit des Menschen erregt mir, wenn es so lange dauert, einen unsäglichen Widerwillen. – Vom poetischen Journal schrieb ich nichts, weil die Ankündigung ja alles enthält. Nun ist das erste Stück meist fertig und ich kann etwas mehr sagen. Die Briefe über Shak[espeare] werden Dich sehr interessiren der Form wegen besonders. In der Folge wird es mehr eine hinreißende Lobrede auf den Tieck, als eine Darstellung des Dichters werden. – Ein Gedicht in Terzinen Die neue Zeit des Inhalts wie meines an die Deutschen. Er gebraucht sich nun auch als vates und Prophet. Indessen bleibt Scaramuz überall am sichtbarsten.
NB Es versteht sich, daß Du auch das Gespräch, wenn Du Dich entschließen kannst, es ins Athen[aeum] zu geben, nicht erst schickst, sondern gleich in die Druckerey giebst. Die Sonette bitte ich so zu bezeichnen und zu ordnen, wie es aus d[em] M[anu]sc[ri]pt erhellt.
– – –
[Dorothea Veit:]
Ich grüße Jetten herzlich [Friedrich Schlegel:] und ich auch. [DV:] Hat sie vollends so schlechtes Wetter als wir hier, so bedauere ich sie. Wir haben heute einheizen müßen. Grüßen Sie doch meinen Jonas viel tausend mahl, ich will ihn recht bald wieder schreiben. Vorige Woche waren wir in Weimar und haben Maria Stuart aufführen sehen.
Wenn ich in Weimar wohnte wäre ich recht oft im Theater, es ist sehr hübsch darin. Wenn Maria Stuart in Berlin gegeben wird so versäumt es nur nicht!
Tieck hat unglücklicherweise gleich auf Dich gerathen. Bohn und Frommann sind exemplarisch discret gewesen, ich gab es T[ieck] so unbefangen wie möglich und läugnete nachher so trocken und ernst wie ich wußte, daß ich nichts davon wisse. Aber schwerlich wird er seine Vermuthung die ihm Gewißheit scheint, aufgeben. – Rittern haben sie außerordentlich beschäftigt, gefallen und erfreut. Er rieth auf Hardenb[erg] welches Dir weniger wunderbar scheinen würde, wenn du deßen Roman schon gesehn hättest. – An Tiecks Urtheil, der im ganzen eine große Antipathie dagegen hat, kann Dir allenfalls nur das interessant seyn, daß ihm doch der Versuch gefällt. Diesen lobt auch Wilhelm ganz vorzüglich. Er meynt, die Schamhaftigkeit würde darin wie ein Kaninchen von der Frette aus jedem Winkel weggejagt, bis sie sich endlich aus der bestimmten Oeffnung stürzen müsse. Er hat Dich gründlich und mit Andacht gelesen, lobt sehr Deine Gedanken von den Versuchen in der Liebe, als ihm einleuchtend und aus eigner Erfahrung bewährt; meynt jedoch Du arbeitetest Dich immer tiefer in Deine Manier herein, wo die Kraft zu sehr von der Feinheit überwogen würde. – Das sind nun so allerley Ansichten. Mir ist das das liebste im Buch, daß es so genau ja ängstlich genommen wird mit dem worauf sich alles bezieht, und daß man den einen großen Gesichtspunkt nie aus den Augen verliehrt.
Rittern wird es gut seyn. – Er redete mir schon neulich von seinen Gedanken über das Verhältniß der Liebe und Religion recht aus der Tiefe.
Der Versuch gefällt auch mir nun immer mehr. Ein Urtheil über die Form wage ich nicht, bis ich noch einen sehe. Das sehe ich schon jetzt, daß zwey Elemente darin verschmolzen sind, die in meiner Praxis getrennt sind und bleiben; die gelinde, gesellige Paradoxie und Ironie die ich wohl in dialektischen Briefen versucht habe, und was ich Versuche nennen würde, das innere Experimentiren mit der Reflexion ohne weiteres.
Fröhlich hat vorigen Posttag auch geschrieben und um Vollendung des M[anu]scr[i]pts gebeten. Er behauptet, es betrage alles nur 4 Bogen. Das kann nun wohl nicht seyn, indessen wird Raum genug seyn für eine Menge Notizen und es steht zu hoffen, daß Du mit dem Fichte und Engel fertig. Wie wäre es, wenn Du Dich kurz und gut entschlössest, Dein Gespräch hineinzugeben, damit ich es doch zu lesen bekomme, vorausgesetzt daß Du siehest, es sey Raum genug. Auf das was unsre Verhältnisse [betrifft] lasse ich wie gewöhnlich Doroth[ea] antworten. Nur bitte ich Dich, da Du Dich der Sache annimmst in unserm Sinne, wenn es vorkömmt, dreist zu handeln wie es Dir gutdünkt. So hätte ich auch gewünscht, Du möchtest an V[eit] wirklich geschrieben haben, was Du wolltest. Versäumt ist freylich noch nichts, wie Du aus Dor[otheas] Berichten sehen wirst. – Ueber einen andern Punkt bist Du sehr im Irrtum, und da muß ich Dich auch selbst desengañiren. Du meynst, ich würde nie Zeit haben mich des Philipps und seiner Erziehung anzunehmen. Ich liebe ihn sehr und ich thäte es so gern; ich glaube auch daß es mir leicht seyn würde, ihn bald eben so [zu] verstehen und [ihm] eben so nothwendig zu seyn wie die Mutter; nämlich was das Ganze betrifft, denn für den eigentlichen Unterricht fehlt es mir freylich wohl an Zeit und an Geschick doch nicht so sehr daß ich nicht so viel davon bestreiten könnte, als zum Ganzen beförderlich seyn würde.
Wollte Gott ich könnte ihn mein nennen und an Sohnesstatt annehmen. – Nur die Halbheit des Verhältnisses schreckt mich, und auch hierin ist meine Hoffnung, wie auch sonst noch, nur bitter getäuscht, nicht der Wunsch aufgegeben. –
Daß ich Dich nun so bald nicht sehn werde, ist traurig. Vielleicht erlaubt Zeit und Geld im Herbst oder Frühjahr einen kurzen Besuch, etwa mit W[ilhelm] zugleich!
Tiecks reisen nun bald und was mich betrifft mögen sie es in Gottes Namen. Die innre Armseligkeit des Menschen erregt mir, wenn es so lange dauert, einen unsäglichen Widerwillen. – Vom poetischen Journal schrieb ich nichts, weil die Ankündigung ja alles enthält. Nun ist das erste Stück meist fertig und ich kann etwas mehr sagen. Die Briefe über Shak[espeare] werden Dich sehr interessiren der Form wegen besonders. In der Folge wird es mehr eine hinreißende Lobrede auf den Tieck, als eine Darstellung des Dichters werden. – Ein Gedicht in Terzinen Die neue Zeit des Inhalts wie meines an die Deutschen. Er gebraucht sich nun auch als vates und Prophet. Indessen bleibt Scaramuz überall am sichtbarsten.
NB Es versteht sich, daß Du auch das Gespräch, wenn Du Dich entschließen kannst, es ins Athen[aeum] zu geben, nicht erst schickst, sondern gleich in die Druckerey giebst. Die Sonette bitte ich so zu bezeichnen und zu ordnen, wie es aus d[em] M[anu]sc[ri]pt erhellt.
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[Dorothea Veit:]
Ich grüße Jetten herzlich [Friedrich Schlegel:] und ich auch. [DV:] Hat sie vollends so schlechtes Wetter als wir hier, so bedauere ich sie. Wir haben heute einheizen müßen. Grüßen Sie doch meinen Jonas viel tausend mahl, ich will ihn recht bald wieder schreiben. Vorige Woche waren wir in Weimar und haben Maria Stuart aufführen sehen.
Wenn ich in Weimar wohnte wäre ich recht oft im Theater, es ist sehr hübsch darin. Wenn Maria Stuart in Berlin gegeben wird so versäumt es nur nicht!