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Dorothea von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Jena den 26ten September 1800
„Wenn man in Müh und Arbeit vor sich
hinlebt, denkt man, man thue das
Möglichste; und wer von weiten
stehet und anordnet, glaubt er
verlange nur das Mögliche –“
Das heißt: Sie haben gut reden lieber Schleyer! Aergerlich und verdrüßlich bin ich, daß Sie mich nach allen diesen Teufelsgeschichten noch ausschelten! wie können Sie mich so quälen? ist es nicht schon genug Qual für mich, daß ich Sie so quälen muß? – Da glauben Sie nun weil ich mich hier eine ganze Stunde lang besonnen habe, wie ich es anfangen muß, um Ihnen die Fatalitäten, auf die aller leichteste Weise vorzutragen um Ihnen nicht zu viel Langeweile zu machen, daß ich sie leichtsinnig genommen! Während Sie über Leichtsinn schelten, schimpft der Friedrich auf meine Schwerfälligkeit! das halte ein andrer aus! –
Hier ist nun die Relation noch einmal für Barrèz. Haben Sie ihn unterdessen schon selber berichtet, so halten Sie diese zurück wo nicht, so siegeln Sie sie zu, und schicken sie hin. Ich hoffe es soll nicht zum Prozeß kommen; das wäre mir noch so etwas!
Madame Bernhardi? die mag auch zusehen, das ist eine niedliche Dame! Sie hat mir eine allerliebste LebensAnsicht verschaft wenn ich auch keinen andern Dank von ihr für die mancherley Gefälligkeiten habe, die ich ihr erzeigt, als die weise Warnung, mich niemals wieder mit ihr einzulassen, so habe ich alle Ursache zufrieden zu seyn. Wenn Sie meinen Brief an der Liebenswürdigen Lebensbeansichtigerin gelesen haben, so werden Sie gewiß gefunden haben, daß ich ihr so schonend als nur immer möglich von der Bütows Rechnung geschrieben; und mich dünkt sie hat zum pikirt seyn, nicht die geringste Ursache, vielmehr habe ich eine Empfindung ganz andrer Art an ihr, dabey vorausgesetzt; so etwas von Beschämung; aber freylich nicht die mauvaise honte, die sie antrieb Ihnen eine romantische Dichtung darzustellen, von ihrem Rechnungs hohlen Lassen, und verläugnen von Bütow. Wie können Sie sich dergleichen von ihr erzählen lassen? und mich noch ausschelten? Sie muß ja wissen daß sie die Rechnung nicht bezahlt hat, und daß sie sie schuldig ist zu bezahlen, wenn also Bütow, (welches so unwahrscheinlich als möglich ist) das Geld nicht von ihr annehmen wollte, so war sie mir es schuldig, und pikirt seyn, ist hier das lächerlichste was sie seyn konnte. Ich habe mich ganz und gar nicht anheischig gemacht für sie zu bezahlen, sondern habe ihr nur bey Bütow durch mein Vorwort Credit geschafft und ich habe es gesehen, daß Bütow ihren Namen in sein Buch schrieb, so daß er ihr die Rechnung allerdings schicken muß, so bald sie sie fordern läßt. Er hat aber ihre Rechnung mit auf der meinigen gesetzt weil sie sie nicht hat fordern lassen und weil es Bütow nun bequemer findet sich an mich zu halten. Das darf sie ja aber nicht leiden, wenn sie Ehre im Leibe hat, und wie läßt sie sichs einfallen pikirt zu seyn?
Ich bitte Jetten recht sehr, so bald so viel Geld für mich zusammen ist, daß sie die Summen bezahlt die auf der Rechnung mit einem Kreuz bezeichnet sind, und dabey Bütow anweiset, daß er sein Geld von der Bernhardi sich selber verschafft. Noch bitte ich Jetten, die Theemaschine einzupacken, und sie bey sich stehen zu lassen bis sich eine Gelegenheit findet sie her zu schicken wenn sie sie ordentlich in einen Kasten einpackt, so kann sie einem Fuhrmann mitgegeben werden; im weißen Schwan, oder im Reh in der Jüdenstraße, finden sich immer solche Leute. Sie lieber Schleyer kennen sich auf der Reise nicht damit beschweren, wie Jette meynt, denn sie wird doch wenn sie eingepackt ist, ziemlich von Umfang seyn. Eine Probe Kleiderflor kann ich Jetten nicht schicken, sie soll auf meine Verantwortung nur schwarzen Kleiderflor kaufen, der 8 Streifen in die Breite hat, so kann sie gar nicht fehlen. Für den Bericht der Moden danke ich Jetten recht sehr, ich bitte sie aber auch mir die modernen Proben zu schicken, um die ich sie in meinen letzten Brief gebeten. Ich grüße die Gute viel tausendmahl, schreiben will ich nächstens an sie. Bestellen Sie ihr aber, daß ich die Wohlzogen habe kennen gelernt, die sie recht grüßen läßt.
Daß ich Sie liebe, daß ich Sie erwarte, daß ich Sie bitte nicht zu spät im Jahre zu kommen, daß fürchte ich mich beynah ihnen hinter diesen albernen meschanten Brief zu versichern. Ich will auch lieber nur aufhören. Doch Eins noch, um nur wieder ein freundliches Gesicht machen zu können. Wenn Ihre Freundin [sich] das nächstemal im schwarzen Stuhl setzt, so empfehlen Sie mich ihr. Es ist mein Privilegium daß ein jeder der in dem Stuhl sitzt sich meiner in Guten erinnere. Gott erhalte Sie
Dorothea
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 26. September 1800
  • Sender: Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 185‒187.
Language
  • German

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