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Dorothea von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Jena den 27ten Februar 1801
Friedrich ist vor der bloßen Idee so viel Briefe schreiben zu müßen so erschrocken, daß ich ihm das wirkliche Schreiben nur so viel es angeht abnehmen will. Sie haben mir recht lange nicht geschrieben lieber S[chleiermacher] sind Sie so ungeheuer fleißig? wir sind auch fleißig aber eben nicht ungeheuer. So den rechten stupenden Fleiß der zur Zeit der Hypochondrie noch Mode war, der wäre uns ungemein gesund aber zu dem kömt es nicht bey uns. Uebrigens aber geht es uns gut, und am Immergrün der Hoffnung fehlt es nie. Schreiben Sie ja ich beschwöre Sie; und zwar lauter Nachrichten von Allen und von Allem. Friedrich und ich leben jetzt ganz allein; Ritter macht eine kleine Reise nach Weimar, Gotha, Meiningen etc. er hat den Philipp mitgenommen, den er sehr liebt. Heute schrieb er mir, Philipp betrüge sich scharmant, und bis zur Rührung weis er sich gut in alles zu finden. Sie werden gewiß einmal Ihre Freude an ihn haben; unter andern hat er auch viel Lust und Talent zur Musik.
Ich freue mich ganz unendlich mit dem Herkules Musagetes. Sie wissen, oder wissen Sie nicht daß diese Elegie den Aufsatz über Lessing in den Charakteristiken und Kritiken beschließen soll? Ich finde diesen Titel sehr wohl ausgedacht[.]
Wilhelm und Friedrich haben sich darin Charakterisirt, und alles übrige kritisirt. Aber die Elegie! Sagen Sie mir nur, daß Sie Ihnen eben so gefällt, Sie eben so rührt als mich, sonst ärgre ich mich. Ueber die beyden Sonnette im Florentin haben Sie ihm so nichts gesagt! Friedrich wird das Dichten immer leichter, dafür aber, ich weiß nicht soll ich leider sagen? das eigentliche Arbeiten, und alles Geschäft um so schwerer. Nun es wird ja alles noch leicht werden.
Lieber Freund, ich wünschte Sie sagten uns einmal die Summe die wir Ihnen schuldig sind. Wir haben jetzt einigermaßen Aussicht einige Schulden abtragen zu können unter diesen gehören Sie zu den ersten. Wenn es möglich wäre dagegen, daß Veit mit der Abzahlung der hundert Thaler noch einige Geduld hätte, das wäre uns freylich sehr erwünscht, daß er wenigstens nicht pünktlich auf die Zahlung zu Ostern besteht, zu Johanni kann es uns nicht fehlen. Nur zu Ostern möchten wir uns nicht gern so gar sehr vom Gelde entblößen. Zu Ostern und zu Michaeli hat man gewöhnlich hier die stärksten Ausgaben, wenn man sich die übrige Zeit auch behilft, und durchhilft. Schreiben Sie mir darüber, und sehen Sie zu was Sie für uns thun können. Sie müßen schon erlauben daß wir Ihnen alles zuschicken, weil wir weder Tiecks, noch Wilhelms Addresse wissen. adieu adieu.
Ich grüße Jetten tausendmal, wisst ihr denn gar nichts aus Hamburg?
Dorothea
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 27. Februar 1801
  • Sender: Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 237‒238.
Language
  • German

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