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Dorothea von Schlegel, Friedrich von Schlegel to Friedrich Schleiermacher, Henriette Herz

den 15ten Juni 1801
Lieber Freund, es war unsre gute Meynung Sie sollten von unsrer Miserabilität nicht eher etwas erfahren bis sie wieder vorüber wäre; daß V[eit] es erzählen würde darauf war nicht gerechnet. –- Ja ich war schon wieder einmal hart daran. Ich befand mich schon lange nicht gut, bald an den Zähnen, bald hier, bald dort; Leipzig, mit seiner Kellerluft, und seinen Zug wind; die dort vorgefallnen Gespräche und Unterhandlungen mancher Art die mir innerlich heiß machten, während mich jene äußerlich erkälteten, trugen nicht wenig zum Ausbruch des Uebels bey; dennoch hielt ich mich immer tapfer, bis ich wieder her kam; hier behielt der Böse die Oberhand, und ich mußte mich geduldig ergeben. – Ich habe fast keine andre Arzney als Castor, und hauptsächlich Opium bekommen, enfin – – – Das dümmste und schlimmste war, daß Friedrich endlich der Unruhe, den Nachtwachen, und nächtlichen Erkältungen erlag, und einige Tage sogar im Bette bleiben mußte! Denken Sie sich uns nun gegeneinander über liegend wie eins immer zum andern kriecht, um das nöthige zu reichen – – wir sind aber nun beyde mit starken Schritten auf dem Wege der Besserung, nur wie Rothkäppchens Großmutter: „was matt“[.]
Aber wie, wie oft dacht ich an meinen Wächter und Freund in Berlin, wenn ich so deutlich sah wie Friedrich sich anstrengte, und sich doch von keinen wollte ablösen lassen! Ihnen hätte er aber die Sorge anvertraut –
Du gute liebe Jette! wie vermißte ich Dich, denk Dir nur daß ich ganz ohne Freundin in dieser Krankheit war, die Paulus ist nicht hier, und einige andre Damen machten mir höfliche Visiten! Ja ja! es ging doch recht gut, sey also ohne Sorge – es ist auch gut daß man erfahre was man im Nothfall wohl kann. Verzeiht lieben Freunde die wenigen Zeilen, das Schreiben strengt mich doch an, ich bekomme etwas Kopfweh[.]
Behaltet mich lieb, ich grüße Euch
Dorothea
wenn Sie etwa Veit sehen so grüßen Sie ihn doch recht sehr von mir, wenn er etwa für mich ein Paket mit Schuh aus Wien bekömt, so möchte er es nur her schicken.
[Friedrich Schlegel:]
Geliebter Freund,
Du wirst verzeihn, daß ich Dir so lange nicht geschrieben habe. Nun sind es bald 14 Tage, daß ich selbst nicht wohl bin. Jetzt habe ich zwar nur noch einen Schnupfen aber er ist so enorm stark daß ich fast zu allem unfähig bin.
Einen Brief mußt Du doch nun aber schon lange erhalten haben, nebst 1 Ex[emplar] der Charakteristiken, auch die Aushängebogen vom Plato.
Eben erhalte ich Deine Predigten; ich konnte nur noch darin blättern, aber ich vermuthe schon daß sie sehr nach meinem Herzen sein werden[.]
Dor[othea] ist nun Gott sei Dank wieder so weit vorgerückt daß nur noch von Ersetzung der Kräfte die Rede ist; aber freilich ist das noch ein großer Punkt.
Ich bitte recht sehr und recht dringend, daß Du mir von Deinen Versen schickst. Sobald ich wieder auf den Beinen bin, schicke ich eine Platonische Sendung –
Kar[oline] hat es endlich dahin gebracht, daß W[ilhelm] sich förmlich mit mir hat brouilliren müssen. Er hat sich dabei nicht gut genommen[.]
Lebe wohl Dein
Friedrich
[DV:] . . .
Ich habe besagte Karoline noch gar nicht gesehen, trotz der Krankheit! Cela est fort!
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 15. Juni 1801
  • Sender: Dorothea von Schlegel · , Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher · , Henriette Herz ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 277‒278.
Language
  • German

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