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Dorothea von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Allerliebster Freund und Schleyermacher, dieses mal haben Sie uns wieder einmal Unrecht gethan; wir sind wie Sie nun wissen werden, ganz und gar nicht durch Ungeschicklichkeit schuld daran, daß Sie in Unruh haben harren müßen, sondern die Poste gehen miserabel, und Sie haben den Brief, den ich schrieb daß F[riedrich] nicht den 24ten kommen würde zu spät erhalten, wie Sie nun wohl einsehen werden. Ich schreibe es Ihnen blos noch einmal, damit Sie sich es notiren, uns Unrecht gethan zu haben; es ist wegen ein Anders mal. Nun haben Sie den Friedrich; halten Sie ihn sicher, und halten Sie ihn warm. Denken Sie aber auch oft meiner, und laßt mich der Dritte seyn, wo Ihr beyde versammelt seyd.
Was werden Sie zu allem dem meynen was Friedrich Ihnen nun mittheilen wird? warum kann ich nicht gleich bey Euch seyn? Friedrich ist oft zu kurz in seinen Mittheilungen, ich bin ganz gewiß recht nothwendig zwischen Euch als Auslegerin, und Ergänzerin.
Ich verstehe freylich Eleonorens Witz vom lösen lassen. Denken Sie ich sey so stock Jüdin? Stellen Sie doch aber nur der liebenswürdigen Schriftgelehrten vor, wie in unsern sündlichen Zeiten so gar zur Erlösung mit dem Blute, das vergängliche Erlösende des Goldes nöthig sey. –
Brinkmanns Unglück hat mich wahr und wahrhaftig ganz erschüttert! wie ich es in Ihrem Briefe las, bekam ich auf der Stelle die heftigsten Kopfschmerzen, so sehr bin ich darüber erschrocken. Das ist entsetzlich und ich sehe nicht ein, wie er sich wird trösten können. Wie aber auch in aller Welt mag er der ungetreuen Thetys einen solchen Schatz anvertrauen? Kann er sich noch immer nicht überzeugen, daß er von den Damen nichts zu hoffen habe? und weiht er ihnen dennoch immer wieder sein Kostbarstes?
Der Arme Mann! Herzlich bedaure ich ihn! Es ist doch wahr, wenn ich gegen jemand etwas habe, so darf er nur ein Unglück haben, sogleich ist mein Zorn und mein Haß fort, und er selber erscheint mir anders.
Wir hätten freylich uns schon längst aus der feindseeligen Nähe fortgemacht, wenn wir Geld gehabt hätten, und wenn wir nicht unsern künftigen Aufenthalt gern recht bedächtig wählen möchten um endlich einmal wieder ruhig zu bleiben. Es wäre uns zwar beyden ganz recht, lieber noch eine Weile als Zugvögel umher zu ziehn wenn es nur nicht so kostbar wäre.
adieu lieber guter Freund seyd nur recht vergnügt miteinander, nebeneinander, und über einander.
Viel tausend LiebesGrüße an Jette.
Metadata Concerning Header
  • Date: [Anfang Dezember 1801]
  • Sender: Dorothea von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Jena · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 310‒311.
Language
  • German

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