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Ludwig Tieck to Friedrich von Schlegel

Geliebtester Freund,
Mein Brief hat Dich in Jena nicht mehr angetroffen, Du wirst ihn vielleicht eben nun erhalten haben, es war nur eine kurze Notiz über Unger. Sein Wankelmuth und seine Unbeständigkeit haben sich auch nun bestätigt, denn er hat mir so eben ganz kurz geschrieben, worin er zwar nicht gradezu den Verlag abschlägt, ihn aber noch weniger annimmt, er wolle mündlich mit mir darüber sprechen, schwerlich würden die Druckkosten herauskommen, kurz, die Art, welche Du kennst, daß man nicht weiß, was man an solchem Briefe hat, und der sich für einen Kaufmann gar nicht schickt. Du thust wohl am besten, selbst mit ihm zu sprechen, und ihn zu einer bestimmten Erklärung zu bringen, und wenn er dafür ist, den Druck sogleich anfangen zu lassen, damit er seinen Entschluß nicht noch einmal verändern kann, denn auf Ostern waren wir so gut wie einig. Das M[anu]sk[ri]p[t] habe ich nun doch hingeschickt, weil ich Ungers Brief noch nicht hatte; laß es Dir zustellen, wenn ihr nicht einig werdet. Ich habe zwar nicht wenige Zeit darauf verwandt, aber doch nur sehr weniges und Unbedeutendes geändert, theils aus Achtung und Liebe für Hardenberg, theils auch, weil es fast unmöglich ist, in einem solchen Werke Zufälligkeiten auszulöschen, ohne dem Wesentlichen zu nahe zu treten, man müste es gleich neu schreiben, und das wäre frevelhaft, ich denke, Du wirst damit nicht unzufrieden sein, daß ich lieber den ungeübten Stil, eine gewisse Einförmigkeit der Perioden, und d [er]gl[eichen] gelassen habe, als meine Art und Weise hineingetragen. Es kommt einem so armseelig vor, zu korrigiren, wenn man immer von der Schönheit des Ganzen ergriffen ist. Besonders möchte ich das beschliessende Märchen ganz Raphaelisch in Styl und Umrissen nennen. – Könnte man vielleicht nicht von dem Honorar noch etwas herunterlassen? oder möchtest Du das Werk vielleicht dem Fried. Bohn in Lübeck antragen? Ich habe gestern sogleich an Frommann geschrieben, und angefragt, ob er es verlegen wollte. Dies kann Dich nicht hindern, einen andern Verleger zu suchen, denn ich zweifle, daß er es nimmt: auch thäte es nichts, einer müste alsdann zurücktreten. – Ich lege ein Billet an Unger bei, Du überbringst es ihm wohl selbst. In Ansehung der Herausgabe des Hardenbergischen Nachlasses lasse ich Dir ganz freie Hand natürlich, welche Bedingungen Dir die besten scheinen, kurz, wie Du es einrichten willst. – Wirst Du nicht bald kommen? Ich fühle eine unbeschreibliche Sehnsucht nach Dir. Ich dächte, Du kämst mit, oder noch vor Weihnachten, so lange es noch nicht so kalt ist, und komme doch gleich direkt von Berlin hieher, bedenke, daß Du sonst bei dem schlechten Wetter und den abscheulichen Wegen 35 Meilen mehr machen must, was Dich gewiß angreifen würde, es könnte vielleicht gar Deiner Gesundheit schaden. Auf Deine Tragödie freue ich mich unbeschreiblich: wirst Du sie noch an Unger geben, wie Du im Frühjahr wolltest? Ich kann Dir auch, wenn Du kommst, mancherlei mittheilen, ausgearbeitete Sachen und noch mehr Plane. Wenn man recht Ernst macht, erfühlt man recht die Wahrheit des alten Spruches, wie die Kunst so lang und das Leben so kurz sei: es ist nicht trivial, so oft die Trivialen es auch so gebraucht haben, den Satz hat gewiß ein recht künstlerisches und bescheidenes Gemüth zuerst ausgesprochen.
Ich mag Dir jezt nichts mehr schreiben, da ich hoffe, daß wir uns bald sprechen werden? Wie ist es Dir mit meinem Bruder gegangen? Es hat mir sehr weh gethan, daß er nicht über Dresden gekommen ist, aus meiner Reise nach Berlin wird schwerlich etwas werden können, da ich mit Arbeiten so überhäuft bin. Lebe recht wohl, liebster Freund, und gedenke meiner mit derselben Liebe, die ich zu Dir trage[.]
Der Deinige
L. Tieck.
Willst Du wohl an Wilhelm die Einlage geben?
Grüß doch Schleiermacher recht herzlich.
Meine Frau läßt Dich und Wilh[elm] grüssen. Bringe mir doch den Dummen Teufel wieder mit.
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Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 10. Dezember 1801
  • Sender: Ludwig Tieck ·
  • Recipient: Friedrich von Schlegel ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 314‒315.
Language
  • German

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