Dresden, den 8ten Februar 1802.
Es ist wahr, daß ich Schuld war an Ihrem Schmerz. Aber gewiß kam ich sehr unschuldig dazu; es ist meine Natur, im Einzelnen alles, was an sich gut und recht ist, zu übertreiben, ohne daß ich’s weiß und will; und so geschiehts, daß ich oft weh thue, wo ich gar nicht daran denke, daß meine Worte auch nur hart sein könnten. Aber nun hüten Sie sich auch, daß Sie nicht in denselben Fehler fallen! Gewiß, Sie fangen an, mir alles übel zu deuten, und denken sich manches aus, was gar nicht so ist. So habe ich meine innigste Freude an Ihren Briefen, trotz aller Schmerzen, die sie bringen und erregen; ja ich liebe sie und bete sie an, und Sie bilden sich ein, ich tadle sie nur. –
(Folgen Schuldangelegenheiten in Betreff der Gräfin Schlabrendorf, welche Schlegeln Geld vorgestreckt.)
Lassen Sie sich Bernhardi’s Kynosarges geben. Erstlich ist eine Recension des Almanachs darin, wovon wenigstens das über meine „Abendröthe“ in allem Ernst gründlich ist. Dann aber ist ein Aufsatz über Wissenschaft und Kunst, worin – Schleiermachers Reden über die Religion überall wiederklingen, und das ist nun in allem Scherze sehr spaßhaft, wie die Anempfinder immer grade auf das fallen, was ihnen am fremdesten ist; der bleierne moralische Schiller auf das Romantische, Phantastische, Tieck, Genoveva; und der dickhäutige, bierschwere Bernhardi auf Mystik, Religion, Schleiermacher! Aber dies bleibt ganz unter uns, denn Bernhardi meint es redlich, ist nicht ohne Tiefe und Verstand und kann noch viel Wackres lernen; also bin ich trotz dieser kleinen Bosheit dennoch sein Freund in einem etwas weitläufigeren Sinne des Worts. – Sie müssen mir doch zugeben, daß unter allen Anempfindern mein Bruder der edelste, gebildetste, geschickteste, ja auch der redlichste ist! –
Herzliche Grüße von Dorothea. Sie wünscht auch sehr, daß wir zusammen reisen könnten. –
Friedrich Schlegel.
Es ist wahr, daß ich Schuld war an Ihrem Schmerz. Aber gewiß kam ich sehr unschuldig dazu; es ist meine Natur, im Einzelnen alles, was an sich gut und recht ist, zu übertreiben, ohne daß ich’s weiß und will; und so geschiehts, daß ich oft weh thue, wo ich gar nicht daran denke, daß meine Worte auch nur hart sein könnten. Aber nun hüten Sie sich auch, daß Sie nicht in denselben Fehler fallen! Gewiß, Sie fangen an, mir alles übel zu deuten, und denken sich manches aus, was gar nicht so ist. So habe ich meine innigste Freude an Ihren Briefen, trotz aller Schmerzen, die sie bringen und erregen; ja ich liebe sie und bete sie an, und Sie bilden sich ein, ich tadle sie nur. –
(Folgen Schuldangelegenheiten in Betreff der Gräfin Schlabrendorf, welche Schlegeln Geld vorgestreckt.)
Lassen Sie sich Bernhardi’s Kynosarges geben. Erstlich ist eine Recension des Almanachs darin, wovon wenigstens das über meine „Abendröthe“ in allem Ernst gründlich ist. Dann aber ist ein Aufsatz über Wissenschaft und Kunst, worin – Schleiermachers Reden über die Religion überall wiederklingen, und das ist nun in allem Scherze sehr spaßhaft, wie die Anempfinder immer grade auf das fallen, was ihnen am fremdesten ist; der bleierne moralische Schiller auf das Romantische, Phantastische, Tieck, Genoveva; und der dickhäutige, bierschwere Bernhardi auf Mystik, Religion, Schleiermacher! Aber dies bleibt ganz unter uns, denn Bernhardi meint es redlich, ist nicht ohne Tiefe und Verstand und kann noch viel Wackres lernen; also bin ich trotz dieser kleinen Bosheit dennoch sein Freund in einem etwas weitläufigeren Sinne des Worts. – Sie müssen mir doch zugeben, daß unter allen Anempfindern mein Bruder der edelste, gebildetste, geschickteste, ja auch der redlichste ist! –
Herzliche Grüße von Dorothea. Sie wünscht auch sehr, daß wir zusammen reisen könnten. –
Friedrich Schlegel.