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Friedrich von Schlegel to Carl Friedrich Ernst Frommann

Dresden den 1ten März 1802
Werthester Freund
Schon seit mehren Wochen habe ich Ihnen posttäglich schreiben wollen, um Ihnen für Ihr freundschaftliches Andenken zu danken und Ihnen bestimmte Nachricht über den Plato zu geben; aber eben die unermüdliche Beschäftigung mit dem lezten hat mir alle Zeit geraubt, und daneben hatte es mich auch etwas verstimmt daß Sie bei einer Arbeit, die so weitläuftig und schwer ist, daß es da nur heißen kann – Was lange währt, wird gut – immer noch zu sehr eilen zu müssen glauben. Ich weiß es, bester Freund, daß Sie von Ihrer Seite ganz Recht haben und ich verkenne es nicht, daß Sie bei dieser Unternehmung aus Liebe zur Sache handeln. Aber sein Sie auch versichert, daß dieß bei mir nicht weniger der Fall ist. In der That ist die Arbeit die mir der Plato bis jezt schon gemacht hat, unermeßlich, und nichts kann sie mir belohnen als das Bewußtsein, daß dieser erste Band gleich so vollendet auftreten wird, daß ich wohl sagen [kann] daß dieses im Fache der Uebersetzungen aus den Alten mit Rücksicht auf Kritik und Interpretation noch beispiellos sei.
Glauben Sie ja nicht, der Aufenthalt in Berlin sei nicht für den Plato genutzt worden. Die mündliche Rücksprache mit Schleierm[acher] war nothwendig, und auch die mit unserm Freunde Heindorf war sehr fruchtbar; von welchem zur Osterm[esse] einige Dialogen des Plato edirt erscheinen werden, die in Rücksicht der Kritik des Einzelnen Epoche machen.
Den Phaedrus und Protagoras müssen Sie jezt schon von Berlin aus erhalten haben, oder es wird in sehr kurzer Zeit geschehen. Der Parmenides, bei dem in der That ganz unerhörte Schwierigkeiten Statt finden, wird die Reise nach Berlin und hieher zurück noch nachmessen. Aber mit Gewißheit können Sie darauf rechnen, daß alles alles zu Ende März oder Anfang April in Ihren Händen ist. – Schleierm[acher] besteht darauf, daß der Phaedrus umgedruckt werde, und das verbesserte Exemplar ist eben das, was Sie wie ich eben erwähnte, in diesen Tagen erhalten haben werden. Versteht sich unter der Bedingung, daß Sie uns die ganzen Kosten des Druckes, die Sie mir wo ich nicht irre zu 53 Th[alern] angaben, abziehen.
Es wird also freilich erfoderlich sein, daß der Druck ziemlich schnell von Statten gehe, um noch zur Messe fertig zu werden. Können Sie das aber nicht einrichten, so will ich gerne zufrieden sein, daß Sie mir die Kosten der Versendung abziehen. Dabei bleibt es aber auf jeden Fall, daß Sie das ganze M[anu]scr[i]pt Ende März oder Anfang April in Händen haben.
Nur wünschte ich nicht, daß die Correctheit des Druckes unter der Eilfertigkeit leiden möchte. H[err] Tennemann ist gewiß ein sehr genauer Corrector. Indessen möchte ich wünschen und bitten, daß Ast entweder vorher oder nachher noch eine Correctur erhalten möchte. Die größte Correctheit ist wirklich bei diesem Werke eine unentbehrliche Foderung.
Noch eine Bitte. Ich wünsche sehr daß Sie einwilligen möchten, daß wir auch den Phaedon noch in diesen Band aufnehmen; damit Sie aber nicht denken, daß die Erscheinung des Ganzen darunter leiden solle, will ich gleich die bestimmte Bedingung hinzufügen, wenn er den 10ten April spätestens in Ihrer Hand ist. – Ich bin nun einmal sehr im Zuge; der Ph[aedon] ist leicht und mehr zur Erholung. Schwer war in diesem Bande nur der Phaedrus wegen der Corruption des Textes und der Parmenides wegen der Unübersetzlichkeit der Sprache und Terminologie. Schwerer als alles freilich die Einleitung.
Ich wünsche die Aufnahme des Phaedon wegen des Zusammenhanges der Ordnung. Der Band würde alsdann aber doch nicht über höchstens 32 Bogen stark werden. – Alsdann würden die ächten Dialogen des Plato nur vier solche starken Bände ausmachen, die unsrer Seite alle, so schnell Sie es wollen auf einander folgen können; denn die größte eigentliche Schwierigkeit habe ich jezt durch die Anordnung und Kritik des Ganzen überwunden; – das andre ist eine Arbeit, bisweilen auch noch eine schwere, aber eine angenehme und wo nirgend wieder ein so großer Aufenthalt entstehen kann. – Die unächten Dialoge ließen wir alsdann etwa in Supplementbänden folgen.
Für die mitgetheilte Nachricht vom Jon danke ich Ihnen recht sehr, so wie M[adame] Veit Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin für die freundschaftl[iche] Theilnahme, die Sie ihr bewiesen haben. Wir bitten Sie beide um Ihr gütiges Andenken, in 4–6 Wochen sehen wir Sie wieder. Mich erfreuen Sie bald in der Tiefe meiner cyklopischen Arbeit durch einen freundlichen herzstärkenden Brief.
Ganz der Ihrige
Friedr Schlegel
Hätten Sie wohl die Gefälligkeit mir ein Exemplar von Schellings und Hegels Journal mitzuschicken? –
Noch eins – über Ritter, dem ich einliegenden Brief sogleich zu besorgen bitte. Ich habe für ihn gutgesagt bei Paulsen über eine kleine Schuld von circa 30 Th[alern][.] Er hatte mir bestimmt versprochen, schon in wenigen Tagen Paulsen, der immer sehr dringend ist, zu befriedigen. Auch würde es mir jezt sehr beschwerlich fallen, da ich viele Ausgaben gehabt habe. – Sie haben schon so oft Ordnung in R[itter]’s Geldgeschäfte gebracht; wenn es die Gelegenheit gibt, daß Sie die Bezahlung dieser Summe mit ar[r]angiren oder ihn zur Bezahlung antreiben könnten, so würden Sie ein gutes Werk thun.
Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 1. März 1802
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Carl Friedrich Ernst Frommann ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 336‒338.
Language
  • German

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