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Friedrich von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

Dresden den 25t März 1802
Geliebtester Freund,
Mit der größten Theilnahme habe ich die Nachricht gelesen die Du mir giebst. Ich wünsche und hoffe daß alles glücklich gehen mag, d. h. daß Du mit so wenig Verdrießlichkeiten davon kommst als nur möglich ist. – Eleonoren wird es gewiß nicht an Muth fehlen, und so habt Ihr noch ein schönes Leben vor Euch. – Bei der Entfernung von Berlin bedenke nur das, daß Du von jeher doch nur durch Aufopferung Deiner geselligen Bedürfnisse Deine Zwecke in der Wissenschaft erreichen konntest. Benutze nun den Zufall und laß uns erfreuliche Früchte aus Deiner Entbehrung hervorgehen sehn. Von nun an ist mir alles doppelt theuer, was Du hervorbringst und bildest. Die Einsamkeit ist die Mutter der Wissenschaft und Kunst. Machst Du Dir nicht die Kritik der Mor[al] in Rücksicht der Gelehrsamkeit zu schwer, da sie doch wohl nur eine Kritik der wenigen nothwendigen Systeme enthalten kann im Allgemeinen, nicht die besondre Geschichte der zufälligen? Wenn Du nun zum Stoicismus noch den Seneca und Cicero zu lesen Dich überwindest nebst Deinem Arrian, so wüßte ich nicht, was Dir nach Plato und Aristot[eles] fehlen könnte. Und diese alle mußt Du ja leicht selbst in Stolpe haben können.
Vor allen Dingen müssen wir auch zwischen P[aris] und St[olpe] recht lebhaft correspondiren. Alles organisirt sich mehr und mehr[.] Die nächsten Schwierigkeiten scheinen überwunden. 3 Jahr bleibe ich gewiß in Frankr[eich] und bis dahin muß auch schon der Hauptversuch gemacht sein mit dem französ[ischen] Werk.
Du hast jezt von der Levi schon 200 Th[aler] für mich erhalten, oder erhältst sie mit nächstem. Brauchst Du das Geld besonders bald, so nimm davon fürs erste nach Beheben 50–80 Th[aler]. Meine Schuldner müssen im Nothfalle alle bis Ostern warten. – Fromm[ann] ist noch in den besten Dispositionen. Der erste Band soll durchaus noch zur Messe kommen. Vor der Messe pflegt er selten Geld zu haben. Aber in dieser zahlt er gewiß pünktlich.
Den Protag[oras] schicke ja gleich, wenn er noch nicht abgegangen ist. Ich habe Fromm[ann] das M[anu]scr[i]pt Ende März versprochen und ich denke, ich werde mit dem Parmen[ides] zum wenigsten Wort halten. Ich freue mich sehr auf Deinen Protagoras. –
Ich bin sehr fleißig. Dor[othea] ist seit einigen Tagen nicht wohl, es hat nicht sehr viel auf sich, aber ich leiste Gesellschaft da sie nicht aus ihrer kleinen engen Stube kann, und so wird dieser Brief sehr kurz werden.
Du hast ein Ex[emplar] von Alarkos das ist schon gut. Aber es fehlen 6 Verse darin. Laß Dir ja also die Anzeige der Druckfehler geben.
Heindorf meinen besten Gruß. W[ilhelm] wird Dir auch für ihn 1 Ex[emplar] geben.
Wie glücklich ists, daß diese Revolution nicht vor meiner Reise nach Berlin eingetreten ist, daß wir uns noch gesehen haben. Zu Lucinde II. sehe ich wohl, daß ich noch viel, sehr viel zu arbeiten habe. Ein paar Dramen aber werden, wenn der Plato bei Seite ist, sehr schnell fertig werden. Die Encyklopädie wächst im Stillen.
Ich bin auch noch in Deiner Schuld, was ich ganz vergessen hatte, und woran mich erst Doroth[ea] erinnert. Wie viel ist es? {Freil[ich]}, das müssen wir nun auch anrechnen.
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 25. März 1802
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Berlin · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 341‒342.
Language
  • German

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