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Friedrich von Schlegel to Carl Friedrich Ernst Frommann

Dresden. Den 29ten April 1802
Theuerster Freund,
Ich sollte eigentlich gar nicht an Sie schreiben, da ich statt des M[anu]scr[i]pt[s] nur die Gewißheit geben kann, daß ich alles was ich nicht schicke nach Leipzig wenigstens mitbringen werde. Den Phaidon auch zugleich mit dem Parmenides[.] Ihr Brief aber hat mir eine so große Freude gemacht, daß ich ihn unmöglich länger unbeantwortet lassen kann. Es ist mir unbeschreiblich angenehm, daß Sie Lust bezeugen, mir eine Stelle für die künftige O[ster]M[esse] offen zu erhalten; je weiter ich auf einige Zeit entfernt sein werde, je wichtiger ist es mir im voraus solche Aussicht zu haben; vorzügl[ich] aber deßwegen weil ich daraus sehe, daß Sie durch die Verzögerungen die ich Ihnen (selbst gefesselt von der unerbittl[ichen] Nothwendigkeit einer nach fremden Gesetzen unabänderlichen Arbeit – die entweder gar nicht, oder nur ganz vollendet auftreten darf –) habe verursachen müssen, doch an mir selbst nicht die Lust verloren und es mir gönnen wollen, durch die eignen Erzeugnisse meiner Freiheit wieder gut zu machen was sich gut machen läßt.
Es ist mir wirklich theuerster Freund von großem Werth daß Sie zu der Zeit wo ich neben der unendlichen Arbeit noch so viel nicht aufzuschiebende Geschäfte und auch wohl Verdrießlichkeiten hatte, mich durch die unverrückte Fortdauer Ihrer Freundschaft erfreut haben! –
Doch nun zu dem was für jezt das wichtigste, ich oder vielmehr wir sind den 15ten oder spätestens 16ten Mai Abends in Leipzig. Ich bleibe 3 oder 4 Tage da, und bitte mir so viel Zeit zu schenken als Ihnen möglich ist.
Des sein Sie versichert daß weder die Reise nach Pommern noch die meinige dem Fortgange des Werkes im mindesten s[ch]aden soll. Schlei[ermacher] hat schon bestimmt den Theätetus übernommen, zum Gorgias sich erboten und auch zum Cratylus der freilich seine ganz besonderen Schwierigkeiten hat. –
Schlimmer ist es wirklich daß ich nicht habe ruhen können, bis ich den Plato verstände; sonst wäre alles ganz herrlich gegangen.
Vielleicht bringe ich Ihnen Tieck mit nach Leipzig. Er hat Mutter und Vater in wenigen Tagen verloren; die Schwester die eben schwanger, ist sehr kränklich und da ihr erst kurz zuvor ein Kind gestorben ist, so kann es ihr leicht sehr schädlich werden. Auch Tieck zieht es sich unbeschreiblich zu Gemüthe, und ich bin oft besorgt für ihn.
Steffens ist auch hier, und wird vielleicht zur selben Zeit mit mir nach Jena kommen. Ob ich so lange in Jena bleiben kann, bis Sie dahin zurückkommen weiß ich nicht und wage es kaum zu versprechen; aber so lange Sie noch wegen des Plato irgend Hand an mich legen wollen, will ich mich dreist verpfänden.
Leben Sie herzlich wohl, werthester Freund. M[adame] V[eit] empfiehlt sich Ihrem Andenken.
Friedrich Schlegel
Die Einlage bitte ich gütigst und bald zu besorgen. Sie werden am besten wissen, ob der Brief Bohn noch in L[übeck] treffen kann, sonst bringen Sie ihn nach Leipz[ig].
Noch eine Frage oder Bitte vielmehr. Es war mir sehr lieb zu hören, daß Sie Schlei[ermacher] Geld geschickt haben; nun ist es aber wohl unbescheiden, wenn ich frage, ob Sie nicht vor Ihrer Abreise 50 Th[aler] für mich geben könnten? – In welchem Fall ich sie an Vermehren zu geben bitte.
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 29. April 1802
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Carl Friedrich Ernst Frommann ·
  • Place of Dispatch: Dresden · ·
  • Place of Destination: Jena · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 25. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Höhepunkt und Zerfall der romantischen Schule (1799 ‒ 1802). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hermann Patsch. Paderborn 2009, S. 358‒359.
Language
  • German

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