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Friedrich von Schlegel to Ludwig Tieck

Paris, den 10ten Novemb 1802
Vortreflicher Freund
Hier schickt Dir meine Frau die Katalogen der Gemählde, die Du gewünscht hast. Das was Du nun hier liesest, war im ganzen Sommer 1802 zu sehen, und diese 3 Katalogen findest Du bei der ausführlichen Beschreibung im 1ten Stück der Europa zum Grunde gelegt. Von dem was wir nun in der Folge noch Neues sehen, sollst Du stets ausführliche Nachricht haben. Gestern hab’ ich die Nachricht erhalten, daß der 2te Theil des Novalis wirklich da ist und habe eine unbeschreibliche Freude darüber. Ich rechne es Dir als ein großes Verdienst an, daß Du Dich die übrigen vielen Geschäfte nicht hast von der Erfüllung dieser Pflicht abhalten lassen. Sehr begierig bin ich nun zu sehen, wie Du die Fragmente wirst gewählt und geordnet haben. –
Könntest Du mir nicht einmal ohne zu großen Zeitverlust für die Europa geben? – Etwas über die Dreßdner Gallerie, oder wenn Du die Nordischen Romanzen gedichtet hättest, und Ihr nicht etwa wieder einen Allmanach gebt; vielleicht auch etwas über die Nordische Mythologie pp
Lieber Freund, ich glaube Du solltest auf gelinde Nebenarbeiten denken, da Dir deine großen jezt so viel schwieriger werden; das möchte Dich im Fluß erhalten, wenn Du z.B. ein oder ein paar von Shakespeares Stücken der ersten Epoche überseztest – besonders den Perikles und etwa den Pinner von Wakefield. Ja ich glaubte es könnte Dir selbst auch in so fern vortheilhaft sein daß Du auch in Deinem dramatischen Styl noch etwas altdeutscher würdest.
Wir denken und dichten immer an und mit Dir. Herzlichen Gruß an die Deinigen. Uns geht es leidlich.
Im Persischen bin ich schon ziemlich weit, und ganz erstaunt, daß es in dem Grade nicht dem Deutschen ähnlich, sondern wirklich durchaus das Deutsche selbst ist, beides wirklich nur eine Sprache, aber jene eben so arabisirt, als unsere l[a]tinisirt, und dadurch von einan[der] getrennt. – Die großen mythischen Dichte[r] fange ich nun bald an, vielleicht find[xxxx] | da eben so, als in der Sprache.
Deutsche Mscrpte sind auf der Nationalbibl. nicht, ausser der Manessischen Sammlung; vom Vatikan haben sie keine dergl mitgenommen. – Auf d. andern Bibl konnte ich noch nicht nachsehn.
Bist Du bei Burgsdorff, so grüsse ihn von mir. Daß Du mir gar nicht schreibst, ist sehr traurig Ich denke immer noch es soll mir hier oder wenigstens durch hier gelingen und gut gehen; jezt ist das nicht der Fall, weil ich von Dir getrennt bin. Ich fühle es immer einsamer.
Friedrich
Die besten Grüße an Marien. Wäre sie auch hier!
So eben hör’ ich daß Reichard, hier ist; wir haben ihn aber noch gesehn
Diesen Brief erhältst Du durch Werner das ist einer der tref Männer die es gieb[t]
Metadata Concerning Header
  • Date: Mittwoch, 10. November 1802
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Ludwig Tieck ·
  • Place of Dispatch: Paris · ·
  • Place of Destination: Dresden · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Erster Teil (Juni 1802 ‒ Dezember 1805). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 45‒47.
Language
  • German

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