Paris. d. 19t Frimaire.
So sehr ich Ihnen mein sehr werther Freund, für die gütige Erfüllung meines Wunsches verpflichtet bin (die 200 lire sind mir sogleich richtig ausgezahlt worden) so hab’ ich es doch bereut diese Bitte an Sie gethan zu haben; ich muß fürchten indiscret dadurch gewesen zu sein. Ich weiß, daß Sie alles was die Verhältnisse des Handels Ihnen nur immer erlauben mit freundschaftlicher Bereitwilligkeit von selbst thun würden. Ich werde also künftig in ähnlichen Fällen alles das ganz Ihnen überlassen, und unsere Briefe lieber mit anderen Gegenständen anfüllen. Daß ich jene Bitte gegen Sie geäußert, werden Sie verzeihlich finden, wenn Sie sich in meine Lage versetzen – mit einer Familie, in einer großen Stadt, die Schwierigkeit genug darbietet, und das eigentlich allein und ohne Freunde! –
Die Poesie ist mein höchstes Gut und meine beste Freude auf Erden; aber das ist das schwerste zu ertragen an den irdischen Hindernissen, daß sie so oft in den Weg treten. Ich bin nicht glücklicher als wenn ich dichte; wäre mir hier alles nach Wunsch gegangen, so hätten Sie schon längst mein Versprechen in Erfüllung gehen sehen. Ist es noch nicht so weit, so haben Sie wenigstens ebenso viel Ursache mich zu beklagen, als mir zu zürnen. – Ich bin nun einzig bedacht, die beiden Dramen zu vollenden, die Ihnen zuerst bestimmt sind; ich habe kein Geschäft, was mir lieber wäre, und ich bin glücklich, wenn ich mich ihm ungestört überlassen kann. Es versteht sich von selbst, daß ich sehr gern warten werde, nach dem Druck der ersten beiden, ob Sie die folgenden nehmen können. So gar schnell wird es doch leider nicht gehen und nichts würde mir schmerzlicher und unangenehmer sein, als wenn sie von unserer Verbindung zurücktreten wollten. Ueber den 2. Novalis freue ich mich sehr u. erwarte ihn mit Sehnsucht, habe ihn aber noch nicht. –
Das erste Drama wird Florio heißen, ein Lustspiel sein u. zwar für die Bühne (wenigstens für eine mögliche u. nothwendige, wenn auch für keine wirkliche – welches mit dem angekündigten Homo nicht der Fall war). Die Geschichte oder Fabel können Sie auszugsweise in meiner Charakteristik des Boccaccio (Charakt. u. Krit) lesen, sein Werk heißt Filocopo. Alles dieses aber teilen Sie niemand mit lieber Freund. [–]
Doch werde ich mehr mit dem altdeutschen Dichter einstimmen, der dieselbe Fabel erzählt hat. Freilich weiß ich nun nicht, ob Ihnen das eine Idee geben wird, denn wiewohl ich die Geschichte im Wesentlichen ändere, so erleidet sie doch durch das Dramatisieren eine gewaltige Metamorphose. Was die äußre Eintheilung betrifft, so werde ich mich diesmal wohl in die 5 Akte fügen, allem Herkommen gemäß; auch wird das Ganze von einem kleinen dramatischen Prolog und Epilog umgeben sein. Ein Vorbild habe ich dabei nicht im Auge gehabt, außer eben die Sakontala. Alles dies aber theilen Sie niemand mit. [–]
Könnte doch Schleiermacher oder Sie einmal zu mir hereintreten und die Abendstunden am Kamin verplaudern! Wir wissen den Werth der Deutschen Freunde hier zu schätzen. – Ich kann sagen, daß ichs immer gewußt habe. So erfreut’ ich mich Ihrer freundschaftlichen Gesinnung für mich, so bitte ich sie mir zu erhalten, indem ich Sie von Herzensgrunde umarme.
Ihr
Fr. Schlegel.
Meine Frau dankt Ihnen für Ihr freundliches Andenken.
So sehr ich Ihnen mein sehr werther Freund, für die gütige Erfüllung meines Wunsches verpflichtet bin (die 200 lire sind mir sogleich richtig ausgezahlt worden) so hab’ ich es doch bereut diese Bitte an Sie gethan zu haben; ich muß fürchten indiscret dadurch gewesen zu sein. Ich weiß, daß Sie alles was die Verhältnisse des Handels Ihnen nur immer erlauben mit freundschaftlicher Bereitwilligkeit von selbst thun würden. Ich werde also künftig in ähnlichen Fällen alles das ganz Ihnen überlassen, und unsere Briefe lieber mit anderen Gegenständen anfüllen. Daß ich jene Bitte gegen Sie geäußert, werden Sie verzeihlich finden, wenn Sie sich in meine Lage versetzen – mit einer Familie, in einer großen Stadt, die Schwierigkeit genug darbietet, und das eigentlich allein und ohne Freunde! –
Die Poesie ist mein höchstes Gut und meine beste Freude auf Erden; aber das ist das schwerste zu ertragen an den irdischen Hindernissen, daß sie so oft in den Weg treten. Ich bin nicht glücklicher als wenn ich dichte; wäre mir hier alles nach Wunsch gegangen, so hätten Sie schon längst mein Versprechen in Erfüllung gehen sehen. Ist es noch nicht so weit, so haben Sie wenigstens ebenso viel Ursache mich zu beklagen, als mir zu zürnen. – Ich bin nun einzig bedacht, die beiden Dramen zu vollenden, die Ihnen zuerst bestimmt sind; ich habe kein Geschäft, was mir lieber wäre, und ich bin glücklich, wenn ich mich ihm ungestört überlassen kann. Es versteht sich von selbst, daß ich sehr gern warten werde, nach dem Druck der ersten beiden, ob Sie die folgenden nehmen können. So gar schnell wird es doch leider nicht gehen und nichts würde mir schmerzlicher und unangenehmer sein, als wenn sie von unserer Verbindung zurücktreten wollten. Ueber den 2. Novalis freue ich mich sehr u. erwarte ihn mit Sehnsucht, habe ihn aber noch nicht. –
Das erste Drama wird Florio heißen, ein Lustspiel sein u. zwar für die Bühne (wenigstens für eine mögliche u. nothwendige, wenn auch für keine wirkliche – welches mit dem angekündigten Homo nicht der Fall war). Die Geschichte oder Fabel können Sie auszugsweise in meiner Charakteristik des Boccaccio (Charakt. u. Krit) lesen, sein Werk heißt Filocopo. Alles dieses aber teilen Sie niemand mit lieber Freund. [–]
Doch werde ich mehr mit dem altdeutschen Dichter einstimmen, der dieselbe Fabel erzählt hat. Freilich weiß ich nun nicht, ob Ihnen das eine Idee geben wird, denn wiewohl ich die Geschichte im Wesentlichen ändere, so erleidet sie doch durch das Dramatisieren eine gewaltige Metamorphose. Was die äußre Eintheilung betrifft, so werde ich mich diesmal wohl in die 5 Akte fügen, allem Herkommen gemäß; auch wird das Ganze von einem kleinen dramatischen Prolog und Epilog umgeben sein. Ein Vorbild habe ich dabei nicht im Auge gehabt, außer eben die Sakontala. Alles dies aber theilen Sie niemand mit. [–]
Könnte doch Schleiermacher oder Sie einmal zu mir hereintreten und die Abendstunden am Kamin verplaudern! Wir wissen den Werth der Deutschen Freunde hier zu schätzen. – Ich kann sagen, daß ichs immer gewußt habe. So erfreut’ ich mich Ihrer freundschaftlichen Gesinnung für mich, so bitte ich sie mir zu erhalten, indem ich Sie von Herzensgrunde umarme.
Ihr
Fr. Schlegel.
Meine Frau dankt Ihnen für Ihr freundliches Andenken.