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Friedrich von Schlegel to Friedrich Wilmans

Paris den 29ten Frimaire.
Ihr lezter Brief hat mich in kein geringes Erstaunen versezt. Wie haben Sie mich können mehr als 4 Wochen in solcher peinlicher Besorgniß lassen? – Und wie sollte ich denn eilen, Ihnen ferner Mscrpt zu schicken, da ich durch Ihr unbegreifliches Nichtantworten vielmehr davon zurückgehalten werden mußte. Denn da ich von dem bureau des diligençes bestimmte Zeugnisse erhielt, konnte ich nichts andres voraussetzen, als daß Sie tödlich krank oder villeicht gar nicht mehr am Leben seien, und ich war schon im Begriff in Frankft deshalb Nachfrage anstellen zu lassen. Ihr Brief ist so ungenau, daß er nicht einmal den Tag der Ankunft meines Packets meldet. Ich werde vor der Hand nichts wieder mit der Diligençe schicken, bis Sie mir darüber Nachricht gegeben haben, sondern lieber das Postgeld daran wenden. So haben Sie mir auch noch nicht gemeldet ob Sie meine Sendung vom 26ten November richtig erhalten haben. Lieber Freund das ist ja um alle Geduld rein zu verlieren. Ich muß es zur ausdrücklichen Bedingung machen und schlechterdings fodern, daß Sie mir jedesmal, das ich Ihnen etwas sende, mit umgehender Post den richtigen Empfang ganz genau anzeigen.
Ich habe nun unterdessen zu dem Aufsatz über die Gemählde so viele Zusätze und auch manche Aenderungen darin gemacht, daß ich ihn noch einmal abschreiben muß; das ist die Ursache, warum Sie heute nur den Anfang erhalten. Sie können aber auf den Beschluß mit Gewißheit zum nächsten Posttag rechnen. – Ich denke es wird ein Stück davon zum nächsten Heft bleiben müssen; wenigstens wiederhole ich meine Bitte wegen des Formats.
Sehr ungerecht und sehr unbillig ist es daß Sie mich unter dem, woran Sie selbst Schuld (denn hätten Sie mir umgehend geantwortet, so würden Sie das Mscrpt schon länger als 4 Wochen in Händen haben) sind, haben leiden lassen. Ich hatte allerdings sehr gerechnet auf die Summe die Sie mir versprochen hatten, und wenn man sich nicht mehr auf die bestimmtesten Zusagen verlassen kann, so ist man freilich vollends in fremdem theurem Lande übel daran.
Zum 2ten Stück hab’ ich nicht nur einen Aufsatz über die Antiken von mir selbst sondern auch mehre sehr gute und sehr mannichfaltige Beiträge von andern schon bereit liegen, die ich sende so bald ich die Assignation empfangen habe. – Bestimmen Sie selbst, zu welchem Termin, Sie das Mscrpt zum 2ten Heft vollständig haben wollen. Es soll dann gewiß nicht fehlen. Setzen Sie aber den Termin so weit hinaus als es mit der Bequemlichkeit und Gewißheit des Fertigwerdens bestehe; und dieß zwar nicht aus dem Grunde als fehlte es mir noch an Materialien es anzufüllen, sondern weil ich zur Mannichfaltigkeit des Ganzen sehr wünschte zum 2ten Heft außer meinen eignen Arbeiten und einigen Beiträgen, die ich hier erhalte, auch einige andre, die ich von Freunden aus Deutschland erwarte und die vielleicht etwas später eingehen möchten.
Sehr muß ich mich wundern, daß Sie das 1te Heft nun nicht im Januar versenden zu können glauben. Wie viel Monate oder Jahre denken Sie denn auf 10 oder 11 Bogen drucken zu lassen? Sie können ja, wenn sie unter 4 Setzer vertheilt werden, in 8 Tagen gedruckt sein. Und warum haben Sie denn nicht schon längst angefangen; ich hofe Sie haben es wenigstens nach Empfang meiner Sendung vom 26ten November gethan. Der erste Aufsatz beträgt gewiß 3 Bogen und an der Ordnung der Aufsätze liegt ja nicht so viel, wie ich Ihnen auch ausdrücklich schrieb.
Ich werde Ihnen auch noch eine allgemeine Aufforderung die als Ankuend. das lezte Blatt des 1ten Heftes ausfüllen mag zuschicken, und die uns für die allgemeine Verbreitung und Aufmerksamkeit von Nutzen sein wird. – Ueberhaupt werd’ ich mit unermüdetem Eifer fortfahren, an dem Unternehmen fortfahren zu arbeiten, das ich sehr liebgewonnen, unerachtet Sie alles gethan haben, um mir die Lust daran zu verderben. Haben Sie mir wohl auch nur meine Fragen und Vorschläge darauf beantwortet? –
Nun ich hoffe und rechne mit Gewißheit darauf Sie werden mir künftig pünktlicher antworten und auch Ihre Zusage erfüllen. Ich erwarte Antwort und Assignation mit umgehender Post; noch weit mehr aber liegt mir daran, daß Sie alles mögliche thun um die Absendung des 1ten Heftes zu beschleunigen; und daß Sie es wirklich noch vor dem Schluß des Januars versenden. Auch wiederhole ich meine Erinnerung wegen genauer u sorgfältiger Correctur. – Wie kommt es daß ich die Ankündigung im September der A. Jen. L. Z. nicht finde? – Lassen Sie jezt die Inhaltsanzeige des 1ten Hefts doch sogleich einrücken, und wiederholen Sie dabei recht ausdrücklich die Versicherung, daß pünktlich 4 Hefte des Jahrs erscheinen sollen. Ich werde gewiß Wort halten, und man kann es dem Publikum nicht oft genug sagen, weil einige Journale in dieser Rücksicht gefehlt haben. –
Ganz der Ihrige
Friedrich Schlegel
Sie hätten diesen Brief einen Posttag eher, hätte nicht Veränderung der Wohnung mir einige Tage geraubt.
Meine Adresse ist jetzt: rue Clichy nro 19

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Metadata Concerning Header
  • Date: Montag, 20. Dezember 1802
  • Sender: Friedrich von Schlegel ·
  • Recipient: Friedrich Wilmans ·
  • Place of Dispatch: Paris · ·
  • Place of Destination: Frankfurt am Main · ·
Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 26. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Pariser und Kölner Lebensjahre (1802‒1808). Erster Teil (Juni 1802 ‒ Dezember 1805). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Hans Dierkes. Paderborn 2018, S. 61‒63.
Language
  • German

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