Ew. Hochwürden
verzeihen gütigst, daß ich Ihnen meine Bitte für Mad. Titot nochmals schriftlich wiederhole, nachdem ich mich mehrmals umsonst bemüht habe, Ihnen persönlich aufzuwarten.
Es wäre viel Selbstgenügsamkeit, wenn ich mich piquiren wollte, Ihnen die Sache näher an’s Herz zu legen, als sie es Ihnen gewis ist. Nur das erlauben Sie mir Ihnen noch zu sagen, was ich Ihnen lezthin so deutlich weder sagte, noch sagen konnte; daß ich nicht glaube, daß sie irgend jemand beschwerlich sein würde, weil sie in ihrem Fache gewis nüzlich sein könnte; und weil es ihr weniger, und im Falle auch gar nicht, um Salarium, als um den Aufenthalt in einem Hause zu thun ist, wo menschenfreundliche Leute ihr Schiksal bemitleiden, ihr gutes Herz lieben, und kleinere Schwachheiten, welche heranrükende Jahre, Leiden, und Unterdrükung würken musten, mit Geduld übersehen könnten: daß sie das blos wünscht, um von den kleinen Pensionen, die sie genießt, sich einige resou[r]ce auf ihr Kranken- und Sterbebette zu ersparen. – Sie hatte schon Hofnung in ein hiesiges Haus zu kommen: sie hat aber Ursache, und gegründete, wie ich glaube, zu fürchten, daß man ihr unter der Hand geschadet habe. Sie bedürfte daher zur Erreichung ihres Zweks [/] der Empfehlung eines Mannes, deßen Credit, und Wärme dergleichen Eindrüke allenfals so lange schwächen könnte, bis sie gekannt, u. keiner andern, als der eigenen, Empfehlung bedürftig wäre.
Aber leider! ist die Sache dringend. Sie hat heute unser Haus verlaßen, wird sich aber noch etwa 8. Tage zu Zürich, im schwarzen Adler aufhalten, um ihre Sachen in Ordnung zu bringen; würde auch, falls sich eine Aussicht für sie zeigen sollte, es gern länger abwarten: widrigenfalls aber denkt sie nach Stuttgard zu gehen.
Sie wünschte sehr die Ehre, Sie selbst zu sprechen, um Ihnen ihre Bitten vorzutragen: bisher aber hat ihre Lage ihr das nicht erlaubt. Wollten Sie ihr diese Güte erweisen, so hoft sie ihre ganze Lage Ihnen selbst darzustellen.
Ich habe mit der vollkommensten Hochachtung die Ehre zu sein
Ew. Hochwürden
gehorsamster
Fichte
Sr.
des Herrn Pfarrer Lavater
Hochwürden.
verzeihen gütigst, daß ich Ihnen meine Bitte für Mad. Titot nochmals schriftlich wiederhole, nachdem ich mich mehrmals umsonst bemüht habe, Ihnen persönlich aufzuwarten.
Es wäre viel Selbstgenügsamkeit, wenn ich mich piquiren wollte, Ihnen die Sache näher an’s Herz zu legen, als sie es Ihnen gewis ist. Nur das erlauben Sie mir Ihnen noch zu sagen, was ich Ihnen lezthin so deutlich weder sagte, noch sagen konnte; daß ich nicht glaube, daß sie irgend jemand beschwerlich sein würde, weil sie in ihrem Fache gewis nüzlich sein könnte; und weil es ihr weniger, und im Falle auch gar nicht, um Salarium, als um den Aufenthalt in einem Hause zu thun ist, wo menschenfreundliche Leute ihr Schiksal bemitleiden, ihr gutes Herz lieben, und kleinere Schwachheiten, welche heranrükende Jahre, Leiden, und Unterdrükung würken musten, mit Geduld übersehen könnten: daß sie das blos wünscht, um von den kleinen Pensionen, die sie genießt, sich einige resou[r]ce auf ihr Kranken- und Sterbebette zu ersparen. – Sie hatte schon Hofnung in ein hiesiges Haus zu kommen: sie hat aber Ursache, und gegründete, wie ich glaube, zu fürchten, daß man ihr unter der Hand geschadet habe. Sie bedürfte daher zur Erreichung ihres Zweks [/] der Empfehlung eines Mannes, deßen Credit, und Wärme dergleichen Eindrüke allenfals so lange schwächen könnte, bis sie gekannt, u. keiner andern, als der eigenen, Empfehlung bedürftig wäre.
Aber leider! ist die Sache dringend. Sie hat heute unser Haus verlaßen, wird sich aber noch etwa 8. Tage zu Zürich, im schwarzen Adler aufhalten, um ihre Sachen in Ordnung zu bringen; würde auch, falls sich eine Aussicht für sie zeigen sollte, es gern länger abwarten: widrigenfalls aber denkt sie nach Stuttgard zu gehen.
Sie wünschte sehr die Ehre, Sie selbst zu sprechen, um Ihnen ihre Bitten vorzutragen: bisher aber hat ihre Lage ihr das nicht erlaubt. Wollten Sie ihr diese Güte erweisen, so hoft sie ihre ganze Lage Ihnen selbst darzustellen.
Ich habe mit der vollkommensten Hochachtung die Ehre zu sein
Ew. Hochwürden
gehorsamster
Fichte
Sr.
des Herrn Pfarrer Lavater
Hochwürden.