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Johann Gottlieb Fichte to Hartmann Rahn

Leipzig, d. 14. Mäi 1790.
Geehrtester, und geliebtester Freund,
Sie schreiben mir zwar selbst keine Zeile – und darüber weiß ich Ihre Ursachen sehr wohl, und bin nie so unbescheiden gewesen, es auch nur in Gedanken zu fordern – aber das Andenken Ihrer würklich zärtlichen Liebe gegen mich, das Andenken des lezten Abends, das Andenken der zärtlichen Besorgnis, die Sie immer für mein Glük zeigten, ist mir noch so neu, und so gegenwärtig; ich werde durch Ihre Mlle. Tochter von der Fortdauer Ihrer gütigen Gesinnungen gegen mich auf eine so überzeugende Art benachrichtigt: daß ich meinem Herzen nicht widerstehen kann, Ihnen meine Dankbarkeit dafür abzustatten. – Ich schweige, und werde immer schweigen von den Empfindungen, die mir Ihre Güte gegen mich eingeflös’t haben.
Ihre Mlle. Tochter, die mich von allem benachrichtigt, was Sie angeht, sagt mir doch nicht, ob die böse, böse Hypochondrie sich endlich ganz zurükgezogen hat? ob Sie noch fleißig nach Küßnacht, und nach Kilchberg gehn? ob Sie das Leben wieder liebgewonnen ha[/]ben? und es intereßirt mich doch so sehr, dies zu wißen. O sagen Sie es Ihr doch, wie es damit steht, und ich werde Sie bitten, daß Sie mir es im nächsten Briefe melde.
Der Brief an Bernstorf reis’t mit Herr Bohn morgen ab. Das übrige wollen wir vom Schiksaale erwarten.
Ich bin erst seit vorgestern hier, und meine Aussichten sind noch ziemlich verworren. – Aber sagen Sie das leztere ja niemanden: ich will von niemand bedauert sein, als höchstens von Ihnen. Mitleiden empfinden, das mag ich gern: aber es erregen – das ist mir ärger, als der Tod.
Versichern Sie, ich bitte Sie darum, Lavater Steinbrüchel, Hottinger, und seine Frau, Chorherr Tobler u.s.w. meines achtungsvollsten Andenkens, u. nächstens würde ich so frei sein allen zu schreiben. Dem leztern danke ich besonders für die Empfehlung an seinen Sohn.
Leben Sie wohl. Erhalten Sie mir Ihre schäzbare Freundschaft und Liebe, und glauben Sie, daß ich mit der gerührtesten Seele auf immer bin
ganz der Ihrige
Fichte.
Pour Monsieur
Monsieur Rahn, le pere,
  • Fichte, Johann Gottlieb  Schweigen  beklagen  Rahn, Hartmann
  • Fichte, Johann Gottlieb  Kennenlernen  danken  Rahn, Hartmann
  • Fichte, Johann Gottlieb  Gesundheit  erfragen  Rahn, Hartmann
  • Fichte, Johann Gottlieb  vermitteln lassen  Fichte, Johanna
  • Fichte, Johanna  Vermittlerdienste  Fichte, Johann Gottlieb
  • Rahn, Hartmann  Brief  vermitteln lassen  Fichte, Johann Gottlieb
  • Rahn, Hartmann  Brief  senden  Bernstorff, Andreas Peter von
  • Fichte, Johann Gottlieb  Brief  vermitteln lassen  Bohn, Johann Friedrich
  • Tobler, Johannes  vermitteln  Tobler, Georg Christoph
  • Fichte, Johann Gottlieb  Vermittlerdienste  danken  Tobler, Johannes
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen lassen  Rahn, Hartmann
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Lavater, Johann Caspar
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Steinbrüchel, Johann Jacob
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Hottinger, Johann Jakob
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Hottinger, Frau
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Tobler, Johannes
  • Fichte, Johann Gottlieb  grüßen  Tobler, Georg Christoph
Metadata Concerning Header
  • Date: Freitag, 14. Mai 1790
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Hartmann Rahn ·
  • Place of Dispatch: Leipzig · ·
  • Place of Destination: Zürich · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 1: Briefe 1775‒1793. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1968, S. 105‒106.
Manuscript
  • Provider: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Classification Number: B 24
Language
  • German

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