Leipzig, d. 14. Mäi 1790.
Geehrtester, und geliebtester Freund,
Sie schreiben mir zwar selbst keine Zeile – und darüber weiß ich Ihre Ursachen sehr wohl, und bin nie so unbescheiden gewesen, es auch nur in Gedanken zu fordern – aber das Andenken Ihrer würklich zärtlichen Liebe gegen mich, das Andenken des lezten Abends, das Andenken der zärtlichen Besorgnis, die Sie immer für mein Glük zeigten, ist mir noch so neu, und so gegenwärtig; ich werde durch Ihre Mlle. Tochter von der Fortdauer Ihrer gütigen Gesinnungen gegen mich auf eine so überzeugende Art benachrichtigt: daß ich meinem Herzen nicht widerstehen kann, Ihnen meine Dankbarkeit dafür abzustatten. – Ich schweige, und werde immer schweigen von den Empfindungen, die mir Ihre Güte gegen mich eingeflös’t haben.
Ihre Mlle. Tochter, die mich von allem benachrichtigt, was Sie angeht, sagt mir doch nicht, ob die böse, böse Hypochondrie sich endlich ganz zurükgezogen hat? ob Sie noch fleißig nach Küßnacht, und nach Kilchberg gehn? ob Sie das Leben wieder liebgewonnen ha[/]ben? und es intereßirt mich doch so sehr, dies zu wißen. O sagen Sie es Ihr doch, wie es damit steht, und ich werde Sie bitten, daß Sie mir es im nächsten Briefe melde.
Der Brief an Bernstorf reis’t mit Herr Bohn morgen ab. Das übrige wollen wir vom Schiksaale erwarten.
Ich bin erst seit vorgestern hier, und meine Aussichten sind noch ziemlich verworren. – Aber sagen Sie das leztere ja niemanden: ich will von niemand bedauert sein, als höchstens von Ihnen. Mitleiden empfinden, das mag ich gern: aber es erregen – das ist mir ärger, als der Tod.
Versichern Sie, ich bitte Sie darum, Lavater Steinbrüchel, Hottinger, und seine Frau, Chorherr Tobler u.s.w. meines achtungsvollsten Andenkens, u. nächstens würde ich so frei sein allen zu schreiben. Dem leztern danke ich besonders für die Empfehlung an seinen Sohn.
Leben Sie wohl. Erhalten Sie mir Ihre schäzbare Freundschaft und Liebe, und glauben Sie, daß ich mit der gerührtesten Seele auf immer bin
ganz der Ihrige
Fichte.
Pour Monsieur
Monsieur Rahn, le pere,
Geehrtester, und geliebtester Freund,
Sie schreiben mir zwar selbst keine Zeile – und darüber weiß ich Ihre Ursachen sehr wohl, und bin nie so unbescheiden gewesen, es auch nur in Gedanken zu fordern – aber das Andenken Ihrer würklich zärtlichen Liebe gegen mich, das Andenken des lezten Abends, das Andenken der zärtlichen Besorgnis, die Sie immer für mein Glük zeigten, ist mir noch so neu, und so gegenwärtig; ich werde durch Ihre Mlle. Tochter von der Fortdauer Ihrer gütigen Gesinnungen gegen mich auf eine so überzeugende Art benachrichtigt: daß ich meinem Herzen nicht widerstehen kann, Ihnen meine Dankbarkeit dafür abzustatten. – Ich schweige, und werde immer schweigen von den Empfindungen, die mir Ihre Güte gegen mich eingeflös’t haben.
Ihre Mlle. Tochter, die mich von allem benachrichtigt, was Sie angeht, sagt mir doch nicht, ob die böse, böse Hypochondrie sich endlich ganz zurükgezogen hat? ob Sie noch fleißig nach Küßnacht, und nach Kilchberg gehn? ob Sie das Leben wieder liebgewonnen ha[/]ben? und es intereßirt mich doch so sehr, dies zu wißen. O sagen Sie es Ihr doch, wie es damit steht, und ich werde Sie bitten, daß Sie mir es im nächsten Briefe melde.
Der Brief an Bernstorf reis’t mit Herr Bohn morgen ab. Das übrige wollen wir vom Schiksaale erwarten.
Ich bin erst seit vorgestern hier, und meine Aussichten sind noch ziemlich verworren. – Aber sagen Sie das leztere ja niemanden: ich will von niemand bedauert sein, als höchstens von Ihnen. Mitleiden empfinden, das mag ich gern: aber es erregen – das ist mir ärger, als der Tod.
Versichern Sie, ich bitte Sie darum, Lavater Steinbrüchel, Hottinger, und seine Frau, Chorherr Tobler u.s.w. meines achtungsvollsten Andenkens, u. nächstens würde ich so frei sein allen zu schreiben. Dem leztern danke ich besonders für die Empfehlung an seinen Sohn.
Leben Sie wohl. Erhalten Sie mir Ihre schäzbare Freundschaft und Liebe, und glauben Sie, daß ich mit der gerührtesten Seele auf immer bin
ganz der Ihrige
Fichte.
Pour Monsieur
Monsieur Rahn, le pere,