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Johann Gottlieb Fichte to Theodor von Schön

Theuerster Freund,
Ihr Brief war mir so angenehm, wie mir alles aus den Händen eines so theurn Freundes sein muß. Haben Sie Dank für den freundschaftlichen Zuspruch, für die Versicherung Ihrer fortdauernden Zuneigung, und für die litterarischen Neuigkeiten aus Königsberg, die Sie mir melden. Fahren Sie fort, ich bitte Sie, mir alles zu melden, wovon Sie wißen, daß es mich innig intereßirt
Die vermeinte Beantwortung der Schmalzischen Anticritik muß meines Bedünkens ein sehr kindisches Stük sein. Es wundert mich nicht, daß sich ein Knabe findet, welcher meint, durch dergl. schaale Dinge, wie Sie mir eins anführen, werde so etwas beantwortet; aber das wundert mich, daß Herr Reidnitz, wenn er etwas von diesem Unternehmen gewußt, die Ausführung deßelben zugelaßen
Die Seite, von der man in Königsberg so gütig ist die CensurVerweigerung, die mich betroffen, anzusehen, verbindet mich zum Danke. Ich [/] wünsche herzlich, daß man bei Erscheinung meiner Schrift nicht von dem günstigen Vorurtheile zurükkomme, welches der Unfall, der dieselbe betroffen, über sie fällen ließ. – Von Kant habe ich vor ein paar Wochen Briefe darüber bekommen. – Die ferneren Maasregeln laße ich gänzlich vom Verleger abhängen. Ich für meine Person spreche der Preußischen Inquisition unter die Nase Hohn.
Ueber Herr Göschen ist mir schon von Königsberg aus geschrieben worden, und ich freute mich, die günstige Meinung, die ich dadurch von ihm bekommen, auch durch Sie bestätigt zu finden. Haben Sie die Güte ihn unbekannter weise meiner Achtung, und meiner Begierde zu versichern, ihn persönlich kennen zu lernen. Wo ich bin, wißen Sie, und durch Sie er. Wer mich besucht, wird in unserm Hause ein willkommner Gast sein. Sollten also Sie oder er je in diese Gegend kommen, so darf ich einladen. Sie wenigstens habe ich unsrer Frau Gräfinn schon so vortheil[/]haft bekannt zu machen gesucht, als Sie es verdienen. – In welchem Sinne Herr Göschen die Sätze nimmt, über welche er zu schreiben gedenkt, weiß ich nicht; aber in dem allgemeinsten Sinne würde ich sie gar nicht unterschreiben. Was die völlige Hinlänglichkeit der NaturReligion betrift, so glaube ich erwiesen zu haben, daß zwar nicht für die Menschheit überhaupt, aber doch für gewiße Menschen, Offenbarung, insofern sie den a priori gegebnen Glaubens Wahrheiten blos eine andere Form giebt, allerdings nöthig sei; und dies ist auch, wie ich sehr bestimmt erweisen kann, Herrn Kants Meinung. Symbolische Bücher gehörten nicht in eine metaphysische Behandlung des OffenbarungsBegrifs; ich habe also in meiner Schrift sie gar nicht berührt, und kann mithin nicht sagen, daß ich die Sache so durchgedacht hätte, um etwas völlig sicheres darüber zu sagen. Doch bin ich, wie Sie sich vielleicht gütigst aus einer mündlichen Unterredung errinnern der freilich unvorgreiflichen Meinung, daß symbolische Bücher überhaupt; (aber nicht etwa die altfränkischen Charteken, die wir so nennen) gut und nützlich sind. – Indeßen wird Herr Göschen seine Sachen wohl ohne meine Errinnerung beßer machen, als ich. [/]
Verzeihen Sie gütigst, daß ich es wage Sie für inliegende zwei Briefe zum Commißionär zu machen, welche ich Sie zu übersenden bitte.
Nehmen Sie mit dem geringen Beitrage in das Buch derer, die Ihnen lieb sind, vorlieb, und glauben Sie, daß ich von keinem an Freundschaft gegen Sie mich werde übertreffen laßen.
Schreiben Sie mir bald wieder, ich bitte Sie, bester Freund, und schreiben Sie mir alles, was sich an Neuigkeiten zuträgt.
Leben Se recht wohl, und glauben Sie, daß ich unaufhörlich sein werde
Ihr
wahrer Freund
Fichte.
Krockow, d. 16. Febr. 1972.
Der Verfaßer der Schrift über die neuen Preußischen Anordnungen in Geistl. Sachen soll Campe sein. Wen giebt man doch in Königsberg dafür an?
Metadata Concerning Header
  • Date: Donnerstag, 16. Februar 1792
  • Sender: Johann Gottlieb Fichte ·
  • Recipient: Theodor von Schön ·
  • Place of Dispatch: Krockow ·
  • Place of Destination: Königsberg · ·
Printed Text
  • Bibliography: Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung III, Bd. 1: Briefe 1775‒1793. Hg. v. Hans Jacob und Reinhard Lauth. Unter Mitwirkung v. Hans Gliwitzky und Manfred Zahn. Stuttgart 1968, S. 291‒292.
Manuscript
  • Provider: Staatliches Archivlager Göttingen
Language
  • German

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