Wohlgebohrner Herr,
Höchstzuverehrender Herr Profeßor,
Euer Wohlgebohrn gütiges Schreiben hat mir, sowohl um der Güte willen, mit der Sie meine Bitte so bald erfüllten, als um seines Inhalts willen, innige Freude gemacht. Ich fühle jezt über die in Untersuchung gekommenen Puncte ganz die Ruhe, welche nächst eigner Ueberzeugung auch noch die Autorität desjenigen Mannes geben muß, den man über alles verehrt.
Wenn ich Ew. Wohlgebohr. Meinung richtig gefaßt habe, so bin ich den durch Sie vorgeschlagnen Mittelweg der Unterscheidung eines Glaubens der Behauptung von dem eines durch Moralität motivirten Annehmens in meinem Aufsatze wirklich gegangen. Ich habe nemlich die meinen Grundsätzen nach einzig mögliche vernunftmäßige Art eines Glaubens an die Göttlichkeit einer gegebnen Offenbarung, welcher (Glaube) nur eine gewiße Form der Religions=Wahrheiten zum Objecte hat, von demjenigen, der diese Wahrheiten an sich als reine Vernunft Postulate annimmt, sorgfältig zu unterscheiden gesucht. Es war nemlich eine [/] auf Erfahrung von der Wirksamkeit einer als göttlichen Ursprungs gedachten Form dieser Wahrheiten zur moralischen Vervollkommnerung sich gründende freie Annahme des göttlichen Ursprungs dieser Form, den man jedoch weder sich noch andern beweisen kann, aber eben so sicher ist, ihn nicht widerlegt zu sehen; eine Annahme, welche, wie jeder Glaube, blos subjectiv, aber nicht, wie der reine VernunftGlaube, allgemeingültig sei, da er sich auf eine besondre Erfahrung gründe. – Ich glaube diesen Unterschied so ziemlich in’s Licht gesezt zu haben, und ganz zum Beschluße suchte ich die practischen Folgen dieser Grundsätze darzustellen; daß sie nemlich zwar alle Bemühungen unsre subjective Ueberzeugungen andern aufzudringen aufhöben, daß sie aber auch jedem den unstörbaren Genuß alles deßen, was er aus der Religion zu seiner Beßerung brauchen kann, sicherten, und den Bestreiter der positiven Religion nicht weniger als ihren dogmatischen Vertheidiger zur Ruhe verwiesen, u. s. w. – Grundsätze durch die ich bei wahrheitsliebenden Theologen keinen Zorn zu verdienen glaubte. Aber es ist geschehen, und ich bin jezt entschloßen den Aufsatz zu laßen, wie er ist, und dem Verleger zu überlaßen damit zu verfahren, wie er will. [/] Euer Wohlgebohrn aber, Denen ich alle meine Ueberzeugungen überhaupt, als besonders die Berichtigung und Befestigung in denen, wovon hier vorzüglich die Rede war, verdanke, bitte ich die Versicherung der Hochachtung, und vollkommensten Ergebenheit gütig aufzunehmen, mit der ich die Ehre habe zu sein
Euer Wohlgebohrn.
inniger Verehrung
J. G. Fichte
Krockow.
d. 17. Februar
1792.
Höchstzuverehrender Herr Profeßor,
Euer Wohlgebohrn gütiges Schreiben hat mir, sowohl um der Güte willen, mit der Sie meine Bitte so bald erfüllten, als um seines Inhalts willen, innige Freude gemacht. Ich fühle jezt über die in Untersuchung gekommenen Puncte ganz die Ruhe, welche nächst eigner Ueberzeugung auch noch die Autorität desjenigen Mannes geben muß, den man über alles verehrt.
Wenn ich Ew. Wohlgebohr. Meinung richtig gefaßt habe, so bin ich den durch Sie vorgeschlagnen Mittelweg der Unterscheidung eines Glaubens der Behauptung von dem eines durch Moralität motivirten Annehmens in meinem Aufsatze wirklich gegangen. Ich habe nemlich die meinen Grundsätzen nach einzig mögliche vernunftmäßige Art eines Glaubens an die Göttlichkeit einer gegebnen Offenbarung, welcher (Glaube) nur eine gewiße Form der Religions=Wahrheiten zum Objecte hat, von demjenigen, der diese Wahrheiten an sich als reine Vernunft Postulate annimmt, sorgfältig zu unterscheiden gesucht. Es war nemlich eine [/] auf Erfahrung von der Wirksamkeit einer als göttlichen Ursprungs gedachten Form dieser Wahrheiten zur moralischen Vervollkommnerung sich gründende freie Annahme des göttlichen Ursprungs dieser Form, den man jedoch weder sich noch andern beweisen kann, aber eben so sicher ist, ihn nicht widerlegt zu sehen; eine Annahme, welche, wie jeder Glaube, blos subjectiv, aber nicht, wie der reine VernunftGlaube, allgemeingültig sei, da er sich auf eine besondre Erfahrung gründe. – Ich glaube diesen Unterschied so ziemlich in’s Licht gesezt zu haben, und ganz zum Beschluße suchte ich die practischen Folgen dieser Grundsätze darzustellen; daß sie nemlich zwar alle Bemühungen unsre subjective Ueberzeugungen andern aufzudringen aufhöben, daß sie aber auch jedem den unstörbaren Genuß alles deßen, was er aus der Religion zu seiner Beßerung brauchen kann, sicherten, und den Bestreiter der positiven Religion nicht weniger als ihren dogmatischen Vertheidiger zur Ruhe verwiesen, u. s. w. – Grundsätze durch die ich bei wahrheitsliebenden Theologen keinen Zorn zu verdienen glaubte. Aber es ist geschehen, und ich bin jezt entschloßen den Aufsatz zu laßen, wie er ist, und dem Verleger zu überlaßen damit zu verfahren, wie er will. [/] Euer Wohlgebohrn aber, Denen ich alle meine Ueberzeugungen überhaupt, als besonders die Berichtigung und Befestigung in denen, wovon hier vorzüglich die Rede war, verdanke, bitte ich die Versicherung der Hochachtung, und vollkommensten Ergebenheit gütig aufzunehmen, mit der ich die Ehre habe zu sein
Euer Wohlgebohrn.
inniger Verehrung
J. G. Fichte
Krockow.
d. 17. Februar
1792.