Mit inniger Freude, Verehrungswürdigster Gönner, erhielt ich den Beweiß, daß Sie auch noch in der Entfernung mich Ihres gütigen Wohlwollens würdigten, Ihren Brief. Meine Reise war nach Zürich gerichtet, wo schon bei meinem ehemaligen Aufenthalte ein junges sehr würdiges Frauenzimmer mich ihrer besondern Freundschaft werth hielt. Noch ehe ich nach Königsberg reis’te, wünschte sie meine Rückehr nach Zürich, und unsre völlige Verbindung. Was ich damals, da ich noch nichts gethan hatte, mir nicht für erlaubt hielt, erlaubte ich mir jetzo, da ich wenigstens für die Zukunft versprochen zu haben schien, etwas zu thun. – Diese Verbindung, welche bisher durch unvorhergesehne Schwierigkeiten, welche die Zürcher Gesetze Fremden entgegensetzen, aufgehalten worden, in einigen Wochen aber Statt finden wird, gäbe mir die Aussicht mich in unabhängiger Muße dem Studiren zu widmen, wenn nicht der an sich herzensgute, mit meinem individuellen Charakter aber sehr unverträgliche Charakter der Zürcher mich eine Veränderung des Wohnorts wünschen machte.
Ich erwarte die gleiche Freude von der Erscheinung Ihrer Metaphysik der Sitten, mit welcher ich Ihre Religion innerhalb der Grenzen pp. gelesen habe. Mein Plan in Absicht des Naturrechts, des Staatsrechts, der Staatsweisheitslehre geht ins weitere, und ich kann leicht ein halbes Leben zur Ausführung deßelben bedürfen. Ich habe also immer die frohe Aussicht Ihr Werk für dieselbe zu benutzen. – Sollten bis dahin meine Ideen sich formen, und ich auf unerwartete Schwierigkeiten stoßen; wollen Sie dann wohl erlauben, daß ich mir Ihren gütigen Rath erbitte? Vielleicht lege ich, doch anonym, in verschiednen Einkleidungen [/] meine der Entwiklung entgegenstrebende Ideen dem Publikum zur Beurtheilung vor. Ich gestehe, daß schon etwas dieser Art von mir im Publikum ist, wovonichaber vor der Hand nicht wünschte, daß man es für meine Arbeit hielte, weil ich viele Ungerechtigkeiten mit voller Freimüthigkeit, und Eifer gerügt habe, ohne vor der Hand, weil ich noch nicht soweit bin, Mittel vorgeschlagen zu haben, wie ihnen ohne Unordnung abzuhelfen sey. Ein enthusiastisches Lob, aber noch keine gründliche Beurtheilung dieser Schrift ist mir zu Gesichte gekommen. Wollen Sie mir dieses – soll ich sagen Zutrauen, oder Zutraulichkeit? – erlauben, so schike ich es Ihnen zur Beurtheilung zu, sobald ich die Fortsetzung aus der Preße erhalte. Sie, verehrungswürdiger Mann, sind der Einzige, deßen Urtheile sowohl, als deßen strenger Verschwiegenheit ich völlig traue. Ueber politische Gegenstände sind leider! bei der jetzigen besondern Verwikelung fast Alle partheiisch, selbst recht gute Denker; entweder furchtsame Anhänger des Alten, oder hitzige Feinde deßeiben, blos weil es alt ist. – Wollen Sie mir diese gütige Erlaubniß ertheilen, ohne welche ich es nicht wagen würde, so wird, denke ich, der Herr HofPrediger Schulz Gelegenheit haben, Briefe an mich zu besorgen.
Nein – großer, für das Menschengeschlecht höchstwichtiger Mann, Ihre Arbeiten werden nicht untergehen, sie werden reiche Früchte tragen, sie werden in der Menschheit einen neuen Schwung, und eine totale Wiedergeburt ihrer Grundsätze, Meinungen, Verfaßungen bewirken: Es ist, glaube ich, nichts, worüber die Folgen derselben [/] sich nicht verbreiteten. Und diesen Ihren Entdeckungen gehen frohe Aussichten auf. Ich habe Herrn H. Pr. Schulz darüber einige Bemerkungen geschrieben, die ich auf meiner Reise gemacht, und ihn gebeten, sie Ihnen mitzutheilen.
Was muß es seyn, großer, und guter Mann, gegen das Ende seiner irdischen Laufbahn solche Empfindungen haben zu können, als Sie! Ich gestehe, daß der Gedanke an Sie immer mein Genius seyn wird, der mich treibe, soviel in meinem Wirkungskreise liegt, auch nicht ohne Nutzen für die Menschheit von ihrem Schauplatze abzutreten.
Ich empfehle mich der Fortdauer Ihres gütigen Wohlwollens, und bin mit der vollsten Hochachtung, und Verehrung
Euer Wohlgebohrn
innigst ergebner
Fichte.
Zürich.
d. 20. 7br: 1793.
Ich erwarte die gleiche Freude von der Erscheinung Ihrer Metaphysik der Sitten, mit welcher ich Ihre Religion innerhalb der Grenzen pp. gelesen habe. Mein Plan in Absicht des Naturrechts, des Staatsrechts, der Staatsweisheitslehre geht ins weitere, und ich kann leicht ein halbes Leben zur Ausführung deßelben bedürfen. Ich habe also immer die frohe Aussicht Ihr Werk für dieselbe zu benutzen. – Sollten bis dahin meine Ideen sich formen, und ich auf unerwartete Schwierigkeiten stoßen; wollen Sie dann wohl erlauben, daß ich mir Ihren gütigen Rath erbitte? Vielleicht lege ich, doch anonym, in verschiednen Einkleidungen [/] meine der Entwiklung entgegenstrebende Ideen dem Publikum zur Beurtheilung vor. Ich gestehe, daß schon etwas dieser Art von mir im Publikum ist, wovonichaber vor der Hand nicht wünschte, daß man es für meine Arbeit hielte, weil ich viele Ungerechtigkeiten mit voller Freimüthigkeit, und Eifer gerügt habe, ohne vor der Hand, weil ich noch nicht soweit bin, Mittel vorgeschlagen zu haben, wie ihnen ohne Unordnung abzuhelfen sey. Ein enthusiastisches Lob, aber noch keine gründliche Beurtheilung dieser Schrift ist mir zu Gesichte gekommen. Wollen Sie mir dieses – soll ich sagen Zutrauen, oder Zutraulichkeit? – erlauben, so schike ich es Ihnen zur Beurtheilung zu, sobald ich die Fortsetzung aus der Preße erhalte. Sie, verehrungswürdiger Mann, sind der Einzige, deßen Urtheile sowohl, als deßen strenger Verschwiegenheit ich völlig traue. Ueber politische Gegenstände sind leider! bei der jetzigen besondern Verwikelung fast Alle partheiisch, selbst recht gute Denker; entweder furchtsame Anhänger des Alten, oder hitzige Feinde deßeiben, blos weil es alt ist. – Wollen Sie mir diese gütige Erlaubniß ertheilen, ohne welche ich es nicht wagen würde, so wird, denke ich, der Herr HofPrediger Schulz Gelegenheit haben, Briefe an mich zu besorgen.
Nein – großer, für das Menschengeschlecht höchstwichtiger Mann, Ihre Arbeiten werden nicht untergehen, sie werden reiche Früchte tragen, sie werden in der Menschheit einen neuen Schwung, und eine totale Wiedergeburt ihrer Grundsätze, Meinungen, Verfaßungen bewirken: Es ist, glaube ich, nichts, worüber die Folgen derselben [/] sich nicht verbreiteten. Und diesen Ihren Entdeckungen gehen frohe Aussichten auf. Ich habe Herrn H. Pr. Schulz darüber einige Bemerkungen geschrieben, die ich auf meiner Reise gemacht, und ihn gebeten, sie Ihnen mitzutheilen.
Was muß es seyn, großer, und guter Mann, gegen das Ende seiner irdischen Laufbahn solche Empfindungen haben zu können, als Sie! Ich gestehe, daß der Gedanke an Sie immer mein Genius seyn wird, der mich treibe, soviel in meinem Wirkungskreise liegt, auch nicht ohne Nutzen für die Menschheit von ihrem Schauplatze abzutreten.
Ich empfehle mich der Fortdauer Ihres gütigen Wohlwollens, und bin mit der vollsten Hochachtung, und Verehrung
Euer Wohlgebohrn
innigst ergebner
Fichte.
Zürich.
d. 20. 7br: 1793.